Trotz rekordhohen Spritpreisen
«Schweizer tanken fröhlich weiter»

Die hohen Preise an der Zapfsäule sind eine Folge des Ukraine-Krieges. Neuerdings treibt der tiefe Rheinpegel die Preise weiter in die Höhe. Und doch wird nicht weniger Auto gefahren. Wie kommt das?
Publiziert: 22.07.2022 um 19:27 Uhr
|
Aktualisiert: 24.07.2022 um 11:40 Uhr

Seit Monaten trauen Schweizer Autofahrerinnen und Autofahrer ihren Augen nicht, wenn sie nach dem Tanken ihrer Karosse an der Kasse stehen! Für einmal Volltanken eines gängigen Mittelklassewagens werden schnell mal 100 Franken oder mehr fällig. Egal ob für Diesel oder Bleifrei. Schuld ist der Ukraine-Krieg. Und zuletzt auch der wegen der Hitze tiefe Pegel des Rheins, über den der Grossteil des Treibstoff in die Schweiz gebracht wird. Auch im europaweiten Vergleich zahlen Schweizerinnen und Schweizer am meisten.

Da gibts eigentlich nur eines: Das geliebte Auto in der Garage stehen lassen und auf den ÖV umsteigen. Oder den täglichen Einkauf zu Fuss zu erledigen. Nur: Das machen offenbar die wenigsten, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Zahlen, die der Zeitung vorliegen, zeigen, dass in der Schweiz der hohe Preis die Nachfrage nach Treibstoffen wenig bis gar nicht beeinflusst.

Preis ist kaum ein Kriterium

Die Zahlen von Avenergy – früher als Erdölvereinigung bekannt – sind eindrücklich. So wurden im März 191'000 Tonnen Benzin verbraucht. Im April waren es nur noch deren 175'000 Tonnen. Als die Preise im Mai so richtig anstiegen, ging der Verbrauch aber nicht zurück. Im Gegenteil. 185'000 Tonnen Benzin wurden verkauft.

Manchem Autofahrer bleibt beim Tanken die Luft weg.
Foto: IMAGO/Wolfgang Maria Weber
1/5

Doch warum ist das so? «Unsere Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen, dass die Nachfrage nach Treibstoffen und damit die Absätze sich nur sehr wenig bis gar nicht durch den Preis beeinflussen lassen», sagt Fabian Bilger, stellvertretender Geschäftsführer von Avenergy, zum «Tages-Anzeiger».

«Wer ein Auto besitzt, will es fahren»

Noch deutlicher wird HSG-Marketingprofessorin Johanna Gollnhofer im Artikel. «Preiserhöhungen beim Benzin werden immer heiss debattiert. Dennoch wird fröhlich weitergetankt.» Die Nachfrage sinke nicht automatisch. Denn: «Wer ein Auto besitzt, will es auch fahren», sagt sie.

Ganz anders präsentiert sich die Situation in den USA. Ausgerechnet in der grossen Autonation. Vergangene Woche wurden fast 10 Prozent weniger Benzin und Diesel verkauft als im Vorjahr. Diese Woche waren es noch immer 7,8 Prozent weniger, wie das «Wall Street Journal» schreibt. Heisst konkret: Die Amis lassen ihre SUVs und Trucks wegen der hohen Preise vermehrt auf dem heimischen Parkplatz stehen.

Schweizer vergleichen Preise häufiger als früher

Das Vorurteil, dass die Schweizer wenig preissensibel sind, scheint sich an der Zapfsäule zu bestätigen. Trotzdem: Eine aktuelle, repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts GfK im Auftrag des Online-Händlers Digitec Galaxus kommt zum Schluss, dass die Hälfte der Einwohner in der Schweiz aktuell häufiger Preise vergleicht als früher.

Das gilt nicht nur an der Zapfsäule, sondern auch beim Buchen der Sommerferien oder dem Kauf von Elektronikartikeln. Aber auch diese Umfrage zeigt, dass die Schweizerinnen und Schweizer ihrem Ruf dann eben doch gerecht werden: In Deutschland gaben gar 80 Prozent der Befragten an, öfters Preise zu vergleichen. In Österreich waren es 76 Prozent. Da fällt die Schweiz mit 52 Prozent ab. (pbe)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.