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Swiss bekommt neue Boeing
Kann man den Amerikanern noch trauen?

Acht Ingenieure prüfen hierzulande Flieger, 1300 sind es in den USA. Und doch versagte dort die Aufsicht beim Unglücksflieger 737 Max. Wie sicher sind Boeing-Maschinen, wenn man den US-Prüfern nicht mehr vertrauen kann? Der Schweiz bleiben wenig Möglichkeiten.
Publiziert: 14.09.2019 um 23:31 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2019 um 07:28 Uhr
Tobias Marti

Eine gute Nachricht: Die Flotte der Swiss wächst um zwei neue Langstreckenflieger. Bringt zwei neue Destinationen ab Kloten (Washington und Osaka) sowie 300 neue Jobs. Die Maschinen sind vom Typ Boeing 777, dem Flaggschiff der Swiss, und stammen aus den USA.

Für Boeing ist das aber auch schon alles an Good News. Ein anderes Modell wird derzeit für den grössten Industriekonzern der USA zur Schicksalsfrage: die 737 Max. Seit in Indonesien und Äthiopien zwei Jets dieser Bauart abstürzten und 346 Menschen in den Tod rissen, ist das Vertrauen weg. Der Unglücksflieger wurde vor einem halben Jahr mit einem weltweiten Flugverbot belegt.

Der Verdacht: Software-Basteleien haben die Abstürze ausgelöst. Offenbar schlampten sowohl die Boeing-Ingenieure wie auch die Prüfer der US-Flugaufsicht FAA – sie soll wichtige Prüfungen dem Hersteller überlassen haben. Derzeit wird ermittelt, ob die Behörde ihre Pflichten verletzte. In wenigen Monaten wird man es erfahren.

Vor einem halben Jahr stürzte eine 737 Max der Ethiopian Airlines mit 157 Passagieren an Bord nahe Addis Abeba ab.
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Schweiz prüft mit acht Ingenieuren

«Die FAA ist höllisch unter Druck, sie darf sich keinen zweiten Fehler leisten», sagt der Berner Luftfahrtexperte Max Ungricht. Wenn man ihr nicht mehr vertrauen könne, bedeute das eine Zeitenwende: «Die FAA war früher eine Ikone, auf sie war Verlass.» Weil das nun vorbei zu sein scheint, müssen sich auch Schweizer Passagiere die unangenehme Frage stellen: Wie sicher sind Boeing-Flieger, wenn man den US-Prüfern nicht mehr vertrauen kann?

Die Antwort ist simpel: Der Schweiz bleibt keine andere Wahl als zu vertrauen. Wenn die Ame­rikaner für ein neues Flugzeug grünes Licht geben, folgen die ­Europäer (Easa) meist kurze Zeit später. Denn für die gegenseitige Anerkennung von Flugzeugzulassungen besteht ein bilaterales Abkommen. Auch beim Unglücksflieger war das so, die Easa musste mittlerweile eingestehen, damals die Zulassung ohne eigene Tests durchgewinkt zu haben – man ­hatte sich ganz auf die Amerikaner verlassen.

Manche Länder, allen voran China, überlegen nun, der FAA nicht mehr automatisch zu folgen. Und wir? «Die Schweiz kann nichts machen. Die Kapazitäten sind schlicht nicht vorhanden», sagt Luftfahrt­experte Ungricht. Folgende Zahlen illustrieren die Abhängigkeit der Eidgenossenschaft von den grossen Playern: Boeing beschäftigt 56'000 Ingenieure, 1300 Prüfer arbeiten bei der US-Flugaufsicht, hierzulande prüfen die Zulassungen gerade mal acht Ingenieure des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl). Experte Ungricht: Für einzelne Easa-Mitgliedstaaten wie die Schweiz ergebe es keinen Sinn, da vorzupreschen.

Sicherheitsrisiken beim A320 neo

Weil man selber nichts ändern kann, nimmt das Bazl eine pragmatische Haltung ein. Die Easa stelle sicher, dass sämtliche erforder­lichen Sicherheitsmassnahmen getroffen würden, so das Bazl. Dies gelte auch für Jets, die den Schweizer Luftraum durchfliegen. Bern verfolge die Max-Krise «momentan nur am Rande». Der Abschlussbericht der US-Untersuchung sei aber «sehr wohl von Interesse».

Immerhin: Geben die Amerikaner den Unglücksflieger Ende Jahr wieder frei, will die Easa zunächst noch eigene Tests durchführen.

Derweil droht neues Ungemach. Airbus, der andere grosse Flugzeughersteller, will neu aufgetauchte Sicherheitsrisiken beim A320 neo per Software beheben. Die Parallelen zur 737 Max sind offensichtlich.

Experte Ungricht sieht die Sache eher pragmatisch: «Wenn der Flieger wieder in der Luft ist und vielleicht auch einen anderen Namen hat, ist das Ganze für die meisten Passagiere vergessen.»

Probleme auch bei Airbus

Eine kreative Lösung: Lufthansa, Mutter­gesellschaft der Swiss, lässt ab sofort die sechs Sitze der letzten Reihe im Airbus A320 neo frei. Um möglichen Sicherheitsrisiken zu begegnen, soll damit der Schwerpunkt des voll besetzten Fliegers nach vorn verlagert werden.

Von der europäischen Flugaufsicht Easa war der Hinweis gekommen, dass etwa beim Durchstarten nach Landeabbruch ein Risiko bestanden habe. Lufthansa hofft, das Problem mittels Software zu lösen. Auch bei Swiss kennt man das Problem. Je nach Fracht wird präventiv die letzte Sitzreihe blockiert, so ein Sprecher.

Damit der Flieger nicht kippt, bleibt die letzte Reihe leer.
Getty Images

Eine kreative Lösung: Lufthansa, Mutter­gesellschaft der Swiss, lässt ab sofort die sechs Sitze der letzten Reihe im Airbus A320 neo frei. Um möglichen Sicherheitsrisiken zu begegnen, soll damit der Schwerpunkt des voll besetzten Fliegers nach vorn verlagert werden.

Von der europäischen Flugaufsicht Easa war der Hinweis gekommen, dass etwa beim Durchstarten nach Landeabbruch ein Risiko bestanden habe. Lufthansa hofft, das Problem mittels Software zu lösen. Auch bei Swiss kennt man das Problem. Je nach Fracht wird präventiv die letzte Sitzreihe blockiert, so ein Sprecher.

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