Sunrise schluckt UPC
BLICK beantwortet die 13 wichtigsten Fragen zum Mega-Deal

Die Übernahme von UPC durch Sunrise ist eine grosse Kiste im Schweizer Telekommarkt. BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen, die sich jetzt Kunden aufdrängen.
Publiziert: 28.02.2019 um 11:26 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2019 um 14:01 Uhr
Julia Fritsche und Ulrich Rotzinger

Nach vielen Gerüchten ist seit gestern Abend klar: Sunrise schnappt sich den Konkurrenten UPC. Die Übernahme ist eine grosse Kiste im Schweizer Telekommarkt. Sie kostet Sunrise 6,3 Milliarden Franken und soll laut dem Unternehmen im zweiten Halbjahr 2019 abgeschlossen werden können. Die Nummer 2 im Telekommarkt nach Swisscom erhält dank dem Mega-Deal Zugang zur Mehrheit der Schweizer Haushalte.

Jetzt aber stellen sich für die Kunden der beiden Anbieter zahlreiche Fragen. BLICK erklärt, was Sie wissen müssen.

1. Können Sunrise- und UPC-Kunden per sofort auf gemeinsame Angebote zugreifen?

Der Deal ist jetzt bekannt – bis Kunden vom erweiterten Angebot profitieren, vergehen aber noch Monate. Zuerst müssen die Wettbewerbshüter von der Weko den Deal absegnen. Das wird im zweiten oder dritten Quartal 2019 passieren. Im Hintergrund arbeiten die beiden Firmen mit Sicherheit aber schon an künftigen Angeboten. Hier werden Kunden von einer breiteren Palette an Diensten und Optionen profitieren.

Sunrise übernimmt UPC: Seit gestern Abend ist der Deal nach vielen Gerüchten bestätigt. Laut dem Käufer soll die Übernahme im zweiten Halbjahr über die Bühne gehen. Noch bleibt also für die Vorbereitungen etwas Zeit, doch...
Foto: Keystone
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2. Laufen jetzt bestehende Verträge aus, und müssen Kunden reagieren?

Grundsätzlich nicht, denn alle Kunden behalten ihre bestehenden Angebote, erklärt Ralf Beyeler vom Vergleichsdienst Moneyland. Doch es gibt ein grosses Aber: Wer von besseren Konditionen profitieren wolle, müsse sich wohl melden. Diese Praxis sei bei Schweizer Telekomfirmen weit verbreitet. Es dürfte sich also lohnen, die neuen Angebote ganz genau zu studieren, sobald diese dann bekannt werden.

3. Wird das fusionierte Unternehmen beim Kabelnetz auf das Angebot von UPC oder Sunrise setzen?

Aus Kostengründen spricht vieles für das UPC-Netz. Denn Sunrise ist nur Mieterin und zahlt für die Nutzung der letzten Meile – die Leitungen zu ihren Kunden – an die Swisscom und die Elektrizitätswerke. Experte Beyeler geht deshalb davon aus, dass die neue Sunrise ihre Kunden zum Netzwechsel bringen wolle.

4. Was heisst die Fusion für Kunden mit der neuen UPC-TV-Box?

Unter Umständen werde Sunrise seine TV-Box gegen diejenige der UPC tauschen, glaubt Comparis-Experte Jean-Claude Frick. Die Box sei technisch auf dem aktuellen Stand. Noch sei aber unklar, ob auch tatsächlich das UPC-Produkt das Rennen macht. Grundsätzlich werde Sunrise aber mittelfristig versuchen, die Hardware zu vereinheitlichen. Irgendwann also dürfte es nur noch ein einzige TV-Box für alle Kunden geben. Von neuen Boxen geht Ralf Beyeler aus, falls Sunrise die Kunden zum Wechsel aufs Netz der heutigen UPC überredet.

5. Verschwindet mit der Übernahme durch Sunrise der Name UPC in der Schweiz?

Ja, sagt Sunrise-Chef Olaf Swantee auf Anfrage von BLICK. Zuvor rechneten auch schon die Telekom-Experten Frick und Beyeler damit, dass der Name UPC keine Zukunft hat. Mit gutem Grund, wie Frick meint: «UPC hat immer unter dem schlechten Ruf der vormaligen Cablecom gelitten.» Die Marke beizubehalten, macht also wenig Sinn. Kunden von UPC müssen sich folglich künftig an einen neuen Namen gewöhnen.

6. Werden für die neuen und alten Sunrise-Kunden die Preise sinken?

Hier ist laut den Experten Abwarten angesagt. «Normalerweise führen Fusionen, bei welchem ein Anbieter verschwindet, nicht zu sinkenden Preisen», warnt Frick. Erst wenn die neue Sunrise ihre kombinierten Produkte vorstellt, könne man die Preisfrage beantworten. Moneyland-Experte Beyeler befürchtet, dass Sunrise nicht an den Preisen schrauben wird. Das Unternehmen werde wohl die Kostenstruktur verbessern, ihre Marge und den Gewinn optimieren. Davon haben die Kunden nichts.

7. Profitieren Swisscom-Kunden von tieferen Preisen?

Möglich ist, dass die grössere Sunrise nun mehr Druck auf Swisscom aufbauen kann. Dies könnte zumindest theoretisch zu tieferen Preisen für Swisscom-Kunden führen. Für die Swisscom sehen Branchenkenner der Banken Vorteile: «Kurz- bis mittelfristig dürften Sunrise und UPC vor allem mit sich selbst beschäftigt sein, was Swisscom taktische Vorteile bringen könnte», sagen Experten der Zürcher Kantonalbank. Während der geschätzt dreijährigen Integrationsphase erwarte man eine höhere Wechselbereitschaft der Kunden.

8. Müssen die Kunden wegen der Fusion unter Qualitätseinbussen leiden?

Die Fusion dürfte Sunrise zwar stark beschäftigen, dass deswegen aber die Qualität leide, das glauben die Experten nicht. Laut Beyeler könnte die neue Sunrise aber etwas weniger stark um neue Kunden werben – zumindest kurz nach der Fusion. «Keine Firma kann es sich leisten, durch schlechteren Service die Kunden zu verunsichern», glaubt Frick.

Sunrise-Aktie bricht ein

Keine 24 Stunden nachdem Sunrise fortgeschrittene Verhandlungen mit dem UPC-Mutterhaus Liberty Global bestätigt hatte, ist der milliardenschwere Kauf von UPC Schweiz in trockenen Tüchern. Die Aktie von Sunrise erleidet jedoch erhebliche Verluste. Nachdem Anfang dieser Woche noch über 80 Franken für den Titel bezahlt wurden, sind es am Donnerstagvormittag lediglich noch knapp 73 Franken. Die Kursverluste gegenüber dem Vortag betragen fast 10 Prozent. Sunrise plant für die Finanzierung des Übernahmepreises von 6,3 Milliarden Franken eine Kapitalerhöhung von gut 4 Milliarden. Niemand hatte damit gerechnet, dass diese so happig ausfällt. Ebenfalls einen Kursverlust hinnehmen musste der Marktführer Swisscom – dessen Aktien notierten kurz nach 12 Uhr bei 459.10 Franken und damit rund 1 Prozent im Minus. Der Gesamtmarkt SMI liegt 0,5 Prozent im Minus.

Keine 24 Stunden nachdem Sunrise fortgeschrittene Verhandlungen mit dem UPC-Mutterhaus Liberty Global bestätigt hatte, ist der milliardenschwere Kauf von UPC Schweiz in trockenen Tüchern. Die Aktie von Sunrise erleidet jedoch erhebliche Verluste. Nachdem Anfang dieser Woche noch über 80 Franken für den Titel bezahlt wurden, sind es am Donnerstagvormittag lediglich noch knapp 73 Franken. Die Kursverluste gegenüber dem Vortag betragen fast 10 Prozent. Sunrise plant für die Finanzierung des Übernahmepreises von 6,3 Milliarden Franken eine Kapitalerhöhung von gut 4 Milliarden. Niemand hatte damit gerechnet, dass diese so happig ausfällt. Ebenfalls einen Kursverlust hinnehmen musste der Marktführer Swisscom – dessen Aktien notierten kurz nach 12 Uhr bei 459.10 Franken und damit rund 1 Prozent im Minus. Der Gesamtmarkt SMI liegt 0,5 Prozent im Minus.

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9. Wie geht es weiter mit dem Fernsehangebot MySports?

Der UPC-Sportsender ist Teil des Deals und wird damit neu auch Sunrise gehören. Erst vor Kurzem gab UPC neue Zahlen bekannt. In seinen ersten 500 Tagen habe der Sender 70 Millionen Zuschauer erreicht – grösstenteils natürlich wiederkehrende. Zu den Abonnenten will UPC nichts mehr sagen. Es ist offiziell einzig bekannt, dass das Fernsehangebot im März 2018 50'000 Nutzer hatte. Die Kosten für Aushängeschild Steffi Buchli und ihre Truppe dürften Millionen verschlingen. Relativ schnell könnten auch Sunrise-Kunden Zugriff zu MySports erhalten, so Beyeler. Zusammen mit dem bestehenden Teleclub-Angebot wäre das für Sportfans attraktiv. Mittelfristig dann könnte ein Deal mit Swisscom Thema sein. Ob MySports langfristig überlebt, ist damit offen.

10. An welchen Kundendienst müssen sich die Kunden in Zukunft wenden?

Bis Kunden nichts anderes von den Unternehmen hören, gelten die jeweiligen Hotline-Nummern weiter. Nach der Fusion wird es wohl nur noch einen Kundendienst geben. Sunrise muss sich bemühen, trotz der UPC-Integration ihr gutes Niveau zu halten. Immerhin: Die UPC hat zwar nicht den besten Ruf, was ihre Betreuung von Kundenanliegen betrifft. Doch das Unternehmen hat hier in den letzten Jahren viel investiert.

11. Was heisst der Deal für die Angestellten der beiden Konzerne in der Schweiz?

Noch unterhält jedes der beiden Unternehmen einen eigenen Hauptsitz in der Schweiz. Künftig wird es nur noch einen brauchen. Synergien und damit einen Abbau von Arbeitsplätzen dürfte es in der Werbung und im Marketing geben. Auch in der Administration und im Kundendienst gibt es nun Überschneidungen. Sunrise-Chef Olaf Swantee geht davon aus, dass die Auswirkungen für die eigentlichen Dienstleistungsabteilungen und bei den Verkaufsteams moderat sein würden. Ein Abbau sei hingegen im Management und in der Administration zu erwarten. UPC geht von einem Stellenabbau auch in anderen Bereichen aus.

12. Wie stehts um die Gesamtarbeitsverträge der Gewerkschaften mit UPC und Sunrise?

Die Gewerkschaft Syndicom verweist auf langjährigen, praktisch gleichwertigen Gesamtarbeitsverträgen mit beiden Unternehmen. «Die Arbeitsbedingungen der betroffenen Mitarbeitenden sind demnach auch nach der Fusion durch das sozialpartnerschaftliche Regelwerk gesichert», sagen Gewerkschafter. Man werde sich für die Sicherung der Arbeitsplätze einsetzen.

13. Warum lehnt der Konsumentenschutz die Übernahme von UPC durch Sunrise ab?

Für Konsumentenschützerin Sara Stalder ist die Übernahme-Ankündigung eine schlechte Nachricht: «Sie führt zu einem teuren Duopol», warnt Stalder. Sunrise und Swisscom könnten versucht sein, die Preise hochzuhalten. Stalder zu BLICK: «Es wäre ähnlich wie im Detailhandel. Dort haben sich Coop und Migros gemütlich eingenistet. Sie tun so, als seien sie harte Konkurrenten, aber eigentlich hält jeder schön still und die Preise hoch.» Salt sei kein ernstzunehmender Gegner des Duopols. «Für mich ist keine klare Strategie erkennbar, wie Salt gegen Swisscom und Sunrise Boden gut machen will.»

Vom Pionier zum Übernahmekandidaten

Weil die terrestrische Verbreitung von Radioprogrammen in der gebirgigen Schweiz mit ihren Tälern nicht so einfach ist, wurde 1931 zwecks Übertragung via Drahtrundspruch die Rediffusion S. A. gegründet. Ab 1950 übertrug sie vom Zürcher Üetliberg aus auch Fernsehprogramme. 1994 fusionierte die Firma mit anderen, eigenständigen Kabelnetzgesellschaften zur Cablecom. Hauptaktionäre waren Siemens, VEBA und Swisscom. Nachdem die Besitzer mehrfach gewechselt hatten, übernahm 2005 der US-Konzern Liberty Global und hat bis heute nicht verkauft. 2011 benannte er die Firma in UPC Cablecom um, seit 2016 heisst sie nur noch UPC.

UPC baute zum TV-Geschäft auch ein Internet-, Festnetz- und Mobilfunk-Angebot auf. Das konnte aber nicht verhindern, dass ihr die Swisscom sogar im Kerngeschäft Fernsehen die Führungsposition abjagte. 2012 erwirtschaftete UPC einen Umsatz von 1,18 Milliarden Franken, 2017 waren es 1,35 Milliarden. Im Sommer 2018 gab der Amerikaner Eric Tveter (59) sein Amt als CEO nach neun Jahren an die Rumänin Severina Pascu (45) ab.

Weil die terrestrische Verbreitung von Radioprogrammen in der gebirgigen Schweiz mit ihren Tälern nicht so einfach ist, wurde 1931 zwecks Übertragung via Drahtrundspruch die Rediffusion S. A. gegründet. Ab 1950 übertrug sie vom Zürcher Üetliberg aus auch Fernsehprogramme. 1994 fusionierte die Firma mit anderen, eigenständigen Kabelnetzgesellschaften zur Cablecom. Hauptaktionäre waren Siemens, VEBA und Swisscom. Nachdem die Besitzer mehrfach gewechselt hatten, übernahm 2005 der US-Konzern Liberty Global und hat bis heute nicht verkauft. 2011 benannte er die Firma in UPC Cablecom um, seit 2016 heisst sie nur noch UPC.

UPC baute zum TV-Geschäft auch ein Internet-, Festnetz- und Mobilfunk-Angebot auf. Das konnte aber nicht verhindern, dass ihr die Swisscom sogar im Kerngeschäft Fernsehen die Führungsposition abjagte. 2012 erwirtschaftete UPC einen Umsatz von 1,18 Milliarden Franken, 2017 waren es 1,35 Milliarden. Im Sommer 2018 gab der Amerikaner Eric Tveter (59) sein Amt als CEO nach neun Jahren an die Rumänin Severina Pascu (45) ab.

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