Studie zeigt Horrorszenario wegen Büroimmobilien
Neues US-Bankenbeben könnte auch die Schweiz treffen

Der Markt für US-Büroimmobilien ist ein Pulverfass, das für die ganze Weltwirtschaft eine Gefahr darstellt. Im Extremfall wäre auch die Schweiz betroffen.
Publiziert: 04.01.2024 um 11:56 Uhr
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Aktualisiert: 04.01.2024 um 14:47 Uhr
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Wie gravierend ein Bankenbeben in den USA für die die Weltwirtschaft und die Schweiz sein kann, zeigte das Frühjahr 2023. Nachdem mehrere US-Regionalbanken massiv in Schieflage geraten waren, spekulierte die Börse über einen möglichen Untergang der Credit Suisse. Die einstige Schweizer Grossbank musste schliesslich von der UBS in einer Notübernahme gerettet werden. Doch nun droht auf der anderen Seite des grossen Teichs bereits neues Ungemach.

Eine neue Studie des National Bureau of Economic Research skizziert ein regelrechtes Horrorszenario, sollte die US-Notenbank Fed die Zinsen nicht schon bald senken. «Solange die Zinssätze erhöht bleiben, wird das US-Bankensystem mit einem erheblichen Insolvenzrisiko konfrontiert sein», zitiert CH Media aus der Studie.

Pulverfass Büroimmobilien

Die Gefahr geht dieses Mal vom Markt für Büroimmobilien aus, der einen gewaltigen Boom erlebt hat. Zu Beginn des Jahres 2022 waren die Bürogebäude beinahe dreimal höher bewertet als noch zwei Jahrzehnte zuvor. Dann stiegen die Leitzinsen innerhalb von sechs Monaten um fünf Prozentpunkte und läuteten das Ende des Betongoldes ein. Investoren zügelten ihr Geld zu anderen Anlagen ab.

Im Frühjahr 2023 ging in den USA die Silicon Valley Bank Konkurs.
Foto: keystone-sda.ch
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Die Corona-Pandemie machte den Gift-Cocktail perfekt. Viele Büroangestellte arbeiten seither im Homeoffice. Die Leerstände im Markt für Büroimmobilien schossen in die Höhe und erreichen in einigen US-Städten nach wie vor einen Anteil von 20 bis 30 Prozent. Die Preise für Bürogebäude purzelten, genauso wie der Flächenumsatz.

Kredite über eine halbe Billion betroffen

2024 könnte es für die Immobilienbranche nun besonders prekär werden. Viele Konzerne müssen auslaufende Kredite zu mehr als doppelt so hohen Zinsen erneuern. Es geht um ein Volumen von 544 Milliarden Dollar. Gemäss den Studienautoren müssten die Banken jedoch in vielen Fällen abwinken. Bei 45 Prozent der Immobilien übertreffen die Kredite den Wert der Immobilien.

Noch düsterer sieht es bei weiteren 25 Prozent der Kredite aus. Hier liegen die Zinskosten aktuell gar höher als die Einnahmen mit den Büroimmobilien. Die Branche kämpft 2024 ums Überleben. Damit stellt sie auch für den US-Bankensektor eine veritable Gefahr dar. Denn Banken sitzen seit der Zinsrallye auf gewaltigen, derzeit noch theoretischen Anleihenverlusten von 2000 Milliarden Dollar. Das war bereits im Frühjahr 2023 der Auslöser für das Bankenbeben in den USA.

Banken könnten mitgerissen werden

Durch die Krise bei den Büroimmobilien könnten bei den Banken 10 bis 20 Prozent der Kredite in Zahlungsverzug geraten. Die Studienautoren gehen von möglichen Ausfällen von 80 bis 160 Milliarden Dollar aus. Die Banken könnten gezwungen sein, einen Teil ihrer Anleihen zu tiefen Preisen zu verkaufen. Dann wären die Verluste auf diesen plötzlich real. Bei einem Verkauf droht der Hälfte der US-Banken, also rund 2400 Banken, die Insolvenz.

Ein Horrorszenario, mit dem wie im Frühling 2023 Bankkunden ein Bank Run droht. Damals gingen mehrere US-Regionalbanken Konkurs oder mussten gerettet werden. Kunden könnten ihre Bankeinlagen erneut in Sicherheit bringen und die Probleme für die Banken damit weiter verschärfen. Aufgrund der grossen Bedeutung der US-Banken für die Weltwirtschaft hätte das mit grosser Wahrscheinlichkeit auch Folgen für den europäischen und Schweizer Bankenplatz. Denn die hiesigen Banken und US-Institute stellen sich gegenseitig Liquidität zur Verfügung, die im Insolvenzfall nicht zurückgezahlt würden – was zu riesigen Verlusten bei den europäischen und Schweizer Banken führen könnte.

Die Notenbanken sind entsprechend gefordert. Senken sie die Leitzinsen rechtzeitig, könnten sie die heikle Situation entschärfen. Bei einem möglichen Bank Run müssten sie erneut rasch Massnahmen ergreifen, damit das Vertrauen der Kunden wiederhergestellt wird.

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