Streit, Privatleben und Co.
Das sind die Fallstricke für Unternehmerpaare im Alltag

Berufs- und Privatleben unter einen Hut zu bringen, ist immer eine grosse Herausforderung. Besonders für Ehepartner, die gemeinsam eine Firma gründen, wie Erfahrungsberichte zeigen. Das raten Expertinnen und Experten.
Publiziert: 30.03.2023 um 17:02 Uhr
Carole Berset

Einen kleinen Laden eröffnen, ein Hotel führen oder ein Catering-Unternehmen gründen: Manche Geschäfte eignen sich besonders gut, um zu zweit geführt zu werden. «Das Vertrauen einer Ehe kann sich im Geschäftsalltag positiv entfalten»: Loïc Deslarzes, Arbeitspsychologe und Präsident der ‹Association genevoise des psychologues› (AGPsy), ist der Ansicht, dass die Liebe zwischen zwei Partnern die Arbeitsleistung steigern kann. Dies sei letztlich für den Erfolg eines Unternehmens von grossem Vorteil: «Die Kenntnisse über die andere Person kann Unternehmerpaare in die Lage versetzen, turbulente Zeiten besser zu bewältigen, sich gegenseitig zu unterstützen und gemeinsam zu denken und zu Innovation zu finden.»

Doch wie bei einer Ehe ist es auch bei einem Unternehmen besser, ein mögliches Scheitern vorwegzunehmen. Denn das Ziel ist, dass ein unternehmerisches Projekt unabhängig von der Liebesbeziehung überlebensfähig ist. Zwei Experten und drei Unternehmerpaare erklären fünf Stolpersteine im unternehmerischen Alltag, die es zu vermeiden gilt.

Zu optimistische Erwartungen

Zu den wichtigsten Punkten, die zu Beginn eines jeden unternehmerischen Abenteuers geklärt werden müssen, gehört die strikte Festlegung der Rahmenbedingungen der Partnerschaft. Dies gilt umso mehr, wenn die Partner auch zu Hause ein Paar sind. «In einer solchen Partnerschaft legt man wirklich alle Eier in einen Korb. Es besteht die Gefahr, dass man sich vom anfänglichen Enthusiasmus blenden lässt», erklärt Célia Salvador, Expertin bei der Beratungsfirma Entreprendre.ch.

Daniela und Emanuel Steiner haben 2013 das Cateringunternehmen Felfel gegründet.
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Aber zu einer Trennung kann es halt immer kommen. Das führe manchmal zu einem «Krieg der Egos und anderen Gefühlen», unter denen das Unternehmen stark leiden kann. «Um sich vor einem doppelten Misserfolg zu schützen, ist es am besten, rasch mit einem Anwalt eine Gesellschaftervereinbarung zu erstellen.» In diesem Schritt kann insbesondere über die Verteilung der Anteile jedes Einzelnen entschieden werden und auch die Übernahme der Geschäftsführung oder ein Rückkauf der Anteile im Falle einer Trennung antizipiert werden.

Daniela und Emanuel Steiner, Gründer des Zürcher Catering-Unternehmens Felfel und seit sechs Jahren verheiratet, berichten: «Wir haben die Werte und Wünsche jedes Einzelnen sehr offen diskutiert. Es war ein unumgänglicher und entscheidender Schritt, diese Punkte zu klären und schriftlich festzuhalten.» Bei der Wahl der Rechtsform des Unternehmens entschied sich das Paar für eine Aktiengesellschaft, die ihnen viele Expansionsmöglichkeiten bietet, aber auch das Familienvermögen schützt und die Verfahren im Falle eines Konkurses oder der Schliessung des Unternehmens vereinfacht.

Privat- und Berufsleben vermischen sich

Wer ein Unternehmen gründet, läuft Gefahr, dass sich die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben vermischen. «Wenn das Projekt zu viel Raum einnimmt, kann die Partnerschaft zugunsten des Arbeitsverhältnisses ganz in den Hintergrund rücken. Regeln aufzustellen hilft Duos, den ehelichen Partner nicht zunehmend als nur beruflichen zu sehen», erklärt Loïc Deslarzes.

Charlotte und Jean-Marc Boutilly sind in der Hotellerie tätig – ein Beruf, der mit extremer Leidenschaft ausgeübt werden muss. Sie mussten kleine Anpassungen vornehmen, um das Gleichgewicht in der Familie zu gewährleisten. «Wir hatten die Tendenz, berufliche Probleme mit nach Hause zu nehmen. Unsere Kinder haben uns das vorgeworfen. Heute kommt das nicht mehr infrage», sagt das Direktionspaar der Gruppe Villars Alpine Resort, die 2021 gegründet wurde.

Eine Herausforderung, die auch das Ehepaar Steiner gemeistert hat. «Den Spagat zu schaffen, erfordert eine gewisse berufliche und emotionale Reife. Jetzt müssen wir nicht mehr systematisch dem anderen jedes Problem erzählen, das am Tag aufgetreten ist», fasst Daniela zusammen. Sie gönnen sich auch regelmässig einen Abend zu zweit.

Schlechte Kommunikation

Kommunikation ist eine gemeinsame Grundlage für zwischenmenschliche Beziehungen und für jedes unternehmerische Projekt, das langfristig Bestand haben soll. Célia Salvador empfiehlt jedoch, die Form der Kommunikation von Kontext zu Kontext zu unterscheiden: «Es kann helfen, einen besonderen Rahmen zu schaffen, in dem ein anderes Vokabular verwendet wird, wenn man sich an seinen Arbeitspartner wendet und nicht an seine bessere Hälfte.» Auch das Festlegen von Zeiten für den beruflichen Austausch hilft, klare Grenzen zu setzen. «Es geht auch darum, die Fähigkeit zu besitzen, die Kommunikation manchmal aufzuschieben. Humor kann auch Krisensituationen entschärfen», fügt der Psychologe Loïc Deslarzes hinzu.

Der Hotelier Jean-Marc Boutilly bestätigt diesen Rat: «Charlotte hat die unglaubliche Gabe, mir die Dinge im richtigen Moment zu sagen. Und ich kann mit meinem Sinn für Selbstironie selbst die ernsthaftesten Gespräche auflockern.»

Lara Nour Wehbe und Alain Walther sind seit fast sieben Jahren zusammen und haben 2018 den Schmuckhändler Anour Shop und 2021 einen Schönheitssalon in Courgevaux FR gegründet. Das Paar hat beruflich eine lösungsorientierte Kommunikation entwickelt, die sich sehr positiv auf die private Beziehung ausgewirkt hat: «Damit das Projekt funktioniert, muss man frei miteinander reden können, ohne dass der andere beleidigt ist. Das Unternehmen hat uns flexibler gemacht und uns gelehrt, unsere Egos zurückzustellen, um Konflikte zu lösen.»

Unflexibel bei der Arbeit

Der extrem zeitintensive Alltag eines jeden Unternehmers erfordert von den beteiligten Partnern einen ausgeprägten Sinn für Aufopferung. Damit jeder den Anforderungen und Verpflichtungen des Alltags in Ruhe nachkommen kann, plant das Ehepaar Steiner seine Wochen jeden Freitag für sich. «Mit drei Kindern ist es unerlässlich, sich zu koordinieren und festzulegen, wer jeden Tag was macht, sowohl beruflich als auch privat. Diese wöchentlichen Treffen sind ein echter Erfolgsfaktor», erzählt Daniela Steiner.

Es wäre hingegen gefährlich, seiner besseren Hälfte den eigenen Rhythmus aufzuzwingen, ohne sie vorher zu fragen. Die Expertin Célia Salvador sagt: «Die Unterschiede des anderen, seine Arbeitsweise zu akzeptieren und ihm zu vertrauen, ist unerlässlich. Auch die Einführung von Leitplanken und Arbeitshygiene kann sich als hilfreich erweisen.»

«Es geht darum, im Vorfeld Kriterien festzulegen – arbeitet man am Wochenende, abends und wenn ja, jedes Wochenende, jeden Abend –, die nicht für beide Ehepartner gleich sein müssen. Wenn sich das Paar gut kennt, können beide über das Wohlbefinden des anderen wachen, und Warnsignale bemerken, die mit Stress oder Müdigkeit zusammenhängen», erklärt der Psychologe Loïc Deslarzes.

Vereinheitlichtes Denken

Einer der Vorteile, der sich bei der Gründung eines Unternehmens ergibt, liegt im gegenseitigen Vertrauen, aber auch in der Fähigkeit der Partner, ihre Ideen zu spiegeln und sich gegenseitig herauszufordern. «Es ist wichtig, eine kritische Sichtweise zu bewahren, wenn es darum geht, die strategische Ausrichtung zu bewerten oder eine Situation zu analysieren», sagt Deslarzes. «Wenn man eine emotionale Bindung zu seinem Partner hat, kann die Gefahr bestehen, dass man eine Form von Einheitsdenken entwickelt und selbst eine Entscheidung trifft, die man eigentlich nicht wollte.»

«Persönlichkeiten, die sich ergänzen sowie eine gute Rollen- und Aufgabenverteilung haben, sind in diesem Sinne einer der Schlüssel zum Erfolg. Lara ist impulsiver, aber auch bodenständiger, während ich eher ruhig und verträumt bin», sagt Alain Walther von Anour Shop. «Wir vertrauen uns vollkommen. Die wenigen Streitereien kommen vom einzigen Thema, das wir beide beherrschen: Buchhaltung!»

Jean-Marc Boutilly von der Villars Alpine Resort Group sagt: «Obwohl sich unsere Rollen im Laufe der Zeit verändert haben, waren sie immer klar voneinander getrennt. Vom Charakter her sind wir so gegensätzlich, wie man es sich nur vorstellen kann: Ich bin das Feuer und meine Frau ist das Wasser. Diese Unterschiede tragen zu einer Harmonie und einem Gleichgewicht im Alltag bei.»

Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit LargeNetwork. Er erschien zuerst auf der französischsprachigen Website von Blick.ch

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