St. Galler-Firma Sportradar an die Wall Street – alles zum Mega-Börsengang
Der geheimnisvolle Sportdaten-Gigant aus St. Gallen

Kaum jemand kennt Sportradar. Dabei wird das Unternehmen aus St. Gallen am Dienstag in New York einen der grössten Börsengänge in der Schweizer Geschichte hinlegen. Die Firma sammelt für die Fifa, die NBA, für Wettanbieter und Sportmedien alle möglichen Daten.
Publiziert: 13.09.2021 um 07:00 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2021 um 20:56 Uhr
Nicola Imfeld

Dem Schweizer Finanzplatz steht eine geschichtsträchtige Woche bevor. Die Anleger warten gebannt auf den Börsengang der Zürcher Laufschuhmarke On am Mittwoch an der New Yorker Börse. Das Unternehmen, in das auch Roger Federer (40) investiert ist, dürfte dann 5,5 Milliarden Franken wert sein. Doch schon am Tag davor wagt noch eine weitere Schweizer Firma den Schritt an die Wall Street – beinahe unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit.

Dabei ist der Börsengang vom Sportdaten-Anbieter Sportradar mit Sitz in St. Gallen nicht minder spektakulär. Die Zahlen sind für Schweizer Verhältnisse gar gigantisch: Ein Prospekt der US-Börsenaufsicht SEC, der Blick vorliegt, zeigt: Sportradar will 504 Millionen Dollar durch das Angebot von 19 Millionen Aktien in einer Preisspanne von 25 bis 28 Dollar je Aktie aufbringen. Hinzu kommt eine Privatplatzierung in der Höhe von 159 Millionen Dollar. Wird das Ziel erreicht, sind die St. Galler über 7 Milliarden Franken schwer. Es wäre einer der grössten Börsengänge in der Schweizer Geschichte!

Daten für Fifa, Uefa, NBA und Co.

Anders als On kennt man Sportradar hierzulande kaum. Dabei ist das Unternehmen mit seinen mehr als 2400 Mitarbeitenden weltweit führend im umkämpften Sportdaten-Markt, ist offizieller Datenpartner des internationalen und europäischen Fussballverbands Fifa und Uefa sowie der amerikanischen Basketballliga NBA und Eishockeyliga NHL. Sportradar sammelt für die Sport-Giganten alle möglichen Daten und stellt diese zur Verfügung – ein kostspieliges aber lukratives Geschäft. Sportradar zahlt der Fifa, der NBA und Co. Millionen Franken für die Rechte an den Daten, darf über diese aber ziemlich frei verfügen.

Die Schweizer Firma Sportradar von CEO Carsten Koerl geht an die Börse.
Foto: Gerry Nitsch / 13 Photo
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So sind nicht nur die grossen Sport-Ligen Kunden bei den St. Gallern, sondern auch unzählige Wettanbieter und Sportmedien. Die Buchmacher verlassen sich dabei auf die Daten von Sportradar. Diese werden einerseits mit einer komplexen Software gesammelt, andererseits durch sogenannte Scouts, die die Spiele in den Stadien besuchen. Die Daten von Sportradar machen es den Wettanbietern erst möglich, sinnvolle Quoten auf die einzelnen Spiele zu setzen – natürlich immer mit einer gewissen Gewinnmarge. Sportmedien erwerben die Daten hingegen für ihre Leserschaft. Wenn ein Journalist von der BBC über die Spritzigkeit eines Cristiano Ronaldo philosophiert, hat er die Daten mit grosser Wahrscheinlichkeit von Sportradar.

Kampf gegen die Manipulation im Sport

Ein weiterer wichtiger Pfeiler der St. Galler Erfolgsgeschichte ist das sogenannte «Fraud Detection System», das zur Aufdeckung sportwettbezogener Manipulation angeboten wird. Eine eigene Ermittlungsabteilung mit über 30 Mitarbeitenden überwacht die Sportwelt im Auftrag von Sportorganisationen und staatlichen Strafverfolgungsbehörden. Dafür stützt sich Sportradar auf eine eigene, auf Algorithmen basierende Software. Diese umfasst und verarbeitet eine Datenbank mit mehr als 7 Milliarden Wettquoten pro Tag. So können die Quotenänderungen von über 600 internationalen Wettanbietern überwacht und auf wettbezogene Manipulationen untersucht werden. Die Zahlen sind imposant: Im Jahr 2020 wurden weltweit mehr als 600'000 Spiele in den 26 Sportarten analysiert.

Jetzt will Sportradar mit dem Börsengang an der US-Technologiebörse Nasdaq so richtig Kohle machen. Die Aussichten sind rosig: Weil das Sportbusiness weltweit seit Jahren rasant wächst, dürften die Daten in Zukunft noch wertvoller sein. Und in Amerika legalisieren immer mehr Bundesstaaten Sportwetten. Ein Markt mit 330 Millionen oft sportbegeisterten Menschen öffnet sich auf einen Schlag. Kein Wunder, ist in der Branche von einem Goldrausch die Rede.

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