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Spiesshofer weg, Aktie steigt, mehr Druck von Investoren
Droht nun die Zerschlagung von ABB?

Grosser Knatsch bei ABB: CEO Ulrich Spiesshofer (55) tritt per sofort zurück, Verwaltungsratspräsident Peter Voser (61) übernimmt interimistisch. Ein neuer Grossaktionär möchte den Konzern weiter aufspalten.
Publiziert: 17.04.2019 um 06:55 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2019 um 20:15 Uhr
  • ABB-Chef Spiesshofer tritt per sofort ab – und will eine «Auszeit nehmen» 
  • Verwaltungsratspräsident Peter Voser vorübergehend auch CEO
  • Neuer Grossaktionär machte offenbar Druck auf Spiesshofer
  • Investoren applaudieren, Aktienkurs von ABB steigt
Christian Kolbe

So schnell hat ein neuer Investor selten zum Köpferollen bei einem Konzern geführt. Seit einigen Tagen hat ABB einen weiteren, sehr aktiven Grossaktionär an Bord. Die Beteiligungsgesellschaft Artisan Partners ist bei ABB eingestiegen – und macht mächtig Druck. Mit dem Geld, das Artisan beim Verkauf des Logistik-Konzerns Panalpina gelöst hat. Die Amerikaner halten rund 3 Prozent an ABB. Der Einstieg dürfte zusätzlichen Druck auf Ulrich Spiesshofer (55) gebracht haben.

Nun greift der Verwaltungsrat unter Präsident Peter Voser durch: ABB-CEO Spiesshofer muss per sofort seinen Posten räumen. BLICK weiss: Immerhin durfte Spiesshofer gestern Abend selber kündigen, verlässt ABB also halbwegs erhobenen Hauptes. VR-Präsident Peter Voser (61) übernimmt den CEO-Posten, bis ein Nachfolger gefunden ist, wie es in der Mitteilung vom Mittwoch heisst. 

Die neue Organisation bietet sich für Aufspaltung an

Aber nicht nur der CEO war unter Druck, die Zukunft des ganzen Konzerns steht auf dem Spiel. Denn den US-Investoren reicht die Abspaltung der Stromnetzsparte nicht, sie wollen den schweizerisch-schwedischen Grosskonzern weiter filetieren. Dazu bietet sich ABB nachgerade an, baut sich doch der Konzern gerade zu einer schlanken Organisation um – mit vier mehr oder weniger eigenständigen Einheiten, die wohl jede für sich am Markt bestehen könnte! 

Ein nachdenklicher Ulrich Spiesshofer: Die Investoren waren offenbar unzufrieden, Spiesshofer musste gehen.
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Die Aktie des Technologiekonzerns geht heute Mittwoch durch die Decke: 5 Prozent beträgt der Anstieg inzwischen. Der Leitindex SMI tritt dagegen auf der Stelle. Investoren applaudieren Voser folglich für sein Durchgreifen.

Voser, der neue starke Mann bei ABB, bedankt sich artig bei seinem abgetretenen CEO: «Unter der Führung von Ulrich Spiesshofer hat sich ABB zu einem globalen Technologieführer mit einem klaren Fokus auf digitale Industrien weiterentwickelt. Er hat das Unternehmen strategisch neu ausgerichtet und in allen Geschäftsbereichen Wachstumsdynamik aufgebaut», so Voser.

Spiesshofer nimmt Auszeit

ABB teilte mit, dass die Suche nach einem neuen CEO bereits eingeleitet sei. An der bisherigen Strategie will Voser festhalten: «Wir werden uns weiterhin auf die Umsetzung der ABB-Strategie konzentrieren und Mehrwert für alle unsere Stakeholder schaffen», sagt Voser, der seit 2015 an der Spitze des Verwaltungsrates von ABB steht.

«Um unsere Finanzziele zu erreichen, werden wir den Verkauf des Stromnetzgeschäfts wie geplant vorantreiben, die Unternehmensstruktur des Konzerns vereinfachen und die angekündigten Kosteneinsparungen erzielen.»

Spiesshofer selbst kündigt an: «Ich werde nun eine Auszeit nehmen, bevor ich über das nächste Kapitel meines Berufslebens entscheide.»

Bereits in den letzten Jahren und Monaten waren Investoren alles andere als zufrieden mit der Arbeit von Spiesshofer. Allen voran Investors AB rund um die Familie Wallenberg. Mit rund zehn Prozent die grössten Aktionäre von ABB. Ihnen ging es offenbar zu langsam, wie der Konzern nach dem Verkauf des Stromnetzgeschäfts an Hitachi weiter entschlackt und fit für die Zukunft getrimmt wurde. Das Hauptproblem: Der Kurs der ABB-Aktie dümpelt seit langem vor sich hin, ein Aufbruch zu neuen Höhenflügen ist nicht in Sicht. 

Mässiges Quartalsergebnis

Gleichzeitig mit dem Knall an der Konzernspitze publizierte ABB das Quartalsergebnis. Der Konzerngewinn sank im ersten Quartal um 6 Prozent auf 535 Millionen Dollar. Aufträge und Umsatz hätten sich stabil entwickelt, schreibt ABB.

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Spiesshofer war seit September 2013 Konzernchef von ABB, zuvor hatte er seit 2005 verschiedene Führungspositionen beim Technologiekonzern inne. Ob der schweizerisch-deutsche Doppelbürger aus dem Amt gedrängt wurde oder freiwillig die Reissleine zog, ist unklar. In der Medienmitteilung spricht Spiesshofer von einem «gut getrimmten» Schiff, das er an den Interimskonzernchef Peter Voser übergebe.

Ob der Kurs des Industrietankers tatsächlich gesetzt ist, wie Spiesshofer weiter schreibt, und ob ABB tatsächlich schon wieder Fahrt aufgenommen hat, dürfte einer der Knackpunkte rund um den überraschenden Rücktritt sein. Zuletzt sorgte ABB für Schlagzeilen mit dem Verkauf des Stromnetzgeschäfts an Hitachi. Ein Verkauf, gegen den sich Spiesshofer lange Zeit gesträubt hatte. Geht Spiesshofer jetzt zu Hitachi?

Sein Interimsnachfolger Peter Voser kehrte 2015 zu ABB zurück, nachdem er von 2002 bis 2004 als Finanzchef von ABB gearbeitet hatte. Da sich seine Ambitionen, Konzernchef des schwedisch-schweizerischen Industriekonzerns damals zerschlugen, wechselte Voser zum Energie-Giganten Royal Dutch Shell. Dort stieg er bis zum Konzernchef auf.

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