Sorgenbrief nach Bern geschickt
Telecom-Aufseher schlägt wegen 5G-Blockade Alarm

Der Bau der 5G-Antennen kommt schleppend voran. Viele Baugesuche sind blockiert oder wurden abgewiesen. Nun wendet sich der oberste Aufseher von Swisscom, Salt und Sunrise an den Bundesrat.
Publiziert: 10.07.2020 um 12:16 Uhr
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Aktualisiert: 07.03.2021 um 15:20 Uhr

Die Bedenken um die neue 5G-Technologie sorgen für eine Verzögerung beim Ausbau des Mobilfunkstandards. Die Situation ist «sehr besorgniserregend», wie der oberste Telecom-Aufseher Stephan Netzle in einem Brief an den Bundesrat schreibt. «Der jetzige Zustand führt bei stetig stark steigendem Datenverkehr zu Versorgungsengpässen im Mobilfunk.»

Die Tamedia-Zeitungen berichten heute über den Brief. Netzle bestätigt die Echtheit. Er hat die Botschaft Ende Juni im Namen der Eidgenössischen Kommunikationskommission (Comcom) verfasst. Netzle präsidiert die Behörde.

Auslöser war die Erkenntnis, dass zahlreiche Baugesuche blockiert sind. Oder noch immer unbehandelt auf dem Tisch liegen. «Unsere kürzliche Konsultation der Mobilfunkbetreiberinnen hat ergeben, dass in den letzten 12 Monaten weniger als 10 Prozent von über 1200 Gesuchen zum Auf- und Ausbau von Mobilfunkantennen behandelt und bewilligt worden sind», schreibt Netzle im Brief.

5G-Antennen sorgen in Teilen der Bevölkerung für Bauchschmerzen .
Foto: imago images
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Grosse 5G-Skepsis

5G steht für «Fifth Generation», die fünfte Generation des Mobilfunkstandards. Sie ist vereinfacht gesagt die Nachfolgerin von 4G und 3G. Der Standard regelt den Datenverkehr zwischen Handy und Antenne.

Mit 5G sind nicht nur schnellere Datenverbindungen und kürzere Reaktionszeiten möglich, es können auch mehr Smartphones gleichzeitig das Netz nutzen. Zusätzlich ist 5G darauf optimiert, Maschinen und Geräte zu vernetzen. Etwa für die Industrie oder das intelligente Zuhause, damit beispielsweise Garagentor, Beleuchtung und Sensoren miteinander kommunizieren können.

Momentan sind mit 5G rund zehn Mal höhere Geschwindigkeiten möglich als mit 4G. Die Comcom hat die Mobilfunkfrequenzen im Februar 2019 für 380 Millionen Franken an Swisscom, Sunrise und Salt versteigert. Seither läuft eine rege Debatte um die Technologie. Wie hoch ist die Strahlenbelastung? Ist 5G schädlich?

Offene Ohren im Bundesrat

Zahlreiche Mythen sind im Umlauf. Einem Faktencheck halten sie kaum stand. Trotzdem ist die Skepsis in der Bevölkerung gross. Einzelne Kantone haben einen Baustopp erlassen, obschon es fraglich ist, ob dies überhaupt rechtens ist. Das Fass zum Überlaufen brachte aus Sicht des Comcom-Präsidenten aber der vergangene 22. April. An diesem Tag teilte der Bundesrat mit, die strengen Grenzwerte für die Strahlenbelastung nicht zu lockern.

Das Problem: Genau dies wäre nötig, um 5G rasch flächendeckend lancieren zu können. Netzle ist beunruhigt, dass die Schweiz ihren technologischen Vorsprung bei 5G verliere.

Um einen Ausweg aus der Situation zu finden, macht die Comcom dem Bundesrat einen Vorschlag. Die Mobilfunkbetreiber sollen die bestehenden Antennenstandorte besser gemeinsam nutzen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die massgeblichen Grenzwerte nicht mehr wie bisher für die gesamte Antennenanlage gelten, sondern für jeden Mobilfunkanbieter einzeln. Offenbar haben bereits mehrere Vertreter der Landesregierung signalisiert, dass sie ein offenes Ohr für das Anliegen der Comcom haben. (ise)

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