0:45
46'000 zusätzliche Arbeitslose:RAV-Berater sind am Anschlag

Seit Corona-Ausbruch 40 Prozent mehr Arbeitslose
RAV-Berater sind am Anschlag

Der Ansturm von Arbeitslosen lässt auf den RAV die Zahl der Neuanstellungen in die Höhe schiessen. Doch trotz massiv mehr Personalberatern bleibt der Druck hoch. Nun soll die Digitalisierung für Entlastung sorgen.
Publiziert: 02.02.2021 um 00:58 Uhr
|
Aktualisiert: 07.05.2021 um 15:57 Uhr
Levin Stamm

Bei Schweizer Wirtschaftsvertretern schrillen die Alarmglocken. Während der zweiten Welle steigt die Zahl der Stellensuchenden wieder steil an. Gegenüber dem Vorjahresmonat hat sich die Anzahl Arbeitsloser im Dezember um 46'268 auf 163'545 Personen erhöht (von 3,3 auf 3,5 Prozent).

Die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) spüren diesen Zuwachs als Erste. Der Ansturm von immer mehr Arbeitslosen sorgt für lange und stressige Arbeitstage.

Etwa im Kanton Aargau. Seit März ist dort die Anzahl Stellensuchender von 16'000 auf 22'400 angestiegen. Der Druck auf die RAV-Angestellten nimmt zu. Das weiss auch RAV-Koordinatorin Isabelle Wyss (48). Um den Ansturm zu bewältigen, hat sie seither 47 zusätzliche Stellen bewilligt.

Isabelle Wyss, RAV-Koordinatorin des Kantons Aargau, hat seit Beginn der Corona-Krise 47 neue Mitarbeiter eingestellt. Trotzdem bleibe der Druck auf Personalberater und administrative Mitarbeiter hoch.
Foto: zVg
1/8

«Gute Personalberater sind gefragt»

Und doch nimmt die Belastung für die RAV-Angestellten nicht ab. Denn: «Bis ein Personalberater die volle Dossier-Belastung tragen kann, dauert es neun bis zwölf Monate», sagt Wyss. Dazu kommt: Seit September müssen Stellensuchende ihre Arbeitsbemühungen wieder monatlich einreichen. Auf Weisung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Das erhöht den administrativen Aufwand für die RAV-Angestellten zusätzlich.

Ein landesweites Problem. Bereits während der ersten Welle wappneten sich die RAV auf den Ansturm neuer Arbeitsloser und stockten mächtig auf – 200 Stellen wurden so innert weniger Monate geschaffen. Damit nicht genug: Seit Juli sind schweizweit nochmals mindestens 150 Stellen dazugekommen. 350 neue Stellen auf ursprünglich 1500 Angestellte – die Corona-Krise entpuppt sich auf den RAV ironischerweise als Jobmacher.

Ein Grossteil der Neuanstellungen fällt noch immer auf die Ballungszentren. So haben die Kantone Bern und Luzern seit Juli nochmals 20 zusätzliche RAV-Mitarbeitende angestellt, 23 sind es in Zürich, gar 32 im Kanton Genf. Auch die Kantone Solothurn (14) und St. Gallen (7) haben im Zuge der zweiten Welle nochmals kräftig aufgerüstet.

Daniel Wessner (50), Thurgauer Amtsleiter für Wirtschaft und Arbeit, musste sechs zusätzliche Personalberater einstellen. Er weiss: «Gute Personalberater sind im Moment schweizweit sehr gefragt.»

Digitalisierung soll Entlastung bringen

Ein Hoffnungsschimmer für die Personalberater am Anschlag: das Online-Tool «eALV» des Seco, das seit August Stellensuchenden in der ganzen Schweiz zur Verfügung steht. Es soll die Stellensuche vermehrt ins Internet verlagern und so administrative Tätigkeiten zugunsten der Beratung reduzieren.

Das ist auch nötig: Die Anzahl Gemeldeter ist seit März alleine in Genf um 5300 gestiegen. Betreut derzeit jeder Personalberater 160 Stellensuchende, waren es vor der Corona-Krise noch 130. Da kommt die digitale Entlastung zur richtigen Zeit.

Charles Vinzio (50), Direktor der Genfer RAV, spricht denn auch von einem «grossen Erfolg». Innert weniger Monate hat er mehr als die Hälfte aller Stellensuchenden zur Benutzung von «eALV» überzeugt – womit sein Kanton schweizweit zu den Spitzenreitern gehört.

Alle anderen von BLICK befragten Kantone stimmen in den Tenor ein. Positive erste Einschätzungen durchs Band, wenn auch noch tiefere Nutzungszahlen. Im Kanton Basel-Stadt macht immerhin ein Drittel aller Stellensuchenden von «eALV» Gebrauch. Im Kanton Solothurn sagt der Amtsleiter für Wirtschaft und Arbeit, Jonas Motschi (62): «Wir wünschten uns noch eine aktivere Nutzung durch die Stellensuchenden.»

Viel Zeit zum Aufschliessen bleibt den anderen kantonalen RAV nicht. Mit anhaltender Verschärfung des Corona-Regimes dürfte der Ansturm der Stellensuchenden in den nächsten Monaten weiter zunehmen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.