Schweizer Spargel-Bauern zittern um Ernte
Eine einzige frostige Nacht macht alles kaputt

Das Comeback des Winters macht Spargeln zu schaffen. Sie wachsen kaum noch. Und können sogar erfrieren. Die Produzenten sind machtlos.
Publiziert: 19.04.2024 um 17:38 Uhr
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Aktualisiert: 19.04.2024 um 17:45 Uhr
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Patrik BergerRedaktor Wirtschaft

Zu Beginn des Monats war die Welt noch in Ordnung: Der Schweizer Spargel wächst so gut, wie seit Jahrzehnten nicht mehr. «Wir stehen voll in der Ernte», sagt Susanne Spaltenstein (56), Betriebsleiterin des Spargelhofs in Flaach ZH. «Schon vor Ostern konnten wir die ersten Spargel ernten. Das ist sehr früh», freut sie sich.

Die ausserordentlich warmen Tage anfangs April haben den Spargeln gutgetan. Diese Wärme braucht der Spargel, um kräftig und schnell zu wachsen. Bei idealem Wetter wächst er einen Zentimeter pro Stunde. Mindestens zehn Grad soll es sein. «Sonst wächst er langsamer», weiss Spaltenstein.

Davon kann derzeit aber keine Rede sein. Der Temperatursturz um 20 Grad und das aktuell nasse und kalte Wetter gefallen Spaltenstein deshalb gar nicht. Der Spargel reagiert sehr sensibel auf solche Temperaturschwankungen. «Die Erde konserviert die Wärme noch zwei, drei Tage, dann wird der Boden kühler», sagt sie. Und wenn es länger kalt bleibt? «Dann rechnen wir beim weissen Spargel mit einem extremen Rückgang des Ertrages auf 25 Prozent.» Noch stärker auf die Kälte reagiert der grüne Spargel. Er wächst über der Erde und kann erfrieren oder verhagelt werden. «Eine richtig kalte Nacht reicht», weiss Spaltenstein.

Schweizer Spargel sind dieses Jahr sehr früh dran.
Foto: PD
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«Das ist die Natur»

Dann geht erst einmal zehn Tage gar nichts mehr. Der Spargel muss zuerst neu wachsen. Schlaflose Nächte bereitet ihr das aber nicht. «So ist das in der Landwirtschaft. Das ist die Natur.» Auch an der Preisschraube drehen wird sie deshalb nicht, wie sie Blick sagt. Im Hofladen auf dem Flaacher Spargelhof gibt es ein Kilo Spargeln der besten Qualität für 21.50 Franken. Dass wetterbedingt auch einmal weniger geerntet werden kann, ist bereits eingepreist.

Ähnlich präsentiert sich die Lage im zürcherischen Rafz auf dem Spargelhof der Jucker Farm. «Das kalte und feuchte Wetter und vor allem die mangelnde Sonneneinstrahlung dürfte das Wachstum der Spargel in den nächsten Tagen stark bremsen», sagt Sprecherin Valérie Sauter. «Das hat zur Folge, dass die verfügbare Menge temporär nicht mehr so gross ist, wie während der Wärmeperiode davor.» Der Start in die Saison, die noch bis Ende Juni dauert, sei aber positiv gewesen. «Wir konnten zwei Wochen früher mit der Ernte beginnen, als normal.»

1,2 Kilo Spargel pro Kopf

Die Schweiz ist ein Land von Spargelliebhabern. Pro Kopf essen wir jährlich 1,2 Kilo. 180 Gemüseproduzenten bauen Spargel an. Vor allem in der Ostschweiz, aber auch im Mittelland und in der Romandie. Die Anbaufläche wurde in den vergangenen Jahren stetig ausgebaut. Wurden 2007 noch auf 104 Hektaren weisser Spargel angebaut, waren es 2022 bereits 170 Hektaren. Die Fläche für Grünspargel wurde gar von 65 auf 290 Hektaren erhöht.

2023 wurden insgesamt 730 Tonnen geerntet, das sind rund 80 Tonnen weniger als im Jahr 2022. Nur 7,6 Prozent der gegessenen Spargel kommen aus der Schweiz. Die Saison beginnt normalerweise Ende April und dauert bis Ende Juni. Dann sinkt jeweils auch die Nachfrage nach Spargeln, die traditionellerweise vor allem im Frühling gegessen werden.


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