Schweiz ist internationales Schlusslicht im neuen Geschlechter-Richtwert
Top-Börsen-Firmen setzen nicht auf Chefinnen

Die Politik hat Schweizer Top-Unternehmen verpflichtet, mehr Frauen in die Geschäftsleitungen aufzunehmen. Doch bislang pfeifen die SMI-Firmen auf Frauenpower, wie eine aktuelle Erhebung zeigt. Im internationalen Vergleich sieht es sehr düster aus.
Publiziert: 02.03.2021 um 07:01 Uhr
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Aktualisiert: 02.03.2021 um 07:03 Uhr

Michèle Rodoni (50) bei Mobiliar, Laura Meyer (39) bei Hotelplan und Sabrina Soussan (51) bei Dormakaba: Drei Frauen, drei neue Chefinnen für drei grosse Schweizer Unternehmen. Das Jahr 2021 ist in Sachen Gleichstellung eigentlich gut gestartet – noch nie gab es so viele neue Chefinnen!

Die Politik will noch mehr und nimmt seit Anfang Januar 2021 die grossen, börsenkotierten Unternehmen mit Sitz in der Schweiz in die Pflicht. Doch bislang wird man bitter enttäuscht, wie eine Erhebung der Personalberatung «Russell Reynolds Associates» zeigt.

Dort hat man den von der Politik geschaffenen Geschlechter-Richtwert für die SMI und SMIM-Firmen unter die Lupe genommen. Dieser schreibt vor, dass mindestens 30 Prozent der Verwaltungsratsposten mit Frauen besetzt werden müssen. In den Geschäftsleitungen reichen 20 Prozent Frauenanteil. Dafür haben die Unternehmen fünf (Verwaltungsrat) respektive zehn Jahre (Geschäftsleitung) Zeit, diese Richtwerte zu erreichen. Gelingt das nicht, ist das Unternehmen verpflichtet, im Vergütungsbericht an die Aktionäre die Gründe anzugeben und die Massnahmen zur Verbesserung darzulegen.

So wie es jetzt aussieht, werden die SMI-Firmen in einigen Jahren Erklärungsbedarf haben. Der Geschlechter-Richtwert bei den Schweizer Top-Unternehmen ist bislang weitgehend wirkungslos geblieben. Die Erhebung der Personalberatung zeigt: Bei der aktuellen Zuwachsrate würde es 20 Jahre dauern, bis genügend Frauen in den Geschäftsleitungen sitzen.

Was haben diese drei Frauen gemeinsam? Michèle Rodoni (50) bei Mobiliar ...
Foto: zVg
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Mittelgrosse Schweizer Unternehmen machen es besser!

Zwar ist der Frauenanteil in den Geschäftsleitungen der 20 grössten Schweizer Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr von 12 auf 13 Prozent gestiegen, aber vom Richtwert von 20 Prozent ist er damit weit entfernt. Insgesamt benötigen die SMI-Firmen noch 21 zusätzliche Chefinnen in der Geschäftsleitung.

Etwas besser sieht es beim kleinen Bruder SMIM mit seinen 30 mittelgrossen Unternehmen aus. Dort stellt die Personalberatung «Russell Reynolds Associates» mehr Bewegung fest: Im vergangenen Jahr sind in den Geschäftsleitungen fast ein Viertel der freigewordenen Stellen mit Frauen besetzt worden. Und: Drei weitere weibliche Neubesetzungen sind angekündigt. Damit machte der Frauenanteil im SMIM einen Sprung von rund 8 auf über 12 Prozent.

«Die mittelgrossen Unternehmen zeigen sich dynamischer als die Schweizer Grossunternehmen und reagieren schneller auf den vom Gesetzgeber geforderten Richtwert für den Frauenanteil im Top-Management», so Markus Hofer, Landeschef von «Russel Reynolds». Eine Ausrede haben die SMI-Firmen nicht: An qualifizierten Frauen würde es in der Schweiz nicht mangeln, wie Hofer sagt.

Schweiz ist internationales Schlusslicht

Peinlich ist der Blick aufs internationale Ranking, wo die Schweizer Indexes auf den letzten Plätzen liegen. Die grössten Unternehmen in Grossbritannien, Frankreich, Schweden, den Niederlanden, Finnland und Dänemark indes übertreffen das Ziel von 20 Prozent Frauen in den Geschäftsleitungen schon heute.

Spitzenreiter ist Norwegen. Die börsenkotierten OBX-Firmen – der wichtigste Aktienindex des Landes – haben fast 30 Prozent weibliche Chefinnen. Eine Zahl, von der SMI- wie auch SMIM-Unternehmen nur träumen können. (nim)

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