Roche wird zum Pharma-Google
Daten sind die beste Medizin

Roche ist bereits Weltmarktführer bei den Krebsmedikamenten. Nun wollen die Basler auch im Geschäft mit Gesundheitsdaten zur Nummer 1 werden.
Publiziert: 24.01.2019 um 22:55 Uhr
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Aktualisiert: 19.02.2021 um 11:31 Uhr
Guido Schätti
Guido SchättiStv. Chefredaktor BLICK

Die Frau im Pensionsalter löst auf ihrem Smartphone täglich eine kleine Geschicklichkeitsaufgabe. Lange schafft sie das spielend, dann aber tut sie sich immer schwerer. Nun leuchtet bei ihrem Arzt eine rote Lampe auf. Er bittet seine Patientin zur Visite.

Die vom Basler Pharmakonzern Roche entwickelte App hilft dabei, den Ausbruch von Parkinson zu erkennen. Nicht erst dann, wenn ein Patient bereits deutliche Symptome zeigt, sondern im Frühstadium. «So können wir die Krankheit wirksamer bekämpfen», sagt Roche-Präsident Christoph Franz (58).

US-Firmen sollen Roche Führungsposition sichern

Bei seinem Auftritt in Davos spricht der frühere Swiss-Chef nur über ein Thema: die Erhebung, Analyse und Vermarktung von Daten. Der Kauf der US-Firma Genentech vor fast 30 Jahren katapultierte Roche zum grössten Hersteller von Krebsmedikamenten. Nun will Roche Nummer 1 bei der digitalen Medizin werden.

Wird Roche zum Google der Pharmaindustrie, zu einer Datenkrake, die alles über uns weiss und gleich noch das richtige Medikament liefert?
Foto: Keystone
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Neben Parkinson hat Roche auch Apps für Diabetes- und Multiple-Sklerose-Patienten auf dem Markt. Die Datenoffensive geht aber weiter: Roche hat letztes Jahr für 2,4 Milliarden Franken die US-Firma Foundation Medicine übernommen. Sie macht Gentests von Krebspatienten und liefert Ärzten Vorschläge für die beste Therapie.

Aus Arztnotizen werden wertvolle Daten

Werden die Ärzte dadurch zu blossen Ausführungsgehilfen der Pharmaindustrie? «Wir entmachten die Ärzte nicht, wir unterstützen sie», sagt Franz zu BLICK. «Wir helfen ihnen, dass sie trotz der Flut an neuen Informationen und Erkenntnissen ihrer Aufgaben nachkommen können.»

Daten gewinnt Roche auch aus Krankheitsakten. Die ebenfalls von den Baslern gekaufte Firma Flatiron bereitet Notizen von Ärzten digital und anonymisiert auf. Der Vorteil: Die Datenmenge explodiert, die Forscher können nicht nur aus klinischen Tests Rückschlüsse auf Wirksamkeit von Medikamenten ziehen, sondern quasi aus der Gesamtheit der Bevölkerung. «Das erlaubt uns, völlig neue Krankheitsmuster und Zusammenhänge zu erkennen und Therapien zu entwickeln», so Franz.

Schweiz und Europa bleiben zurück

Wird Roche zum Google der Pharmaindustrie, zu einer Datenkrake, die alles über uns weiss und gleich noch das richtige Medikament liefert? Roche bleibe in erster Linie ein Pharmaunternehmen, aber die IT werde immer wichtiger, beruhigt Franz.

Grenzen setzt auch die Regulierung. «Das Gesundheitswesen ist in jedem Land anders geregelt, eine Plattform kann kein Medikament empfehlen, wenn dieses in einem Land nicht zugelassen ist», sagt Franz.

Das schränkt Skaleneffekte ebenso ein wie der Datenschutz. Nicht zufällig startet Roche die Datenoffensive in den USA, wo die Gesetze laxer sind. In Europa und der Schweiz ist Digitalisierung der Medizin weit weniger fortschritten.

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