Robuster Schweizer Arbeitsmarkt
Trotzdem gibt es mehr Langzeitarbeitslose und Ausgesteuerte

Der Schweizer Arbeitsmarkt bleibt in guter Verfassung. Im Juli ist die Zahl der Arbeitslosen zwar etwas angestiegen, die Arbeitslosenquote verblieb aber unter der Zwei-Prozent-Marke. Eine Trendwende gab es hingegen bei den Ausgesteuerten und Langzeitarbeitslosen.
Publiziert: 07.08.2023 um 15:23 Uhr
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Rolf KromerRedaktor Wirtschaft

Die neusten Arbeitsmarktdaten zeigen: Die Arbeitslosenzahlen sind weiterhin sehr erfreulich! Nur 1,9 Prozent der Erwerbstätigen sind arbeitslos. Dennoch trübt sich die Lage etwas ein. Im Juli waren 87'601 Menschen in der Schweiz arbeitslos gemeldet. Das sind 2502 mehr als im Juni. «Die abkühlende Konjunktur beginnt sich allmählich auf den Arbeitsmarkt zu übertragen», sagt Boris Zürcher (59). Er leitet die Direktion Arbeit beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).

Arbeitslose und Fachkräftemangel: Ein Widerspruch?

Die Unternehmen meldeten dem Bundesamt für Statistik im 1. Quartal 2023 insgesamt 126'600 offene Stellen. Hätte es da nicht genügend Stellen für alle Arbeitslosen? Boris Zürcher begründet dies mit sogenannten Mismatchs: «Ein Schreiner aus Zürich wird sich nicht auf eine Schreinerstelle im Wallis bewerben.» Auch werde sich niemand auf eine 100-Prozent-Stelle bewerben, der nur 60 Stellenprozente sucht. Zudem gebe es bei vielen Jobs Voraussetzungen, die nicht jeder Stellensuchende erfülle. «Der Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel ist nach wie vor ausgeprägt», sagt Zürcher weiter.

Viele Ausgesteuerte

Bemerkenswert ist der Anstieg der Ausgesteuerten – der Menschen also, die kein Anrecht mehr auf Arbeitslosengeld haben. Sie werden, wenn nötig, von der Sozialhilfe unterstützt. Allerdings unter Auflagen, weshalb dies für die Betroffenen ein grosser Einschnitt ist. Hauseigentümer etwa müssen in der Regel ihre Liegenschaft verkaufen. In den Monaten Januar bis April 2023 wurden schweizweit jeweils rund 2000 Arbeitslose ausgesteuert. Im Mai – der aktuellsten Zahl – waren es mit 4063 Personen doppelt so viele. Seco-Direktor Zürcher sagt: «Das sind noch Corona-Restanzen. Während der Corona-Zeit haben wir die Taggeldbezugsdauer ausgeweitet.» In den Monaten vor diesem Anstieg habe es unterdurchschnittlich viele Aussteuerungen gegeben. Boris Zürcher geht davon aus, dass dies der letzte Ausreisser war und sich die Zahlen danach wieder reduzieren.

Boris Zürcher (59), Leiter der Direktion für Arbeit beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), ist zuversichtlich, dass die Arbeitslosigkeit weiterhin tief bleibt.
Foto: keystone-sda.ch
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Trendwende bei Langzeitarbeitslosen

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist in den vergangenen Monaten stetig gesunken: Die gute Beschäftigungssituation führte dazu, dass immer weniger Personen mehr als ein Jahr arbeitslos gemeldet waren. Jetzt kommt es zur Trendwende. Direktor Zürcher: «Im Juli stagniert die Zahl der Langzeitarbeitslosen erstmals.» Im Juli gab es schweizweit 11'038 Langzeitarbeitslose, im Juni waren es zehn weniger. Auch hier spielte die verlängerte Taggeldbezugsdauer während Corona noch eine Rolle.

Alles in allem resümiert Zürcher: «Im Prinzip sind die Zahlen immer noch sehr gut.» Er rechnet im laufenden Jahr weiterhin mit einer Arbeitslosigkeit von rund zwei Prozent, denn er sehe keine drastische Veränderung am Schweizer Arbeitsmarkt.

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