Richemond, Royal Savoy und Co
Darum kaufen die Golfstaaten Schweizer Luxushotels auf

Im Februar kaufte die Jumeirah-Gruppe aus Dubai das Genfer Hotel Richemond. Bereits davor hatte ein katarischer Fonds den Schweizerhof und das Royal Savoy übernommen. Hinter den Käufen liegt die Diversifizierungsstrategie der Golfstaaten.
Publiziert: 19.08.2023 um 09:54 Uhr
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Aktualisiert: 20.08.2023 um 12:10 Uhr
Laurie Chappatte

Das Genfer Luxushotel Richemond war ein prominentes Opfer der Covid-19-Pandemie. Nach 140 Jahren wurde der Betrieb Ende August 2020 eingestellt. Dann das Comeback: Im Februar 2023 kauft die Hotelgruppe Jumeirah aus Dubai das Hotel für 114 Millionen Franken. Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten soll dieses ab 2025 wieder Gäste empfangen.

Hasni Abidi, Lehrbeauftragter am Global Studies Institute der Universität Genf, interpretiert den Kauf so: «Die Vereinigten Arabischen Emirate testen, ob sich solche Investitionen in der Schweiz lohnen. Ist dies der Fall, haben sie die Mittel und den Willen, mehr zu investieren.» Die Vereinigten Arabischen Emirate haben über die Dubai Holding – ihren Staatsfonds mit einem geschätzten Wert von über 35 Milliarden, zu dem die Jumeirah-Gruppe gehört – bereits mehrere Hotelpaläste in Europa übernommen: darunter das Carlton Tower Jumeirah in London oder das Jumeirah Port Soller Hotel & Spa auf Mallorca.

Der Kauf des Richemond ist aber nicht die erste Hotelinvestition eines Golfstaats in der Schweiz. Die Katara Hospitality – eine Tochtergesellschaft des Staatsfonds von Katar – hat in der Schweiz bereits 2007 den Bürgenstock am Vierwaldstättersee, 2009 das Royal Savoy in Lausanne und 2013 den Schweizerhof in Bern erworben.

Das Genfer Nobelhotel Richemond wurde, wie weitere Schweizer Top-Adressen, von Gruppen aus dem Nahen Osten aufgekauft.
Foto: Keystone
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Eine wirtschaftliche und politische Strategie

Die Käufe folgen stets einer gleichen Strategie der Golfstaaten: ihre Investitionen zu diversifizieren, um sich auf die Zeit nach dem Erdöl vorzubereiten. Dazu Hasni Abidi: «Sie antizipieren die finanziellen Verluste, die durch den Rückgang der Nutzung fossiler Energien verursacht werden.»

Bei dieser Diversifizierung setzen die Golfstaaten besonders gerne auf Luxusgebäude mit einer interessanten geografischen Lage und einem historischen, wirtschaftlichen und finanziellen Wert. Dazu Yvan Schmidt, Immobilienökonom und Direktor der Firma YS Advisory: «Schweizer Hotelpaläste sind interessant, weil es sich um Prestigeobjekte handelt.» Der helvetische Markt sei zudem aufgrund seiner wirtschaftlichen und politischen Stabilität interessant, was diese Anlagen sicher mache.

Dazu komme aber noch politisches Kalkül, wie Hasni Abidi versichert: «Wer in der Schweiz Tophotels kauft, verschafft sich Sichtbarkeit im Ausland, positioniert sich gegenüber den politischen und wirtschaftlichen Behörden im Westen als bevorzugter Ansprechpartner und verbessert sein Image als solider und zuverlässiger Investor.»

Abwanderung von Schweizer Investoren

«Ausländer sind bereit, sehr viel zu zahlen, und sie haben weniger hohe Renditeziele als Schweizer Investoren», führt Yvan Schmidt aus.

Ob es sich um in- oder ausländische Investoren handelt, ist laut Vinzenz van der Berg, Leiter Unternehmenskommunikation bei HotellerieSuisse, letztlich zweitrangig: «Wichtig für die Schweizer Tourismuslandschaft ist, dass weiterhin Investitionen getätigt werden.»

Kurzfristige Einkäufe?

Im April 2023 lancierte das Portal Inside Paradeplatz das Gerücht, dass die drei Schweizer Hotels von Katara Hospitality zum Verkauf stehen würden. Die katarische Hotelgruppe dementierte dies gegenüber Blick. Die Frage bleibt jedoch: Sind die von den Golfstaaten erworbenen Schweizer Paläste dazu bestimmt, in deren Besitz zu bleiben?

Hasni Abidi betont: «Die Golfstaaten sind keine Wohltätigkeitsunternehmen, welche die Kultur oder die Geschichte schützen wollen, sondern sie sind von Marktlogik getrieben.» Die Kosten für die Erhaltung der Schweizer Paläste sind indes sehr hoch. Ob sich die bei der Renovierung getätigten Investitionen jemals rentieren? Schmidt fügt an, dass die letzten Monate Unsicherheit für ausländische Investitionen mit sich brachten: «Die Entscheidung des Bundesrates, die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS zu genehmigen, wurde teils als rechtliche Instabilität interpretiert – viele fürchten, dass ausländische Investoren der Schweiz nun weniger vertrauen.»

Das muss aber nichts heissen. Die Golfstaaten gehören zu den Profiteuren der Inflation in westlichen Ländern. Seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges haben sie dank des Anstiegs der Öl- und Gaspreise sehr hohe Gewinne erzielt.

Übersetzter Artikel von Blick Romandie in Zusammenarbeit mit Large Network

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