8000 Milliarden Corona-Staatshilfe
So viel riskieren die Länder weltweit

Überall auf der Welt aktivieren die Regierungen gigantische Wirtschaftshilfen. Länder wie Italien und die USA riskieren dabei alles – China, Japan und die Schweiz praktisch nichts.
Publiziert: 12.04.2020 um 00:02 Uhr
|
Aktualisiert: 12.04.2020 um 12:44 Uhr
Von Asien bis Amerika eilen die Regierungen der Wirtschaft zu Hilfe – mit gigantischen Summen. Insgesamt 8000 Milliarden Dollar sind es weltweit. Mehr als einen Viertel davon geben die USA unter Präsident Donald Trump aus: 2300 Milliarden.
Foto: AFP
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Danny Schlumpf

Weltweit legt das Corona­virus Volkswirtschaften lahm. Abertausende Firmen stehen vor dem Bankrott, Millionen Menschen fürchten um ihre Arbeitsplätze. «Es ist der perfekte Sturm», sagt Adriel Jost (34), Chefökonom des Beratungsunternehmens Wellershoff & Partners.

Überall haben Regierungen deshalb nun das Ruder an sich gerissen. Von Asien bis Amerika eilen sie der Wirtschaft zu Hilfe – mit gigantischen Summen. Insgesamt sind es 8000 Milliarden Dollar. Mehr als ­ein Viertel davon geben allein die USA aus: 2300 Milliarden.

Schweiz im Vergleich bescheiden

Im Vergleich dazu wirken die 60 Milliarden Franken Nothilfe der Schweiz bescheiden – doch nur auf den ersten Blick. Setzt man die Zahlen ins Verhältnis zur Wirtschaftsleistung, zeigt sich: Das ­Paket des Bundesrats entspricht 8,5 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts (BIP), das der Amerikaner macht elf Prozent ihrer jährlichen Wirtschaftsleistung aus. Die beiden Länder bewegen sich also auf vergleichbarem Niveau – international gesehen lediglich im unteren Mittelfeld.

Spitzenreiter ist Italien, der europäische Hotspot der Corona-Krise. 750 Milliarden Euro hat Ministerpräsident Giuseppe Conte (55) seinen Landsleuten versprochen – 41 Prozent des BIP. Und das bei ­einer Staatsschuldenquote von 137 Prozent, einer der weltweit höchsten. Da wirken sogar die 1200 Milliarden Euro, die Deutschland bereitstellt, gleich etwas ­moderater – sie entsprechen 35 Prozent der Wirtschaftsleistung, bei einer mit knapp 60 Prozent ­erheblich tieferen Schuldenquote.

«Bei Zahlen aus ­China ist Vorsicht geboten»

Ein Blick nach Osten überrascht: China, Japan und Südkorea leisten Wirtschaftshilfen im Bereich von ­lediglich einem Prozent ihrer jährlichen Wirtschaftsleistung. Zwar liessen Südkorea und Japan auch in der Krise das wirtschaftliche Leben weiterlaufen. China aber schickte ganze Metropolen in den Shutdown.

Allerdings: «Bei Zahlen aus ­China ist Vorsicht geboten», sagt Christoph A. Schalt­egger (48), Professor für Politische Ökonomie an der Uni Luzern. «China ist jedoch auch differenziert vorgegangen und hat nur die besonders stark betroffenen Regionen abgeschottet. Die Regierung ist damit gezielt nach Betroffenheit vorgegangen und hat die Produktion in anderen Regionen offen gehalten.»

Wofür setzen Staaten ihre Hilfsgelder ein? Die grössten Beträge reservieren sie für Kurzarbeit und staatliche Kreditgarantien. Nur wenige greifen zu Direktzahlungen. «Ordnungspolitisch sind Kredite am sinnvollsten», findet Wellershoff-Chefökonom Jost. «Transfers bieten keine Anreize und ermöglichen keine Kontrollen.»

Helikoptergeld ist absolut ineffizient

Mit den USA und Hongkong setzen bislang erst zwei Staaten auf direkte Zuschüsse an private Haushalte. «Helikoptergeld stärkt zwar die Kaufkraft der Leute», sagt der Luzerner Ökonomieprofessor Schaltegger, «es ist aber absolut ineffizient. Denn vom ­Arbeitslosen bis zum Krisen­gewinner profitieren ja alle gleichermassen.»

Unterschiede zeigen sich nicht nur zwischen Staaten, sondern auch zwischen den Systemen. Westeuropäische soziale Marktwirtschaften verfügen über ausgebaute Arbeitslosenversicherungen und kennen Kurzarbeit – im Gegensatz zu den USA, wo die Zahl der Arbeitslosen seit Wochen ungebremst in die Höhe schiesst.

Ist die soziale Marktwirtschaft dem angelsächsischen System überlegen? Chefökonom Jost relativiert: «Die soziale Marktwirtschaft ist strukturerhaltender und ermöglicht damit auch unproduktiven Firmen das Überleben. In den USA ist man nicht nur schneller entlassen, sondern auch schneller wieder angestellt.»

Schweiz kann die Schulden problemlos finanzieren

In den Augen von Professor Schaltegger ist ohnehin nicht die Wirtschaftsform massgebend, sondern die politische Organisation: «Jetzt zeigen sich die Vorteile des Föderalismus. Er erlaubt stärkeres Denken in Verhältnismässigkeit und lokalen Problemlagen.» Länder wie die Schweiz, Deutschland, Kanada und die USA seien deshalb bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise im Vorteil.

Doch auch für diese Staaten sind derart gigantische Rettungsprogramme nicht leicht zu stemmen. «Allein die USA werden dieses Jahr eine Neuverschuldung von 20 bis 25 Prozent haben», sagt Jost. Ita­lien versinkt förmlich in Verbindlichkeiten. Anders die Schweiz: Mit knapp 14 Prozent hat sie eine sehr tiefe Schuldenquote.

«Nun wird der Wert der Schuldenbremse deutlich», sagt Schalt­egger. «Die Schweiz hat Glaubwürdigkeit auf dem internationalen Kapitalmarkt und kann die Schulden problemlos finanzieren.» Auch Wellershoff-Mann Jost ist überzeugt: «Wir können uns das leisten. Aber es ist trotzdem heftig, wenn man bedenkt, dass wir diese Milliarden als Steuern zurückzahlen müssen.»

Revival des Nationalstaats

Überall in der Welt spannen die Staaten ihre Rettungsschirme auf – aber jeder tut es für sich. «Internationale Kooperation greift nicht», sagt Schaltegger. «Die EU versucht zwar händeringend, relevant zu werden, aber sie ist es nicht.» ­Symptomatisch sind die Reibereien um das vergleichsweise bescheidene Hilfspaket, das die europäischen Finanzminister am Donnerstag präsentierten. Die 540 Milliarden Euro entsprechen vier Prozent des BIP der 27 Mitgliedstaaten. Schalt­egger: «Wir erleben ein Revival des Nationalstaats.»

Adriel Jost formuliert es so: «In der Krise ist sich jeder selbst der Nächste – und jeder hat jetzt auch genug zu tun.»

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Schutz gegen Coronavirus

Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit, wie Sie sich selbst schützen können:

Hygienemassnahmen

  • Hände regelmässig mit Wasser und Seife waschen und/oder Desinfektionsmittel nutzen.
  • Nicht in Hände niesen oder husten, sondern Taschentuch oder Armbeuge nutzen. Taschentücher anschliessend sofort korrekt in geschlossenem Abfalleimer entsorgen.
  • Bei Fieber und Husten zwingend zu Hause bleiben.

Kontakt minimieren

  • Zu Hause blieben und Kontakte mit Personen möglichst minimieren. Nur in Ausnahmesituationen aus dem Haus gehen: Lebensmittel einkaufen / Arzt- oder Apothekenbesuch / Homeoffice ist für Ihre Arbeit nicht möglich / Sie müssen anderen Menschen helfen. Kontakt mit Personen vermeiden, die Atembeschwerden oder Husten haben.
  • Wichtig: Keine Begrüssungsküsschen, keine Umarmungen, kein Händeschütteln.
  • 2 Meter Abstand zu Mitmenschen halten, beispielsweise beim Anstehen oder bei Sitzungen.
  • Öffentliche Verkehrsmittel meiden und Lieferdienste nutzen.
  • Bei Symptomen (Atembeschwerden, Husten oder Fieber) nicht in die Öffentlichkeit gehen und umgehend – unbedingt zuerst telefonisch – eine Ärztin, einen Arzt oder eine Gesundheitseinrichtung kontaktieren.

Informiert bleiben

  • An die Regeln und Ansagen der Behörden halten. Infoline Coronavirus: 058 463 00 00, Info-Seite des BAG: bag-coronavirus.ch

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