Raum wird knapp
Die Schweiz steuert auf eine Wohnungsnot zu

Die Bautätigkeit in der Schweiz nimmt ab. Die Einwanderung bleibt aber hoch und die Leerstände sinken rasant. Dadurch wird Wohnraum in der Schweiz immer knapper. Das dürfte dramatische Folgen haben.
Publiziert: 10.11.2022 um 11:02 Uhr
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Aktualisiert: 10.11.2022 um 11:51 Uhr
Patrik Berger

Raiffeisen Schweiz wählt in ihrer heute veröffentlichten Immobilienstudie dramatische Worte! «Die Schweiz steuert unaufhaltsam auf eine Wohnungsnot zu», heisst es. Und: Mieterinnen und Mietern stehen harte Zeiten bevor.» Das ist ungewöhnlich deutlich für eine Bank. Die Schweiz sei mit «Vollgas» in Richtung Wohnungsnot unterwegs.

Was sind die Gründe für diese pessimistische Einschätzung? Zum einen sind da die hohen Preise für Bauland. Zum anderen drücken die rigiden Vorschriften und die zahlreichen Einsprachen auf die Bautätigkeit. Das höhere Zinsniveau und die Teuerung auf dem Bau mindern die Anreize laut der Studie zusätzlich. Zudem beanspruche die Bevölkerung immer mehr Wohnraum. Dies benötige mehr Wohnungen, als derzeit auf den Markt kommen. Zudem würden der starke Fachkräftemangel und der Ukraine-Krieg die starke Zuwanderung zusätzlich befeuern.

Bautätigkeit nimmt ab

Ein kurzer Rückblick: Bis vor zwei Jahren stiegen die Leerstände stark. Dann aber nahm die Bautätigkeit ab und die Leerstandsquote begann zu sinken. Seit Jahresanfang ist die Leerwohnungsziffer schweizweit nun auf 1,31 von 1,54 Prozent gefallen. In vielen regionalen Mietwohnungsmärkten herrsche schon Wohnungsknappheit. In einigen gar Wohnungsnot, schreibt Raiffeisen. Die Kantone Genf, Zürich und Zug wiesen bei Mietwohnungen Leerstandquoten von deutlich unter einem Prozent auf. Bis 2024 dürfte die Ziffer auch schweizweit unter die 1-Prozent-Marke sinken.

Mietwohnungen in der Schweiz werden knapp.
Foto: Philippe Rossier
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Damit dürften neben den Eigenheimpreisen auch die Mieten steigen. «Wer umzieht, wird damit schon bald mit deutlich höheren Anfangsmieten konfrontiert werden», sagt Raiffeisen-Chef-Ökonom Martin Neff (62). Aber auch die Bestandesmieten dürften in absehbarer Zeit spürbar steigen. Denn im ersten Quartal 2023 dürfte der hypothekarische Referenzzinssatzes erstmals um 0,25 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent erhöht werden.

Bis zu 10 Prozent höhere Mieten

Die Folge: Mieten, die auf dem jetzigen Referenzzinsniveau basieren, könnten vom Vermieter um rund drei Prozent erhöht werden. Hinzu würden der gesetzlich erlaubte Teuerungsausgleich und die allgemeinen Kostensteigerungen kommen. So drohen einigen Bestandsmietern bis ins Jahr 2024 saftige Mietzinserhöhungen um bis zu zehn Prozent. Das schenkt so richtig ein!

Immerhin: Es gibt laut der Studie mittlerweile auch Entspannungszeichen am Eigenheimmarkt. Die Zahl der aktiven Suchabos für Wohneigentum auf Onlineportalen sei gegenüber dem Vorquartal um rund sechs Prozent gesunken und die Verkäufer schienen kompromissbereiter. Die Angebotspreise für Einfamilienhäuser seien im dritten Quartal erstmals seit langem leicht gesunken. Dies sei ein Zeichen einer schwächeren Preisdynamik. Der Preistrend dürfte aber auch künftig nach oben zeigen. Denn: «Wohneigentum bleibt in der Schweiz weiterhin sehr knapp», sagt Neff.

Immobilienfonds im Tief

Am Markt für Renditeliegenschaften sind laut der Raiffeisen-Studie dunklere Wolken aufgezogen. Vieles spreche für einen klaren Nachfragerückgang bei Anlageobjekten. Durch die gestiegenen Finanzierungskosten lohnen sich viele fremdfinanzierte Investitionen nicht mehr. Auch bei institutionellen Anleger müsse mit grosser Zurückhaltung gerechnet werden. Festverzinsliche Wertpapiere seien wieder eine Alternative. Damit könnten die Transaktionspreise und damit auch die Bewertungen in den Immobilienportfolios unter Druck kommen. Börsengehandelte Immobilienfonds haben bereits drastisch korrigiert.

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