Preise haben schon angezogen
Die Schweiz steckt in der Rüebli-Krise!

Schweizerinnen und Schweizer mögen es, wenn ein Schweizerkreuz die Lebensmittel im Einkaufskörbchen ziert. Beim Gemüse müssen sie aber schon bald darauf verzichten.
Publiziert: 15.01.2022 um 18:03 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2022 um 10:29 Uhr
Fabio Giger

Wer heute in die Migros geht, könnte meinen, die Schweiz müsse ihre Rüebli loswerden. Das Aktionsangebot: Ein Kilo Schweizer Rüebli für einen Franken.

Die Realität aber sieht weit ungemütlicher aus: Der Schweiz geht das Gemüse aus! Die Lagerbestände von Schweizer Rüebli, Zwiebeln und Knollensellerie sind 30 Prozent tiefer als im Dreijahresvergleich. Laut den Zahlen des Verbands der Schweizer Gemüseproduzenten fehlt bei Randen und rotem Kabis sogar mehr als die Hälfte im Gegensatz zu Normaljahren!

Im April sind Schweizer Rüebli alle

Die Lagerbestände reichen bei Weitem nicht bis zur nächsten Ernte. «Mitte April haben wir voraussichtlich keine Schweizer Rüebli mehr», prognostiziert Alexander Zogg (45). Er führt das Geschäft der Gemüseanbauorganisation Müller Azmoos AG. Sein Unternehmen vertreibt das Gemüse von 120 Ostschweizer Produzenten.

Gutes Wetter für den Rüebli-Anbau? Fehlanzeige!
Foto: pixabay
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Die ersten Schweizer Rüebli der neuen Ernte können die Bauen erst Anfang Juni aus dem Boden holen. Die Wochen dazwischen muss die Schweiz importieren – wohl aus Italien oder Spanien. Das muss die Schweiz fast jedes Jahr, während zwei bis drei Wochen im Mai. Dieses Jahr werden aber während anderthalb Monaten nur ausländische Rüebli auf Schweizer Tellern liegen.

Noch früher gehen voraussichtlich die Zwiebeln aus. Zogg rechnet damit, dass Ende März Schluss ist mit Schweizer Zwiebeln.

Der schlechte Sommer holt uns ein

Weshalb ist das beliebte Schweizer Gemüse so rar? «Der Grund ist das Wetter im vergangenen Frühjahr und Sommer», weiss Alexander Zogg. Der Frühling 2021 war kalt und nass. Im Juni hagelte es mehrmals kräftig. Und im Juli standen hunderte Hektare Boden wegen Dauerregen unter Wasser.

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«Die Mengen der Rüebliernte waren deshalb das ganze Jahr über bescheiden», so Zogg. Die frühreifen Rüebli wuchsen nur mässig. Die Lagersorten konnten wegen der nassen Böden erst sehr spät gesät werden. Somit konnten die Rüebli weniger lange wachsen.

Wenigstens die Preise stimmen

Noch schlimmer stand es um die Zwiebelernte. In Teilen der Schweiz meldeten Bauern Totalausfälle. «Zwiebeln sind sehr anfällig auf Nässe und Hagel», erklärt Zogg. «Im Sommer traf in grossen Teilen der Schweiz also eigentlich alles ein, was die Zwiebel nicht mag.»

Finanziell standen etliche Bauern im Regen. Der Schaden war immens. Immerhin: Mit der Ernte, die sie einfahren konnten, erzielten die Bäuerinnen relativ gute Preise: «Das Preisniveau war in den vergangenen Monaten sehr gut», berichtet Zogg. Zumindest bei den Rüebli habe der Markt mit Angebot und Nachfrage gut funktioniert. Zumal auch der Absatz im Detailhandel nach Angaben von Branchenkennern zwischen 5 und 15 Prozent gestiegen ist.

Coop gibt sich gelassen

Ihr Gefühl trügt nicht: Laut Daten des Bundesamts für Landwirtschaft lag der Kilopreis für Rüebli im Ladenregal 2021 bis zu 30 Rappen höher als in den Vorjahren. Ein Preisaufschlag von rund 30 Prozent! Bei den Zwiebeln waren es zwischenzeitlich über 20 Rappen mehr aufs Kilo.

Laut Coop ist eine weitere Preiserhöhung für Schweizer Rüebli und Zwiebeln kein Thema. Auch über Importkontingente macht sich Coop nach Anfragen von Blick noch keine Gedanken.

Migros verteidigt Aktion

Anders die Migros: Der orange Riese rechnet damit, dass Schweizer Zwiebeln nur noch bis im März und Schweizer Karotten bis im April verfügbar sein werden. Bis neue, einheimische Ware geerntet werden kann, greife man auf Importe zurück.

Bleibt noch die Frage wegen der Rüebli-Aktion trotz leerem Gemüselager. Migros verteidigt sich: «Aktionen gehören zu einem attraktiven Angebot im Supermarkt dazu». Für die Gesundheit sei gerade im Winter die Versorgung mit Vitaminen wichtig. Zudem habe die Aktion keinen Einfluss auf die Verfügbarkeit der Rüebli. Zu möglichen Preiserhöhungen macht die Migros keine Angaben.

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