Pharma-Multis wehren sich gegen politischen Druck
Sorge um Image der Corona-Impfstoffe

Beim Wettlauf um den ersten Corona-Impfstoff weckt Donald Trump die Hoffnung, dass erste Impfungen bereits auf die US-Wahl hin erfolgen könnten. Pharmafirmen reagieren nun mit einer Sicherheitsverpflichtung auf Ängste, sie würden unter Erfolgsdruck Risiken eingehen.
Publiziert: 06.09.2020 um 18:52 Uhr
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Aktualisiert: 01.02.2021 um 20:33 Uhr
Claudia Gnehm

Die Russen impfen mit ihrem Corona-Impfstoff Sputnik V bereits diesen Monat im grossen Stil. Er wurde als weltweit erster Impfstoff für eine breite Anwendung in der Bevölkerung zugelassen – ohne dass die wichtige dritte Testphase abgeschlossen war. Auch in den USA muss es schnell gehen. Die CDC-Behörde des US-Gesundheitsministeriums wies die 50 Bundesstaaten letzte Woche an, sich per 1. November auf die Verteilung des Corona-Impfstoffs im Gesundheitswesen und bei Hochrisikogruppen vorzubereiten.

Gleichzeitig nehmen die Befürchtungen zu, dass der politische Druck vor der Präsidentenwahl in den USA am 3. November steigen und dies zulasten der Impfstoff-Sicherheit gehen könnte. Ein grosser Anteil der Amerikaner, die das Impfen eigentlich unterstützten, seien besorgt, dass die Regierung von Donald Trump (74) grünes Licht geben könnte, bevor die Sicherheit der Impfung belegt ist, wie das «Wall Street Journal» schreibt.

Trumps Lieblingskandidaten sichern sich ab

Die Bedenken sind den Pharmaherstellern nicht entgangen. Führende Corona-Impfstoff-Entwickler hätten deshalb eine gemeinsame öffentliche Verpflichtung zu hohen Sicherheitsstandards bei Corona-Impfstoffen vereinbart, die nächste Woche veröffentlicht werde, so das «Wall Street Journal» am Wochenende.

Präsident Donald Trump will, dass die Corona-Impfungen vor den US-Wahlen am 3. November starten. Der Leiter von Trumps Impstoff-Offensive, Moncef Slaoui (r.), wehrt sich gegen eine überhastete Zulassung.
Foto: AFP
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Unter den Konzernen befänden sich Pfizer, Johnson & Johnson sowie Moderna. Der Moderna-Impfstoff wird vom Pharmazulieferer Lonza im Wallis hergestellt. Johnson & Johnson hat seinen ersten Impfstoff für die klinische Testphase am Standort Bern-Bümpliz hergestellt. Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass es genau diese drei Impfstoffhersteller sind, die Trump letzte Woche als die drei Kandidaten lobte, die die letzte Testphase bald abschliessen werden.

Chef der US-Impfstoff-Operation wehrt sich gegen Politikdruck

Pikant: Der ehemalige Lonza-Verwaltungsrat Moncef Slaoui (61), der seit Mai Trumps Impfstoff-Offensive «Operation Warp Speed» leitet, machte darauf klar, dass er zurücktreten werde, wenn die Trump-Regierung den Impfstoff verfrüht unter Noteinsatz zulasse und er nicht dahinter stehen könne. Slaoui hält es zudem für unwahrscheinlich, dass die klinischen Tests bis Ende Oktober abgeschlossen sind, wie er dem amerikanischen National Public Radio sagte.

Das Rennen um den ersten Corona-Impfstoff erinnert mittlerweile an den Wettlauf ins All, wie die «New York Times» schreibt. US-amerikanische, britische und kanadische Nachrichtendienste vermeldeten eine Zunahme der Spionageversuche aus Russland, China und Iran. Die Nachrichtendienste der Konkurrenzländer versuchten auf allen Wegen, Informationen über die Impfstoffentwicklung zu stehlen.

Weiteres Wettrennen um Versorgung

Im gleichzeitigen Wettrennen um die Sicherung von Impfstoff gegen Covid-19 für die Versorgung der Bevölkerung macht man sich in Europa zunehmend Sorgen. Europa hinke den USA und Grossbritannien deutlich hinterher, schreibt die deutsche «Welt». So habe die EU-Kommission bisher erst einen Vertrag mit dem britisch-schwedischen Konzern Astra Zeneca über 300 Millionen Dosen Impfstoff abgeschlossen, mit der Option auf weitere 100 Millionen.

Die USA hingegen hätten sich mit Vorabverträgen 800 Millionen Dosen von sechs verschiedenen Herstellern gesichert, mit einer Option auf weitere 1,4 Milliarden für später. Die Briten hätten ihrerseits bereits Verträge mit sechs Herstellern über 340 Millionen Dosen Impfstoff unter Dach.

Die Schweiz hat einen Kaufvertrag mit dem US-Unternehmen Mo­derna für die Lieferung von 4,5 Millionen Dosen abgeschlossen. Der Bund lotet zudem Alternativen aus.

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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