Oranger Riese wird «immer mehr wie Coop», sagt der Experte
Jetzt räumt Migros bei den Eigen-Marken auf

Die Eigenmarken aus der Migros-Industrie gehören zur DNA des Dutti-Konzerns. Jetzt krempelt der orange Riese das Eigensortiment um. Blick hat die Details und das sagt ein Experte dazu.
Publiziert: 12.05.2023 um 17:07 Uhr
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Aktualisiert: 12.05.2023 um 19:26 Uhr
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Bei der Migros ist einiges im Umbruch. Der neue Chef, Mario Irminger (57), sitzt seit Anfang Mai an den Schalthebeln. Ein erster Richtungsentscheid ist gemacht: Das Kerngeschäft mit den rund 600 Migros-Filialen soll unter das Dach einer Supermarkt AG mit eigenem Chef kommen. Die zehn Regionalfürsten, aber auch der Migros-Genossenschafts-Bund (MGB) müssen Macht abgeben. Abgeben ist auch ein Stichwort bei der Sortimentsgestaltung.

Von Pfannen bis Unterhosen - vieles wird neu. Diese Ankündigung machte die Migros in ihrem hauseigenen Magazin. «Dieses Sortiment wird in diesem Jahr komplett umgekrempelt», heisst es weiter. Wo nötig, habe man einzelne Produkte oder gar ganze Sortimente verändert. Als Beispiel nennt die Migros Ordner, die immer weniger benötigt werden. Die Umstellung bezieht sich auf Eigenmarken, nicht auf bekannte, internationale Brands. Sie ist in einigen Genossenschaften bereits angelaufen. «Ende September werden alle Filialen in der Schweiz umgestellt sein», so die Migros.

Deren Sprecher Marcel Schlatter hält gegenüber Blick fest, dass sich an den Lebensmittelmarken aktuell nichts ändert. Bei den Eigenmarken im Bereich Near-Food (Zahnpasta, Putzmittel) und Non-Food (Pfannen, Unterwäsche) gebe es eine neue Gliederung.

Reputationsexperte Bernhard Bauhofer fürchtet, dass die Migros mit den jüngsten Entscheidungen etwas von ihrer Identität einbüsst.
Foto: Radoslav Jovicic
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Konkret werden die drei Unterwäsche-Marken Nick Tyler, Ellen Amber und John Adams neu unter der Migros-Eigenmarke «Migros Essentials» geführt. Die Artikel von Cucina & Tavola bietet Migros neu unter der Eigenmarke «Migros Kitchen & Co» an. Sprich: Es handelt sich immer noch um Eigenmarken, die Bestandteil des Angebots sind, doch werden sie unter einem neuen Brand vertrieben. «Mit der Umstellung bieten wir eine bessere Orientierung, auch im Laden», so Schlatter.

Was ist Eigenmarke, was nicht?

Wer sich auf der Migros-Website die Marken und Labels anschaut, erfährt nicht, was eine Eigenmarke ist und was nicht. Ähnlich verhält es sich im Laden. Das soll sich ändern. Schlatter versichert, dass das Migros-Angebot immer noch zu 80 Prozent aus Eigenmarken besteht. 190 davon zählt die Migros, in Produkten gezählt. In Marken gezählt werden es aber immer weniger. Weil die Marke teils schlicht irrelevant war. Im Zuge einer Modernisierung des Sortiments verschwinden wenig bekannte Marken nun zugunsten des viel bekannteren Oberbegriffs «Migros». Das ist wohl kein einmaliger Prozess. Klar ist aber auch: Ikonen wie das Handy-Spülmittel oder die Farmer-Riegel taste die Migros nicht an.

Geht die DNA verloren?

Reputationsexperte Bernhard Bauhofer (60) hat Verständnis für die Bereinigung bei den Migros-Marken, da die Bewirtschaftung vieler einzelner Marken aufwändig ist und die Dachmarke Migros nicht stärke. Zudem sei das Eigenmarkenportolfio der Migros über die Jahre wild gewachsen.

Für Bauhofer stellen sich nun Fragen zum Image der Migros: «Die Eigenmarken waren lange Zeit die DNA der Migros, doch dieses Alleinstellungsmerkmal geht immer mehr verloren.» Mit der Integration externer Marken und einer fortschreitenden Vereinheitlichung im Sortiment werde die Migros austauschbar oder «immer mehr wie Coop», führt Bauhofer aus.

Er sieht in der «Verschrobenheit» und der «Individualität» der Migros eine wesentliche Stärke. Wenn immer mehr kleine Eigenmarken zugunsten einer stärkeren Zentralmarke Migros verloren gehen, schwinde auch die Individualität der Migros. Bauhofer versteht aber auch, dass der MGB gefangen ist im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne: «Da ist es schwierig, neue Wege beim Sortiment und bei der Organisation zu gehen.»

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