«Jeder soll mit dem Privatjet reisen können»
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Privatjet-Chef aus Sarnen NW:«Jeder soll mit dem Privatjet reisen können»

Niclas Seitz gründete mitten in der Pandemie eine Aviatik-Firma in Sarnen
«Jeder soll mit dem Privatjet reisen können»

Mitten in der Pandemie hat Niclas Seitz (34) in Sarnen eine Privatjet-Firma gegründet. Die Idee kam ihm in der Badewanne, wie der CEO von Travelcoup Deluxe im Interview erzählt. So will er mit Freizeitflügen durchstarten.
Publiziert: 22.06.2021 um 06:50 Uhr
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Aktualisiert: 22.06.2021 um 11:42 Uhr
Interview: Nicola Imfeld

Die Linienflieger brauchen wegen Corona einen langen Schnauf. Wegen der Corona-Pandemie können viele auch in den nächsten Jahren noch nicht richtig durchstarten. Doch es gibt einen heimlichen Gewinner in der Aviatikbranche: die Privatjetindustrie. Diese hat sich bereits vom Corona-Schock erholt, wie eine Auswertung der Datenforscher von Wingx zeigt, die Blick exklusiv vorliegt.

Die Tendenz zeigt bei den Luxus-Fliegern in diesem Jahr klar in eine Richtung: nach oben. Ferienflüge mit dem Privatjet entwickeln sich zu einem Trend, die Geschäftsflieger kehren langsam zurück, die Preise sinken. Das Fliegen im Privatjet wird immer günstiger, weil auch immer mehr neue Anbieter auf den Markt kommen.

Einer davon ist die Schweizer Firma Travelcoup Deluxe mit Sitz in Sarnen OW. Niclas Seitz (34) gründete diese im Corona-Sommer 2020. Die Firma setzt auf Pauschalreisen mit dem Privatjet an beliebte Feriendestinationen. Hin- und Rückflug nach Mallorca kosten inklusive dreier Übernachtungen im Fünfsternehotel nur gerade 2500 Franken, sagt CEO Seitz.

Privatjet-Anbieter wie Niclas Seitz wollen an der Pandemie verdienen. Der Industrie gehts bedeutend besser als den Airlines.
Foto: Zvg
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Blick: Herr Seitz, Ihr Angebot ist im Vergleich zur Konkurrenz um ein Vielfaches günstiger. Wie machen Sie das?
Niclas Seitz: Mit einem neuen Modell. Wir bieten Linienflüge im Privatjet an. Dabei setzen wir nicht auf Business, sondern voll auf Freizeitreisen. Also Strandferien und Städtetrips. Nach Mallorca, Nizza und Ibiza fliegen wir zum Beispiel zweimal pro Woche – immer zur gleichen Zeit. Vor Ort arbeiten wir mit Hotels zusammen. Wer bei uns bucht, kriegt alles im Paket: Privatjet-Reise, Transfer vom Flughafen und das Hotel.

Sie werben mit luxuriösen Privatjets. Doch eigentlich setzen Sie die Kunden in ein kleines Flugzeug mit anderen Gästen.
Man kann bei uns eine Maschine auch ganz für sich allein mieten. Aber die Pauschalreisen sind unser Kerngeschäft. Maximal acht Personen nehmen wir pro Flug mit. Und da ist der Millionär gar nicht die Zielgruppe. Wir versuchen, das Privatjet-Erlebnis für die breite Masse erschwinglich zu machen. Ich finde, jeder soll so reisen können. Ich kenne viele Ehepaare, die schon immer davon geträumt haben – aber keine 40'000 Franken dafür aufwenden konnten. Bei uns gibts das Privatjet-Erlebnis ab 5000 Franken in Zweierbesetzung.

Wie sieht bei Ihnen denn «Luxus» aus?
Bei uns kann man sich alles wünschen. Wir hatten schon Kunden, die mit einem spezifischen Auto abgeholt werden wollten. Oder sich einen Tisch in einem noblen Restaurant wünschten. Auch haben wir bei jedem Flug ein Catering an Bord. Champagner und andere Getränke servieren wir inklusive.

Sie haben Ihre Firma mitten in der Corona-Pandemie gegründet. Das braucht Mut. Wie sind Sie darauf gekommen?
In der Badewanne (lacht).

Im Ernst?
Ja. Die besten Ideen kommen dann, wenn man es nicht erwartet. Ich bin schon länger in der Reisebranche aktiv und habe viele treue Kunden. Als ich gesehen habe, dass während der Corona-Pandemie die Nachfrage nach Privatjets für Freizeitreisen gestiegen ist, habe ich bei meinen Stammkunden nachgefragt. Sie haben mir signalisiert, dass sie an Pauschalreisen Interesse haben. Dann ist es sehr schnell gegangen.

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Warum ist die Nachfrage für Privatjets in der Pandemie gestiegen?
Diese Form von Reisen ist schnell, effizient und sicher. Man kommt ohne viele Berührungspunkte ans Ziel. Am Flughafen hat man einen Sondereingang. Im Jet trifft man kaum auf andere Leute. Und an der Zieldestination wird man abgeholt und ins Hotel chauffiert. Das alles ist während einer Pandemie ein extragrosses Plus gewesen.

Wie viel Geld mussten Sie in die Hand nehmen?
Wir sind vier Leute: zwei Gründer und zwei Investoren. Alles Freunde aus der Familie. Wie viel Geld wir genau reingesteckt haben, lässt sich nur schwer sagen. Schliesslich arbeite ich seit Sommer 2020 sehr viel, zahle mir aber nichts aus. Insgesamt handelt es sich wohl um einen niedrigen siebenstelligen Betrag.

Und? Läuft das Business?
Die Menschen haben einen Drang zu reisen. Sie wollen wieder raus – über ein Jahr Corona und Homeoffice sind offenbar genug. Wir haben viele Anfragen und sind sehr positiv überrascht, wie gut es bereits läuft. Deshalb erhoffe ich mir nun auch viel vom Sommer. Genaue Auslastungszahlen können wir aus wettbewerbstechnischen Gründen aber nicht kommunizieren.

Derzeit fliegen Sie ab Zürich, München, Frankfurt und Düsseldorf. Was kommt da noch dazu?
Wir wollen uns vorderhand auf die Schweiz und auf Deutschland konzentrieren. Hierzulande interessant sind die Standorte Bern, Genf und Basel. Aber auch Länder wie Grossbritannien und Frankreich haben viel Potenzial im Privatjet-Sektor.

Fürs Klima sind Ihre Flüge Gift. Sind Privatjet-Reisen noch zeitgemäss?
Unser Sektor ist nicht schlechter als andere. Bei Travelcoup Deluxe kompensieren wir jeden einzelnen Flug – darauf bin ich stolz.

Der CO₂-Ausstoss von Privatjets ist auf den einzelnen Passagier heruntergerechnet zweimal so gross wie bei herkömmlichen Linienmaschinen.
Stimmt. Es gibt aber nicht nur den CO₂-Ausstoss. Wir bringen Touristen in die Länder. Dieser Tourismus schafft Arbeitsplätze, was Wohlstand bedeutet und zur Nachhaltigkeit beiträgt. Schauen Sie nur, wie es heute vielen Leuten auf Mallorca geht – die warten sehnsüchtig auf die Reisenden aus aller Welt.

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