Nick Hayek erklärt, warum die Politiker die Finger von der Industrie lassen sollen
«Ich bin eher Anarchist»

Trotz Frankenschock: Swatch-Chef Nick Hayek hält nichts von einer staatlich gelenkten Industrie. Er hat sein eigenes Rezept gegen die Krise: eine neue Generation von Batterien.
Publiziert: 25.02.2016 um 21:07 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 15:32 Uhr
Guido Schätti

BLICK: Herr Hayek, die Swatch Group wird Partner des Bürgenstock-Resorts. Was kostet Sie das?

Nick Hayek: Das finanzielle Engagement ist bescheiden. Aber es ist eine riesige Chance für uns. Der Bürgenstock ist Teil der Schweizer Identität. Die Swatch Group hat auf der ganzen Welt Standorte. Dort können wir die Geschichte des Bürgenstocks erzählen. Der Tourismus war immer wichtig für die Schweiz und die Uhrenindustrie. Aber heute leidet er ebenfalls unter dem ­total überbewerteten Franken. Die massiven Schäden daraus werden allmählich sichtbar.

SP-Präsident Christian Levrat fordert eine Industriepolitik, um etwas dagegen zu tun. Stimmen Sie zu?

Hayek auf der Baustelle des Bürgenstock-Resorts.
Foto: Stefano Schroeter
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Hilfe, nein. Die Politiker sollen sich raushalten. Die Stärke der Schweiz ist ihre föderalistische Organisation. Wir delegieren die Macht nach unten, an die Regionalpolitiker, an die Leute vor Ort. Wenn man das zentralisiert, kann man nichts mehr bewegen. Den Leuten vor Ort sollte man mehr Freiheit und Autonomie geben.

Jetzt reden Sie wie die Rechten. Die sind auch gegen Regulierung.

Ich bin nicht gegen eine Regulierung, aber sie muss am richtigen Ort erfolgen, zum Beispiel beim Kasino Börse. Man soll die Probleme vor Ort lösen, nicht in einer zentralen Verwaltung. Die Schweiz ist auch gross geworden, weil sie dezentral organisiert und zwischen den Kantonen und Gemeinden Konkurrenz zulässt. Wenn Politiker Industriepolitik betreiben, dann redet das ganze Parlament mit – SP, SVP, CVP, Grüne usw. Wenn alle mitreden, ist absehbar, was passiert: nichts.

Der Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann kam unter massiven Druck, weil er sich weigert, Industriepolitik zu betreiben. Was halten Sie davon?

Das ist reine Polemik. Das sollte man nicht ernst nehmen. Die Leute, die das sagen, sind alle keine Unternehmer. Sie wissen nicht, was es heisst, Arbeitsplätze zu schaffen. Sie sollen ihre Finger raushalten. Ich bin kein Neoliberaler, eher Anarchist. Man muss lokal und regional handeln und vor allem die lokale Bevölkerung einbeziehen.

Die Swatch Group entwickelt neu auch Batterien, um Autos anzutreiben. Ist das die industrielle ­Zukunft der Schweiz?

Das kann ein Teil davon sein, ist aber nicht neu. Mein Vater hat das in die Wege geleitet. Er war der Überzeugung, dass die Welt eine andere Form der Mobilität braucht, wenn sie nicht daran zugrunde gehen will. Das war seine Vision mit dem Smart. Leider liess sie sich aber nicht realisieren. Bis heute haben wir ­einen weiten Weg zurückgelegt. Nicht nur in der Forschung und Entwicklung, sondern auch in der Produktion. Die heutigen Batterien sind leistungsfähig genug, dass die Elektromobilität durchstarten kann.

Und die Swatch Group baut diese Batterien?

Ja, unsere Firma Belenos besitzt das Know-how und die Patente für die Herstellung des Puders. Das ist das Grundmaterial für die Batterien, ein leistungsfähiges Gemisch aus Vanadium. Und unsere Tochterfirma Renata in Ittigen stellt die Batterien her.

Wann können Sie loslegen?

Die erste Prototypen-Produktionslinie steht. In der zweiten Jahreshälfte werden wir Batterien für GPS-Geräte, Drohnen und Elektrobikes produzieren – und natürlich auch für smarte Uhren. Aber wer weiss: Vielleicht kann ich am 10. März an unserer Bilanzmedienkonferenz mehr sagen, vor allem in Hinblick auf Automobile. Viele Hersteller sind interessiert. Sie brauchen neue Batterien, haben aber noch alte Technologien. Wir haben die neue Technologie.

Der Richemont-Konzern will im Uhren- und Schmuckgeschäft 350 Stellen abbauen. Streichen Sie ebenfalls Jobs?

Nein. Wir haben letztes Jahr trotz des krass überbewerteten Frankens eine operative Gewinnmarge von 18,8 Prozent bei Uhren und Schmuck erzielt. Für viele Analysten ist das nicht genug. Sie würden es am liebsten sehen, dass wir wie Richemont ein paar Hundert Leute abbauen, nur um unsere Gewinnmarge kurzfristig um ein oder zwei Prozent zu steigern. Das entspricht nicht unserer Unternehmenskultur.

Der Traum der Scheichs

Obbürgen NW – Vier Hotels, eine Klinik, zwölf Restaurants, 68 Luxus-Appartements: Das Bürgenstock-Resort wird der luxuriöseste Tourismus-Komplex der Schweiz. 500 Millionen Franken steckt der Staatsfonds des Ölstaats Katar in das Projekt. Die Eröffnung ist im Sommer 2017. Die Swatch-Group hat die Hälfte der Shopping-Fläche gemietet. Sie wird auf dem Bürgenstock Boutiquen für ihre Marken Harry Winston und Swatch betreiben. Daneben werde die Swatch-Group in ihren Niederlassungen im Ausland Werbung für den Bürgenstock machen, verspricht CEO Nick Hayek. Chef des Bürgenstock-Projektes ist der Luzerner Bruno H. Schöpfer. Neben Promis und Reichen setzt er auf Normalbürger: «Wir sind ein offenes ­Resort.» Jährlich erwartet er über 100'000 Tagestouristen.

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