Neuer CEO Vincent Ducrot stellt klar
«Wir wollen keine Sonderregelung für die SBB»

Bereits am ersten Arbeitstag drehte sich beim neuen SBB-Chef alles um die Corona-Krise. Vincent Ducrot über Kurzarbeit, Probleme mit dem Ceneri-Tunnel und die Reiselust seiner sechs Kinder.
Publiziert: 01.04.2020 um 15:43 Uhr
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Aktualisiert: 19.12.2020 um 08:49 Uhr
Patrik Berger

Eine Schonfrist erhält Vincent Ducrot (57) nicht. Vom ersten Arbeitstag an ist der neue SBB-Chef als Krisenmanager gefordert. Eine seiner ersten Amtshandlungen ist eine Videokonferenz mit den Medien. Im grauen Sakko, ohne Kravatte, sitzt er etwas verloren da. Die Journalistenfragen hört er oft nur abgehackt. Aber er strahlt etwas erfrischend Bodenständiges aus, zeigt auch seine menschliche Seite.

«Wir stecken in einer schwierigen Zeit. Für das ganze Land, aber auch für die SBB. Aber ich bin bereit», sagt Ducrot. «Die gute Nachricht ist: Die Züge fahren pünktlich.» Ducrot dankt dem Personal, das auch in der Krise gut Arbeite leiste. «Es ist von höchster Priorität, die Kunden sicher an ihr Ziel zu bringen.»

90 Prozent weniger Passagiere

Die Zahlen, die er dann nachschiebt, zeigen, wie schwer die Coronakrise die SBB trifft. Derzeit fahre man mit 90 Prozent weniger Kunden. Der internationale Personenverkehr sei komplett eingebrochen. Ähnlich dramatisch sieht es beim Güterverkehr aus. «International läuft praktisch nichts mehr. Schweizintern haben wir da ein Minus von 15 Prozent.»

Der neue CEO der SBB, Vincent Ducrot, beantwortet an seinem ersten Arbeitstag Fragen der Medien.
Foto: keystone
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Und doch sagt Ducrot: «Wir wollen keine Sonderregelung für die SBB. Das wäre fatal!» Die Bahn hat mittlerweile Kurzarbeit angemeldet. Eine Antwort stehe aber noch aus. Dafür hat Ducrot Verständnis. «Es hat viele Firmen, die es schwerer haben als wir. Die haben Vorrang, das ist selbstverständlich.»

«Papa, wann können wir wieder raus?»

Ducrot, verwitet, Vater von sechs Kindern, hat selber Erfahrungen mit Homeoffice. «In der ersten Woche hatten meine Kinder noch den Plausch, in der zweiten Woche wurde es kritischer. Jetzt fragen sie mich: Papa, wann können wir wieder raus?», sagt er. Darum glaubt er nicht, dass die SBB weniger Pendler haben werden, wenn die Pandemie dereinst überstanden ist. «Die Leute werden sehr froh sein, wenn sie wieder zur Arbeit können und ihre Kollegen treffen.»

In den Agglomerationen seien bereits wieder leicht mehr Reisende unterwegs. Die SBB haben die Reinigung der Züge hochgefahren wegen des Coronavirus. «Die Leute haben offenbar gemerkt, dass man nicht mehr riskiert, wenn man den Zug nimmt, als wenn man einkaufen geht», glaubt Ducrot.

Keine Erhöhung der Ticketpreise

Die SBB bereiten sich bereits jetzt darauf vor, den regulären Betrieb wieder aufzunehmen. Auch wenn noch bei Weitem nicht klar ist, wann das der Fall sein wird. «Wenn die Krise vorbei ist, brauchen wir zwei Wochen, um uns vorzubereiten, die Maschine wieder in Gang zu setzen», erklärt der oberste Bähnler. «Dann können wir wieder hochfahren.»

Wie hoch der Schaden ist, den die SBB wegen der Coronakrise erleiden, möchte Ducrot nicht beziffern. «Dazu ist es noch zu früh», sagt er. Wegen der ausserordentlichen Situation die Ticketpreise zu erhöhen, kommt für ihn aber nicht in Frage. «Tariferhöhungen sind keine gute Lösung, um Verluste wettzumachen. Wir dürfen nicht die Passagiere dafür bestrafen, dass es eine Krise gibt.» Ob Generalabonnente länger als 30 Tage hinterlegt werden können, werde erst in den nächsten Tagen klar. «Entsprechende Gespräche laufen.»

Prekär ist die Situation im Tessin auch für die SBB. Die Arbeiten am Ceneri-Tunnel sind eingestellt. Im Mai werde man wissen, ob man das Prestigeprojekt wie geplant im Dezember in Betrieb nehmen könne. Ein Problem mehr für Krisenmanager Ducrot.

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