Online-Anbieter greifen Makler an
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Häuser zum Spottpreis:Online-Anbieter greifen Makler an

Neue Firma vermittelt Häuser zum Spottpreis
Angriff auf die Immo-Makler

Steigende Immopreise sind gut für die Vermittler: Sie sahnen fette Provisionen ab. Jetzt preschen neue Akteure vor. Einer von ihnen makelt Häuser zum extrem tiefen Fixpreis.
Publiziert: 08.08.2021 um 17:32 Uhr
Ein Schweizer Einfamilienhaus kostet im Durchschnitt bereits über eine Million Franken.
Foto: Shutterstock
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Danny Schlumpf

Die Immo-Preise explodieren. Im Durchschnitt kostet ein Schweizer Einfamilienhaus bereits mehr als eine Million Franken. Das freut die Immobilienmakler: Sie kassieren rund drei Prozent Provision pro Verkauf. Bei einem Haus für eine Million sind das satte 30'000 Franken.

Doch jetzt erhalten die klassischen Broker Konkurrenz: Neue Unternehmen greifen den Kern ihres Geschäftsmodells an. So vermittelt die Firma Neho Wohneigentum zum Fixpreis von 9500 Franken – egal, wie teuer die Immobilie ist. Bei einem Haus im Wert von einer Million spart der Verkäufer über 20'000 Franken Vermittlungskosten.

«Provisionen sind ein alter Zopf», sagt Eric Corradin (39), CEO von Neho. «Gerade bei den aktuellen Immobilienpreisen sind sie nicht mehr gerechtfertigt. Der Aufwand der Vermittler hat sich ja nicht verändert.»

Möglich wird die drastische Kostenreduktion durch Digitalisierung: Neho wickelt das Geschäft über eine Onlineplattform ab – von der Schätzung der Immobilie über virtuelle Rundgänge bis zur Ausschreibung. «Wir haben den Papierkram auf das absolute Minimum reduziert», sagt Corradin. «Damit sparen wir Zeit und Kosten.»

Das Geschäft boomt

Mit Erfolg: Die 2017 gegründete Firma beschäftigt heute über 70 Angestellte; 2018 machte sie einen Umsatz von 500'000 Franken. 2020 lag er bei 7 Millionen – für diese Jahr rechnet Corradin mit 14 Millionen Franken. «Gemessen an der Anzahl Verkäufe sind wir bereits der grösste Immobilienvermittler im Land», so der Neho-Chef.

Den Verkauf selbst erledigt auch bei Neho ein Makler vor Ort. Anders operiert die Plattform Homedeal24: Sie verzichtet sogar auf ein eigenes Broker-Netz. «Wir sind der erste voll digitalisierte Immobilienvermittler der Schweiz», sagt CEO Emmanuel Hoffmann (42).

Deshalb kann er einen Fixpreis setzen, der kaum zu unterbieten ist: 969 Franken pro Verkauf. Inbegriffen sind Immobilienbewertung, Vorlagen für das Verkaufsdossier, ein befristeter Support und Inserate bei Homegate. Vor einer Woche ging die Plattform online – und verzeichnet schon jetzt regen Betrieb.

Den neuen Akteuren gemeinsam ist ihr Selbstbewusstsein. So hat Homedeal24 ein Werbevideo drehen lassen, das direkt auf den klassischen Typ des Provisionen-Brokers zielt, der auf Kosten der Kunden ein Luxusleben am Comersee führt – bis er samt Champagnerglas in den eigenen Swimmingpool fällt.

Die Ansage ist klar: Eure Zeit ist vorbei! «Wir wollen das verkrustete System aufbrechen», sagt Emmanuel Hoffmann.

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Sterben Makler bald aus?

Werden herkömmliche Makler damit überflüssig? «Das wurde schon vor 20 Jahren angekündigt, als die ersten Portale wie Homegate auf den Markt kamen», sagt Immobilienexperte Andreas Loepfe (57) von der Uni Zürich. Mit den neuen Vermittlungsplattformen liessen sich gute Resultate erzielen. «Aber der persönliche Kontakt bleibt ein wichtiger Faktor. Gute Verkäufer mit persönlichen Qualitäten holen in der Regel mehr heraus.»

Davon ist auch Christine Hegglin (42) überzeugt, Geschäftsleiterin der Zuger Makler-Firma Hegglin Group AG. Sie bleibt beim Provisionsmodell. Allerdings: «Digitalisierung können wir auch», sagt Hegglin. Ihr Unternehmen entwickelt eine neue App, die das zentrale Dilemma des aktuellen Immobilienmarktes beseitigen soll. Dort trifft gerade eine enorme Nachfrage auf ein schrumpfendes Angebot. Die paradoxe Folge: «Es gibt sehr wohl Eigentümer, die verkaufen wollen», sagt Hegglin. «Aber sie haben Angst, anschliessend nichts Neues zu finden – und schreiben ihr Objekt deshalb nicht aus.»

Hegglins Lösung für diese Zwickmühle: Tauschen! Die Immo-Tinder-App verbindet die Familie, die mehr Wohnraum sucht, mit dem Rentnerpaar, dem das eigene Haus mit Garten zu gross geworden ist. Wie bei der bekannten Dating-App erstellen die Kunden ein Profil ihres Objekts und suchen nach dem passenden Tauschpartner. Gibt es einen Match, stellt die Firma den Kontakt her. Dann werden die zunächst anonymisierten Daten für die beiden Parteien sichtbar – und das Tauschgespräch beginnt.

Provision oder Fixpreis? Kaufen oder Tauschen? Klar ist: Die Digitalisierung bringt Schwung in den Schweizer Immo-Markt.

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