Nach SNB-Zinsentscheid
Jeder Fünfte könnte sein Haus verlieren

Die Hypotheken werden teurer, die Häuserpreise hingegen sind erstmals seit Jahren im Sinkflug. Hunderttausende müssen nun um ihr Eigenheim zittern.
Publiziert: 19.06.2022 um 11:48 Uhr
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Aktualisiert: 04.07.2022 um 08:48 Uhr

Eigenheimbesitzerinnen haben es gemütlicher als Mieter: Sie müssen sich nicht über einen Rauswurf wegen Eigenbedarf sorgen, entscheiden selbst über die Farbe der Platten im Bad und wohnen obendrein erst noch günstiger. Diese Logik galt lange – und gerät nun ins Wanken.

Seit die Schweizerische Nationalbank (SNB) am Donnerstag den Leitzins überraschend stark von minus 0,75 auf minus 0,25 Prozentpunkte angehoben hat, muss so mancher Eigenheimbesitzer um sein Zuhause zittern. Die Hypothekarzinsen waren schon im Verlauf der letzten Monate gestiegen. Nun erhält der Zinsanstieg bei den Hypotheken neuen Schub.

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Weiterer Zinsschritt im Herbst?

Festhypotheken sind schon länger über den Wert von drei Prozent geklettert. Viele Hausbesitzerinnen haben sich daher jüngst in kurzfristige Saron-Hypotheken gerettet. Dabei handelt es sich um variable Hypotheken mit kurzen Laufzeiten. Der Saron wird jeden Tag neu berechnet – entsprechend schnell schlägt dort auch der Leitzinsentscheid der SNB zu Buche.

Momentan liegt der Saron noch unter einem Prozent. Doch weil er sich eng am Leitzins orientiert, steht nun ein Zinssprung von einem halben Prozentpunkt an. Und das Ende der Fahnenstange sei damit längst nicht erreicht, warnt Immobilienexperte Donato Scognamiglio (52) von der Beratungsfirma Iazi in der «Sonntagszeitung»: «Die vermeintliche Sicherheit all jener, die von festen in kurzfristige Hypotheken geflüchtet sind, könnte sich als Risiko entpuppen. Viele Hauseigentümer werden ein Problem bekommen.»

Die SNB dürfte den Leitzins im September erneut anheben – das hat SNB-Präsident Thomas Jordan (59) diese Woche angedeutet. Damit könnten auch die Zinssätze für Saron-Hypotheken auf drei Prozent und mehr steigen.

Hausbesitzer unter Beobachtung der Bank

Die SNB rechnet in ihrem Finanzstabilitätsbericht damit, dass bei einem Hypothekarzins von drei Prozent 20 Prozent der Eigenheimbesitzer die Tragbarkeitsregeln ihrer Bank nicht mehr erfüllen. Bei einer Wohneigentumsquote von rund 40 Prozent betrifft das immerhin mehr als 600'000 Menschen!

Die Wohnkosten übersteigen mit dem Zinsanstieg plötzlich ein Drittel ihres Einkommens. Wer seine Hypothekarschulden brav weiter zahlt, steht zwar unter Beobachtung der Bank, muss aber nicht unmittelbar um sein Zuhause fürchten. Wer allerdings mit den Zahlungen in Verzug gerät, hat schlechte Karten. Im schlimmsten Fall droht der Verlust des Eigenheims.

Sinkende Häuserpreise

Neben den Zinsen macht den Eigenheimbesitzern auch das Preisniveau zu schaffen. Denn während es bei den Immobilien jahrelang nur eine Richtung gab (nach oben), hat sich dieser Trend jüngst ins Gegenteil gekehrt. Schweizweit sind die Immobilienpreise im ersten Quartal um 0,4 Prozent gesunken, berichtet die «Sonntagszeitung» unter Berufung auf Zahlen des Bundesamts für Statistik.

Je nach Wohnort ist der Rückgang gar noch viel deutlicher: In Glarus, Davos GR und Zermatt VS etwa sanken die Preise um mehr als vier Prozent. In Zürich, Genf, Basel und Bern hingegen steigen die Preise weiter. Die SNB rechnet mit einer noch viel stärkeren Preiskorrektur.

«Die Zinswende läutet das Ende der Spekulation mit Gratisgeld ein. Die Zeit absurd hoher Preise ist vorbei», sagt dazu Donato Scognamiglio in der «Sonntagszeitung».

Auch Mieter betroffen

Ungemütlich wird es allerdings nicht nur für Eigenheimbesitzerinnen – sondern am Ende auch für Mieter. Sie profitieren kaum von den sinkenden Preisen auf dem Immobilienmarkt.

Ganz im Gegenteil: Auf längere Sicht wird der höhere Leitzins auch zu einem Anstieg des Referenzzinssatzes führen – und damit zu höheren Mieten. Bis es so weit ist, dürfte es aber noch zwei bis drei Jahre dauern. (sfa)

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