Monatelanger Streit mit Swiss
Piloten bringen GAV-Verhandlungen zum Absturz

Die Swiss-Piloten sitzen weiterhin ohne Gesamtarbeitsvertrag im Cockpit. Erneut kam es zum Knall bei den Verhandlungen. Der Pilotenverband droht: Lenkt die Swiss nicht ein, droht ein Streik.
Publiziert: 31.07.2022 um 16:19 Uhr

Monatelang hat die Fluggesellschaft Swiss mit ihren Pilotinnen und Piloten verhandelt. Nun stand man kurz vor Unterzeichnung eines neuen Gesamtarbeitsvertrags (GAV). Doch so weit kommt es nicht: Wie am Sonntag bekannt wird, weigert sich der Pilotenverband Aeropers, dem die Piloten von Swiss und Edelweiss angehören, das Vertragswerk zu unterschreiben.

81 Prozent der Mitglieder sagen Nein zum vorliegenden GAV, teilt Aeropers mit. Die Piloten werfen der Airline vor, die Arbeitsbedingungen «weit über die Krise hinaus» nachhaltig zu verschlechtern. Die Fluggesellschaft nutze dabei die Abhängigkeit der Piloten von ihr als Arbeitgeberin aus. Das goutiere eine Mehrheit der Pilotinnen und Piloten offensichtlich nicht.

Erst zog sich Swiss zurück, jetzt die Piloten

Die Airline hatte den bestehenden GAV Anfang 2021 gekündigt – Hintergrund war die Corona-Pandemie, die die Flugbranche in eine tiefe Krise gestürzt hat. Die Swiss wollte deswegen den GAV anpassen, doch man wurde sich mit Aeropers nicht einig. Seit April 2022 sind die Piloten deshalb ohne Gesamtarbeitsvertrag.

Die Swiss und der Pilotenverband Aeropers können sich nicht auf einen GAV einigen.
Foto: PIUS KOLLER
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Auch die Neuverhandlungen gestalteten sich äusserst zäh. Im Februar lag ein erstes «Memorandum of Understanding» vor, das die Swiss dann aber doch wieder zurückzog. Nun, beim zweiten Anlauf, ist es der Verband Aeropers, der die Verhandlungen platzen lässt.

Der Verband begründet die Ablehnung mit dem Aufschwung der letzten Wochen in der Branche. Die Menschen können und wollen wieder fliegen, der Personalbedarf ist riesig. Man habe der Swiss-Geschäftsleitung deshalb Anpassungen am GAV vorgeschlagen, sagt Aeropers. Doch darauf sei das Unternehmen nicht eingetreten.

Angestellten fehlten Perspektiven

«Wir haben während zwei Jahren sehr grosse Zugeständnisse gemacht. Der GAV 2022 wurde von den aktuellen Entwicklungen in der Luftfahrt überholt und war nicht mehr ausgewogen», sagt Aeropers-Sprecher Thomas Steffen zu Blick. Konkret habe die Swiss beispielsweise den Cockpitmitarbeitenden in den guten Jahren die Gewinnbeteiligung kürzen wollen, um «noch schnelleres Wachstum auf Kosten des Bestandespersonals» zu ermöglichen. Den Angestellten würden die Perspektiven fehlen.

Die Swiss teilt mit, sie bedauere den Entscheid von Aeropers. «Mit einer Annahme hätte der neue GAV für die kommenden vier Jahre vertragliche Stabilität in einem sehr volatilen Airlineumfeld geboten», wird Oliver Buchhofer, Head of Operations und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung der Swiss, in einer Mitteilung zitiert.

Man werde jetzt evaluieren, wie die zukünftige Zusammenarbeit mit dem aktuellen Aeropers-Vorstand gestaltet werden kann. Darüber hinaus werde die Airline die kommenden Wochen dazu nutzen, die Lage zu analysieren und das weitere Vorgehen festzulegen.

Streik als Ultima Ratio

Droht möglicherweise ein Streik der Pilotinnen und Piloten, um den Druck auf die Swiss zu erhöhen? Steffen winkt ab. «Wir wollen nicht streiken», sagt er. Stattdessen wolle man sich nun mit der Geschäftsleitung der Swiss zusammensetzen, um rasch Nachbesserungen am GAV machen zu können.

Allerdings ergänzt er: «Falls die Geschäftsleitung die Zeichen der Zeit weiterhin nicht erkennt und nicht umgehend adäquate Lösungen anbietet, dann müssen die Pilotinnen und Piloten der Geschäftsleitung noch deutlicher zeigen, wie unzufrieden sie sind.» (lha)

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