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«Mit dem, was hier passiert, will ich nichts zu tun haben»
Ikea-Mitarbeiter schreiben böse Mails an ihre Chefs

Bei Ikea in Schweden geht die Angst um. Die Mitarbeiter sind stark verunsichert, schreiben böse Briefe an die Chefetage. Der Hintergrund: Das Möbelhaus baut um, macht sich fit für das Online-Geschäft.
Publiziert: 22.05.2019 um 15:55 Uhr
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Aktualisiert: 22.05.2019 um 16:26 Uhr
Christian Kolbe

Möbel von Ikea zusammenzubauen ist kinderleicht, die Anleitung dafür selbsterklärend. Nicht ganz so einfach offenbar ist der Generationenwechsel bei Ikea. Denn seit dem Tod von Ikea-Gründer Ingvar Kamprad (+91) im letzten Jahr, bleibt beim Möbelhaus kein Stein auf dem anderen. Die Söhne Peter (55), Jonas und Mathias Kamprad krempeln den Konzern um. Nicht ganz freiwillig, denn der Online-Handel macht auch vor den Schweden nicht halt. 

Doch offenbar haben die Kamprad-Söhne die richtige Anleitung für den Umgang mit den Mitarbeitern noch nicht gefunden. Galt Ikea einst als beliebtester Arbeitgeber von Schweden, schreiben die Angestellten nun böse Briefe an die Chefetage. Das berichtet die «Bild» unter Berufung auf die schwedische Tageszeitung «Expressen». 

Im eigenen Unternehmen bewerben

Bei Ikea rollt seit Herbst 2018 eine grosse Entlassungswelle, 7500 Mitarbeiter weltweit müssen gehen. Gleichzeitig werden Tausende neue Stellen geschaffen. Das heisst, praktisch müssen sich die Mitarbeiter bei ihrem bisherigen Arbeitgeber neu bewerben. 

Seit dem Tod von Ikea-Gründer Ingvar Kamprad (91) im Januar 2018 ...
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Das passt den wenigsten Betroffenen, viele machen ihrem Ärger Luft, schreiben an die Chefetage anonyme Mails, die «Bild» aus dem Schwedischen übersetzt hat.

• «Ich will mit dem, was hier passiert, nichts zu tun haben. Das ist nicht das Ikea, das ich kenne. Ich versuche im Moment wie viele andere auch, aus dem Unternehmen auszusteigen, ohne dass es finanziell für mich eine zu grosse Belastung wird.» (ein anonymer Manager)

«Geheimniskrämerei und fehlendes Management»

• «Viel zu viele Mitarbeiter sind unglücklich und haben Angst vor der Zukunft. Peter ist dafür verantwortlich und er hat nicht das Fingerspitzengefühl, das sein Vater hatte, wenn es um so sensible Fragen ging.» (leitender Manager)

• «Es heisst, man wolle transparent sein und sich um alles kümmern, aber in meinen 20 Jahren im Unternehmern habe ich noch nie eine solche Geheimniskrämerei und ein so fehlendes Management erlebt.» (Mitarbeiter/in)

• «Im Moment entsteht hier eine Kultur des Schweigens. Viele haben Angst, im falschen Kreis das Falsche zu sagen.» (Mitarbeiter/in)

Es gibt aber auch wenige Stimmen, die Verständnis für die Kamprad-Söhne und ihr schweres Erbe zeigen: «Diese Unruhe macht die drei Ikea-Söhne sehr unglücklich. Peter ist mit seiner Tochter herumgereist und hat Ikea-Filialen in mehreren Ländern besucht. Er möchte so gern, dass alles gut wird.»

Ikea Schweden reagiert 

Das möchte die Leitung von Ikea Schweden auch, hat ein langes Schreiben an die Mitarbeiter verschickt. Darin wendet sich Larda Herder, Ikea-Länderchefin für Schweden an die erzürnten Angestellten: «Unsere Aufgabe, innerhalb von drei Jahren ein besseres Ikea zu schaffen, ein Ikea, das für die Zukunft gerüstet ist, ist die grösste Veränderung in unserer 75-jährigen Geschichte.» Die Top-Managerin räumt aber ein, dass es «Verbesserungspotenzial» im Umgang mit den Mitarbeitern gebe und dass man an «Ingvars Erbe» festhalten wolle. Nur, ob das reicht, den Frust und die Angst bei den Ikea-Angestellten abzubauen, muss sich erst noch zeigen. 

Auch bei Ikea Schweiz ist vieles im Umbruch

Auf Anfrage von BLICK heisst es bei Ikea Schweiz über die Stimmung im Unternehmen: Eine eben erst durchgeführte Mitarbeiter-Umfrage zeige, dass «die Bindung ans Unternehmen und die Loyalität der Mitarbeitenden in der Schweiz hoch» seien.

Zudem habe der Frankenschock Ikea Schweiz auf den Wandel vorbereitet. Aber auch in der Schweiz ändert sich so einiges: «Es gibt ein neues Digitalteam, viele Aufgaben werden überprüft», sagt ein Ikea-Sprecher zu BLICK. «Wenn es eine Stelle nicht mehr gibt oder sie sich stark verändert, müssen betroffene Mitarbeitende sich innerhalb von Ikea neu auf Stellen bewerben.»

Noch hofft Ikea Schweiz all die Veränderungen mittels freiwilligen Abgängen auffangen zu können. Die jährliche Fluktuationsrate liege bei 15 Prozent. Das heisst, nicht jeder Abgang wird durch eine Neueinstellung ersetzt. 

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