Milka, Toblerone, Sugus, UBS & Co.
Diese Schweizer Marken sind gar nicht schweizerisch

Toblerone, Milka, UBS und Swiss. Viele Marken spielen mit ihrer Geschichte und der Swissness. Dabei gehören sie internationalen Aktionären. Was bleibt ihnen von der Schweiz? Ein Überblick.
Publiziert: 10.07.2023 um 20:25 Uhr
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Aktualisiert: 11.07.2023 um 15:39 Uhr
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Myret Zaki

Ist die UBS ein Schweizer Unternehmen? Was ist mit Toblerone? Und der Fluggesellschaft Swiss? Nach drei Jahrzehnten der Globalisierung gibt es viele Schweizer Flaggschiffe und Marken, welche die Swissness symbolisieren, aber keine Schweizer Aktionäre, keine einheimischen Manager, keine lokalen Zutaten und manchmal nicht einmal eine Präsenz auf Schweizer Boden haben.

Kürzlich wurde bekannt, dass der Osterhase von Lindt & Sprüngli ausschliesslich in der deutschen Lindt-Fabrik hergestellt wird, was die Kluft zwischen der Wahrnehmung und der industriellen Realität der Hersteller offenbart. Zwar setzt die Swissness-Gesetzgebung von 2017 der Verwendung von Swissness-Codes Grenzen, doch die Öffentlichkeit täuscht sich oft und bleibt am Symbol und an der Erinnerung hängen. Ein Überblick über einige Fälle von immer weniger schweizerischen Flaggschiffen.

Toblerone und Milka sind amerikanisch

Milka ist wie Toblerone eine historische Schweizer Marke. Beide gelangten vor 30 Jahren in den Besitz des amerikanischen Riesen Kraft Foods. 2012 wurden sie von dem in Chicago ansässigen Spin-off Mondelez international übernommen. Mondelez gehört zu 9 Prozent dem US-amerikanischen Investmentfonds Vanguard, gefolgt vom Riesen BlackRock (7,3 %).

Die Marke Toblerone gehört Mondelez, einem amerikanischen Riesen mit Sitz in Chicago.
Foto: Keystone
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Innerhalb von Mondelez stehen die Schweizer Symbole Toblerone und Milka neben so internationalen Marken wie Oreo, Cadbury oder Côte d'Or. Der Rest ist Marketing. Und in diesem Bereich haben die beiden Schweizer Marken ihre Geschichte und die Codes der Swissness zu ihrem Vorteil genutzt. Bis zu gewissen Grenzen.

Toblerone, die lange Zeit das Bild des Matterhorns trug, stellte ihre Schokolade seit 100 Jahren in Bern her. Doch seit einem Jahr werden die traditionellen Schokoladendreiecke mit Nougatsplittern zum Teil in der Slowakei hergestellt, ebenso wie Milka und Suchard. Die Globalisierung zwingt die multinationalen Konzerne dazu, ein Land mit einem Durchschnittslohn von 5720 Euro pro Monat gerne gegen ein anderes mit 970 Euro einzutauschen.

Diese Verlagerung zwang Toblerone, das Matterhorn durch einen generischeren Gipfel zu ersetzen: Das Matterhorn wird als Hinweis auf die Herkunft des Produkts aus der Schweiz betrachtet, ebenso wie das Schweizer Kreuz. Toblerone musste auch die Aufschrift «Schweizer Milchschokolade» auf ihren Verpackungen aufgeben, ebenso wie Milka nicht mehr die Aufschrift «Milchschokolade aus dem Alpenland» tragen darf. Letztere spielt dennoch mit den Codes der Swissness. Die violette Marke, die von einer Kuh der Schweizer Rasse Simmenthal verkörpert wird, verwendet vor dem Hintergrund eines Alpenreliefs nicht ausschliesslich Milch aus den Alpenländern. Ein Beweis dafür, dass die Swissness-Gesetzgebung dennoch eine gewisse Flexibilität aufweist.

Sugus gehört zu Mars

Das Schicksal des legendären Sugus, einer Neuenburger Erfindung von Suchard, wird ebenfalls in Chicago entschieden. Das weiche Bonbon ging 1993 zu Kraft Foods und wurde 2005 von der amerikanischen Firma Wrigley aufgekauft, die 2008 von Mars geschluckt wurde.

Heute stehen Sugus neben Skittles und M&Ms im Süssigkeitenregal und in den Jahresberichten von Mars. Die Süsswarensparte «Mars Wrigley» verfügt über Fabriken in den USA, England, Australien, dem chinesischen Festland und Taiwan. Daher darf Sugus kein Schweizer Kreuz tragen und keine «Swissness» beanspruchen, ausser derjenigen seiner Herkunft.

Wie bei der Ovomaltine und der Cenovis (die keine Schweizer Zutaten mehr enthält) hält sich der Mythos: Alle drei gehören zum kulinarischen Erbe der Schweiz, einem Inventar, das 2004 von einem Verein in Lausanne VD ins Leben gerufen wurde. Dieser bezieht sich jedoch vor allem auf Tradition und Erinnerung, was sich von den rechtlichen Voraussetzungen unterscheidet, die heute für das Tragen von Swissness-Symbolen und die damit verbundenen kommerziellen Vorteile erforderlich sind.

Ovomaltine ist britisch

Ovomaltine, eine hundertprozentige Berner Erfindung auf der Basis von Gerstenmalz, gehört dem Berner Konzern Wander, der früher Novartis war und seit 20 Jahren im Besitz der britischen Associated British Foods ist. Mit ihm haben Ovomaltine, Isostar und Caotina den Ärmelkanal überquert.

Heute wird ein Teil der Ovomaltine zwar weiterhin in Bern hergestellt, der Rest jedoch in den Fabriken des britischen Eigentümers, in Thailand und in China. Für viele internationale Konzerne würde es die Gewinnmargen deutlich schmälern, mehr als drei Viertel der Zutaten aus der Schweiz verwenden zu müssen. Dies ist auch bei Cenovis der Fall.

DSM-Firmenich zu 65,5 Prozent niederländisch

Mit dem Ziel, immer mehr kritische Grösse zu erreichen, schliessen sich grosse Konzerne, die für die Schweiz und in diesem Fall für Genf stehen, mit Partnern ausserhalb der Schweiz zusammen, wodurch ihre Verbindung zu Helvetien schwächer wird.

2007 wurde Serono, die ehemalige Blüte der Genfer Biotech-Branche, vom deutschen Riesen Merck aufgekauft. Im Jahr 2012, nur fünf Jahre später, schloss Merck den Serono-Standort am Ende des Genfersees. Im Jahr 2023 war es das Genfer Chemie-Flaggschiff Firmenich, das mit dem niederländischen Riesen DSM fusionierte, der nun 65,5 Prozent des fusionierten Unternehmens besitzt, während Firmenich 34,5 Prozent hält.

Der neue Hauptsitz befindet sich im Aargau und nicht mehr in Genf, und der Konzern wird an der Euronext-Börse in Amsterdam notiert. Die Mitglieder der Firmenich-Familie werden in dem neuen Unternehmen mit Global-Champion-Ambitionen zur Minderheit und stellen drei Schweizer von zwölf internationalen Mitgliedern des Verwaltungsrats. Das derzeitige Management ist niederländisch (CEO) und international (Mitglieder des Exekutivkomitees). Eine weitere Marke, deren schweizerische Identität in einem viel internationaleren Ganzen aufgehen wird.

UBS in den Händen ausländischer Institute

Im März 2023 wurde die Credit Suisse, eine 200 Jahre alte Bank, die kurz vor dem Bankrott stand, von einem anderen Schweizer Bankenakteur, der UBS, geschluckt. Ursprünglich bezog sich das S in UBS auf die Schweiz. Aber wem gehört die UBS heute? Hauptsächlich grossen US-amerikanischen institutionellen Investoren, die laut dem Jahresbericht 2022 zusammen 14,4 Prozent des Kapitals der Grossbank besitzen.

An erster Stelle steht der Riese BlackRock mit 5,23 Prozent des Kapitals, gefolgt von Dodge & Cox, Massachusetts Financial Services Company und Artisan Partners (jeweils 3%). Danach folgt die norwegische Zentralbank mit 3 Prozent.

Insgesamt besitzen diese vom Bericht offengelegten institutionellen Grossanleger 17,4% Prozent der UBS. Da die restlichen Aktionäre alle jeweils weniger als 3 Prozent halten (unterhalb dieser Schwelle muss die Beteiligung nicht offengelegt werden) und die Aktie sowohl an der Schweizer Börse als auch an der New Yorker Börse notiert ist, ist das Aktionariat sehr international, aber nicht mehrheitlich schweizerisch. Darüber hinaus sind in der neuen Geschäftsleitung und im Verwaltungsrat von UBS weniger als 30 Prozent der Mitglieder Schweizer Staatsangehörige.

Swiss ist deutsch

Einst das Symbol der Swissness schlechthin ist die Swiss, die heute die Tochtergesellschaft eines deutschen Konzerns ist. Swiss International Air Lines gehört der deutschen Lufthansa, der grössten Fluggesellschaft Europas, mit Sitz in Köln. Die neue Fluggesellschaft Swiss entstand 2002 aus den Trümmern der alten Swissair und Crossair, die ihre grosse Schwester auf der anderen Seite des Rheins aufgekauft hatte. Der derzeitige CEO von Swiss, Dieter Vranckx (50), ist Doppelbürger, besitzt die Schweizer und die belgische Staatsbürgerschaft und wird von einem Exekutivausschuss umgeben, der aus hochrangigen Managern besteht, die von Lufthansa kommen.

Der derzeitige Verwaltungsrat der Swiss, die ihren Hauptsitz in Basel hat, ist mehrheitlich schweizerisch besetzt. Trotz der scheinbaren Autonomie von Swiss liegt das letzte Wort in Bezug auf die Schweizer Tochtergesellschaft in Köln. Lufthansa ist an der Frankfurter Börse notiert. Sie hat einen bedeutenden Aktionär in ihrem Kapital, die deutsche Kühne Aviation, die laut dem Geschäftsbericht 2022 15 Prozent des Kapitals hält. Die Medienstelle der Swiss hält allerdings fest, dass alle Swiss-Flugzeuge in der Schweiz immatrikuliert sind, das Unternehmen in der Schweiz Steuern zahlt und ein Grossteil der Mitarbeitenden in der Schweiz stationiert ist.

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