Sally N. berichtet von ihrer schwierigen Wohnungssuche
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Haustiere nicht erwünscht:Sally N. berichtet von ihrer schwierigen Wohnungssuche

Mieterin Sally N. ist wegen Kater Quito in Wohnungsnot
Soll sie lügen, um ein Zuhause zu finden?

Die Wohnungsnot in Schweizer Städten führt bei immer mehr Mieterinnen und Mietern zu Existenzängsten. Tierhalterinnen wie Sally N. haben es besonders schwer, eine Wohnung zu finden.
Publiziert: 22.02.2023 um 00:39 Uhr
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Aktualisiert: 23.02.2023 um 16:20 Uhr
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Dorothea VollenweiderRedaktorin Wirtschaft

Für Wohnungssuchende wird der Platz zunehmend knapp in der Schweiz. Der Mangel an Mietwohnungen weitet sich aus und trifft längst nicht mehr nur Geringverdiener. Besonders akut ist die Lage in Zürich, wo auch der Mittelstand Mühe hat, ein Dach über dem Kopf zu finden. Dazu gehört auch Sally N.* (55). «Ich hätte nie gedacht, einmal in eine solche Situation zu geraten», sagt N. Sie möchte anonym bleiben, weshalb Blick nicht ihren richtigen Namen verwendet.

Noch lebt N. in der Eigentumswohnung in Zürich-Oerlikon, die sie einst mit ihrem Mann und ihrer Tochter bewohnte. Als die Ehe in die Brüche ging, wurde N. vom Gericht eine Frist gewährt. Ende März 2023 muss sie aus der Wohnung raus.

«Haustiere nicht erlaubt»

Die 55-jährige Sachbearbeiterin ist verzweifelt. Seit mehreren Jahren sucht sie eine neue Wohnung. Doch egal, wie viele Bewerbungen, Anfragen und Motivationsschreiben sie verfasst, die Antwort ist immer dieselbe. «Haustiere nicht erwünscht», «Katzen nicht erlaubt», «Katzenklappen dürfen nicht angebracht werden». Die Formulierungen unterscheiden sich, der Grund bleibt derselbe: N.s 14-jähriger Kater Quito.

Sally N. und ihr Kater Quito brauchen dringend eine neue Wohnung.
Foto: Siggi Bucher
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Ihr Postfach ist voll von Absagen. Immobilienverwaltungen, die in ihren Überbauungen keine Haustiere tolerieren. N. hat sie alle gesammelt und legt Blick beim Besuch eine kleine Auswahl davon vor.

Hamster ja, Katze nein

«Ich suche weit gestreut, vom Raum Zürich bis Lenzburg AG und Rapperswil-Jona SG», sagt N. Am Budget liegt es nicht. N. stehen für die Miete rund 1700 Franken zur Verfügung. Genug Geld, um – zumindest ausserhalb von Zürich – eine 2,5-Zimmer-Wohnung zu finanzieren.

Kürzlich hat N. ein Inserat gesehen, in dem stand: «Kastrierte Katzen in der Wohnung erlaubt». In einem anderen Inserat stand: «Haustiere erlaubt». Auf Nachfrage liess sie die Verwaltung dann wissen, damit seien Hamster gemeint.

«Mein Kater Quito bedeutet mir sehr viel. Ich möchte ihn nicht missen», sagt N. Der Kater ist wie ein Familienmitglied. «Ich möchte auch in seinen letzten Lebensjahren noch für ihn sorgen können», so die 55-Jährige.

Eigentümer bestimmen die Regeln

Bei den Immobilienverwaltungen stösst sie damit auf wenig Verständnis. Die Haustier-Frage werde schon länger restriktiv gehandhabt, sagt der Schweizerische Verband der Immobilienwirtschaft (SVIT) auf Anfrage von Blick. «Das Thema beherrscht primär die Ballungszentren oder Überbauungen mit viel Wohnungen», sagt CEO Pascal Stutz (55). In der Agglomeration oder in ländlichen Gebieten seien die Regeln teilweise weniger streng.

Welche Haustiere sind in Mietwohnungen erlaubt?

Gibt ein Tier zu Klage Anlass, so kann der Vermieter verlangen, dass die Mietpartei die Katze weggibt. Laut dem Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband sind Katzen allerdings grundsätzlich erlaubt, wenn der Mietvertrag keine Bestimmung über die Haustierhaltung enthält.

Der Immobilieneigentümer darf die Katzenhaltung aber auch von vornherein gänzlich verbieten. In der Regel sind Hauskatzen kein Problem. Anders sieht es bei Freigängerkatzen aus. Denn diese können durch Katzentreppen oder Katzenschleusen das Erscheinungsbild der Liegenschaft stören, wie es heisst.

Ohne Einschränkungen erlaubt sind Kleintiere wie Mäuse, Hamster oder Fische. Für exotische Tiere wie Schlangen oder Spinnen braucht es wiederum die Erlaubnis des Vermieters.

Gibt ein Tier zu Klage Anlass, so kann der Vermieter verlangen, dass die Mietpartei die Katze weggibt. Laut dem Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband sind Katzen allerdings grundsätzlich erlaubt, wenn der Mietvertrag keine Bestimmung über die Haustierhaltung enthält.

Der Immobilieneigentümer darf die Katzenhaltung aber auch von vornherein gänzlich verbieten. In der Regel sind Hauskatzen kein Problem. Anders sieht es bei Freigängerkatzen aus. Denn diese können durch Katzentreppen oder Katzenschleusen das Erscheinungsbild der Liegenschaft stören, wie es heisst.

Ohne Einschränkungen erlaubt sind Kleintiere wie Mäuse, Hamster oder Fische. Für exotische Tiere wie Schlangen oder Spinnen braucht es wiederum die Erlaubnis des Vermieters.

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Laut Stutz entscheidet nicht die Verwaltung darüber, ob Mieterinnen und Mieter Haustiere halten dürfen oder nicht, sondern die Eigentümer der Liegenschaft. Es gehe um das Zusammenleben verschiedener Wohngemeinschaften unter einem Dach. «Verunreinigungen in den gemeinsam genutzten Bereichen durch Haustiere bergen ein hohes Konfliktpotenzial unter den Bewohnern», so Stutz.

Wohnungsangebot schrumpft weiter

Kommt dazu, dass die Wohnungssuche auch ohne Katze in vielen Regionen der Schweiz aktuell sehr schwierig ist. Laut Zahlen von Raiffeisen waren Ende Dezember letzten Jahres schweizweit 42 Prozent weniger Mietwohnungen auf Onlineportalen ausgeschrieben als noch vor einem Jahr. «Die Anzahl der ausgeschriebenen Wohnungen ist förmlich implodiert», sagt Martin Neff (62), Chefökonom von Raiffeisen Schweiz.

Wer in absehbarer Zeit eine neue Bleibe braucht, muss sich, auch ausserhalb der bekannten Hotspots, auf eine schwierige Wohnungssuche einstellen. Gleichzeitig werden immer weniger neue Wohnungen fertiggestellt. «Die Leerstände schmelzen entsprechend im Rekordtempo dahin», so Neff. Und legt nach: «Es ist fünf nach zwölf und längst Zeit, dass die Politik aktiv wird.»

Haustiere verheimlichen?

Aus der Not heraus hat N. zuletzt gelogen, um ihre Chancen zu verbessern. «Ich habe mich für eine Wohnung beworben, ohne meine Katze anzugeben», sagt die 55-Jährige. «Aus Angst, die Wohnung nicht zu bekommen, und weil mir die Zeit davonrennt.»

Die Katze oder den Hund zu verheimlichen, davon rät Fabian Gloor (37), Leiter der Hotline für die Rechtsberatung des Mieterinnen- und Mieterverbands, allerdings dringend ab. Wenn sich Mieterinnen gegen ein vertragliches Haustierverbot widersetzen, handle es sich rechtlich um eine Vertragsverletzung. Das kann ein Grund für eine Kündigung sein.

«In Zeiten von Wohnungsnot sind Vermieter am längeren Hebel und können sich ihre Bewohner nach ihren Wünschen aussuchen», sagt der Mietrechtsexperte. Deshalb haben es Tierhalter zunehmend schwer, eine Wohnung zu finden. N. stösst das sauer auf. Sie wünscht sich von Immobilienbesitzern weniger Engstirnigkeit und mehr Toleranz für die flauschigen Vierbeiner.

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