Markus Hauser (74) kleidete tout Bern ein
Hemdenkönig gibt auf

Der Vertrag für den Kellerladen ist gekündigt. Das Datum des letzten Verkaufstages steht. Für Berns Hemdenkönig Markus Hauser (74) bricht eine neue Zeit an.
Publiziert: 22.06.2020 um 23:31 Uhr
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Aktualisiert: 29.06.2020 um 15:30 Uhr
Marc Iseli

Das Inserat hängt schon seit über einem Jahr am Kellerladen von Markus Hauser (74). Mitten in der Berner Altstadt verkauft er ausgefallene Mode. Schweizweit einzigartig seien die Hemden. «Die gibt es sonst nirgends», sagt der Unternehmer.

Hauser sucht nach einem Nachfolger. Ohne Erfolg. Es gab Interessierte, zum Abschluss kam es aber nie. Einmal lag es am Preis. Ein anderes Mal sträubte er sich gegen die Vorstellungen des neuen Inhabers. Nicht einmal ein Auftritt im Schweizer Fernsehen hat genützt.

300'000 Franken wollte Hauser am Anfang für seinen Laden. Jetzt weiss er: «Ich kann mich glücklich schätzen, wenn ich aktuell noch die Hälfte davon bekomme.» 80'000 Franken koste das Inventar, sagt das Stadtoriginal. Plus, minus. Dazu kommen der Kundenstamm, die Lieferantenbeziehungen und eine Einarbeitungsphase. «Ich unterstütze den neuen Geschäftsführer gerne mit meinem Wissen. Ich begleite ihn beim ersten Einkauf.»

Comeback: So heisst der Berner Laden von Markus Hauser.
Foto: Marc Iseli
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Hoher Mietzins

Vor 15 Jahren hätte er sicher noch einen Nachfolger gefunden, sagt Hauser. «Heute ist die Situation schwierig.» Über Jahre bezahlte er einen Mietzins von 4500 Franken pro Monat für seinen Keller.

Zuletzt hat er zwar einen Nachlass erhalten. Trotzdem: Die Auslagen sind hoch, gleichzeitig sinkt die Besucherfrequenz. Das Geschäft im Netz hat den hiesigen Händlern das Wasser abgegraben. Das spürt auch Hauser. Von einer zweiten Schliessung aus finanziellen Gründen ist er aber weit entfernt. Die erste ist ein Teil der Geschichte Berns.

Hauser, heute «Hemdenkönig», damals Skandalnudel, machte Anfang der 90er-Jahre bereits einmal dicht. Er erinnert sich noch gut daran. Sein Modeunternehmen war beim SC Bern engagiert. Der Szenecoiffeur Valentino (59) lief an den Modeschauen. Und Ex-Miss-Schweiz Brigitte Voss (60) präsentierte sich in seinen Kleidern. Über der Anzeigetafel des alten Wankdorf-Stadions stand der Schriftzug seines Unternehmens Shop Trice.

Der Coup mit Mick Jagger

Hauser startete sein Mode-Abenteuer Ende der 60er-Jahre. Mit kaum einem Rappen in der Hosentasche schaffte er den Weg nach Paris. Er wollte Hemden einkaufen. Niemand liess sich auf den Deal mit dem Schweizer ohne Geld ein. Hauser kaufte stattdessen ein paar Plakate, ging wieder nach Hause und setzte die Ware ab. Dem Verleger Jürg Marquard (74) kaufte er für 300 Franken schliesslich ein Farbdia ab, das Mick Jagger (76) bei einem Konzertauftritt zeigt. 3000 Abzüge liess er zunächst davon drucken, brachte die Ware nach London und verkaufte die Rolling-Stones-Poster zu einem guten Preis. Plötzlich hatte Hauser etwas Stutz in der Hippie-Unternehmer-Tasche.

Er überlegte nicht lange. Statt das Geld auf den Kopf zu hauen, kaufte er 30 Mini-Kleider und transportierte die Ware in die Schweiz. Es waren die ersten Mini-Kleider des Landes. Ein Skandal. Heiss begehrt. Hauser landete schon wieder einen Hit.

Der Selfmade-Unternehmer blieb in den Schlagzeilen. Er hat seinen eigenen Kopf. Seinen eigenen Stil. Sein Firmenlogo zierte den Helm des legendären SCB-Goalies Renato «Toto» Tosio. In den 80ern dann bewegte das Hinterteil eines Mini die Gemüter. Er liess ein Auto zweiteilen und klebte den hinteren Teil an ein Schaufenster eines Ablegers in Thun BE. Die Gewerbepolizei spielte Sittenchef und liess den Mini in einer Nachtaktion verschwinden. Die Aufmerksamkeit war Hauser einmal mehr sicher.

Comeback mit dem Hemd

Anfang der 90er musste er schliesslich alles verkaufen. Die zusätzlich gemietete Ausstellungsfläche drückte aufs Portemonnaie. Die Sponsoring-Ausgaben waren zu hoch. Hauser verkaufte schliesslich alles. Er rettete sich in die USA und wagte kurz darauf einen Neustart. 1994 eröffnete er seinen Hemdenladen in einem Kellergeschoss nahe des Zytglogge-Turms. Mitten in der Berner Marktgasse. Der Name: Comeback.

Oben sind heute Läderach und Swarovski einquartiert. Unten ist die Mode von Hauser. In wenigen Monaten ist endgültig Schluss. Der Vertrag für die Liegenschaft ist gekündigt.

50 Quadratmeter Verkaufsfläche und 50 Quadratmeter Lager warten auf einen neuen Mieter. «Das Business hat Zukunft», sagt Hauser. Und falls er doch keinen Nachfolger findet, wird er unweigerlich zum finalen Ausverkauf ansetzen. «Die Deadline ist gesetzt: Am 31. März 2021 endet meine Zeit.»

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