Lieferengpässe sind schuld
Preise für Neuwagen und Occasionen explodieren

Der Zeitpunkt für einen Autokauf könnte kaum schlechter sein: Bei gewissen Neuwagen-Modelle beträgt die Lieferzeit zwischen 6 und 12 Monaten. Das lässt die Preise nach oben schiessen – auch bei den Occasionen.
Publiziert: 18.04.2022 um 16:29 Uhr
Martin Schmidt

Für Autokäufer herrschen alles andere als rosige Zeiten: Selten standen bei den Autohändlern so wenige Ausstellungsfahrzeuge wie derzeit. Das schränkt zum einen das Kauferlebnis ein. Käufer müssen sich aktuell aber auch auf monatelange Lieferfristen für ihr Wunschauto einstellen. So richtig schmerzhaft wird es dann beim Bezahlen. Der Kauf eines Neuwagens reisst heute ein deutlich grösseres Loch in die Haushaltskasse, als es noch vor einem Jahr der Fall war.

Die Gründe dafür sind rasch gefunden: Die Hersteller kommen mit der Produktion nicht hinterher. «Mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges ist die Situation der Lieferketten noch unsicherer geworden, als sie es bisher schon war», sagt Christoph Wolnik, Sprecher von Auto Schweiz. Neben der schlechten Lieferbarkeit von Halbleiterprodukten und Chips fehlt es vor allem an Kabelbäumen, die zu einem Grossteil in der Ukraine hergestellt werden.

Wartezeiten von bis zu 12 Monaten

Weil Material fehlt, mussten Autohersteller wie VW, Porsche oder Audi ihre Fabriken in Deutschland in diesem Frühjahr herunterfahren und gewisse Produktionen vorübergehend ganz einstellen. Die bereits beträchtlichen Lieferfristen dürften künftig also weiter ansteigen. Je nach Ausstattung und Marke müssen Kunden bereits heute bis zu 12 Monate auf ihr Auto warten, wie eine Blick-Umfrage unter den Importeuren ergeben hat.

Lieferengpässe bei Neuwagen lassen auch die Preise für Occasionen durch die Decke gehen.
Foto: Thomas Meier
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Der Halbleiter-Mangel trifft Hybrid- und Elektrofahrzeuge besonders hart: Bei einem VW ID.4 beträgt die Wartezeit derzeit 5 Monate, bei einem ID.3 gar 8 Monate. Beim Audi Q4 e-tron sind es 9 bis 12 Monate, beim Opel Zafira-e zwischen 6 und 7 Monate und beim Skoda Enyaq iV über 6 Monate. Genauso lange lassen bei Skoda die Benziner mit 2-Litermotoren auf sich warten.

In einzelnen Fällen erleben Käuferinnen und Käufer nach einem Teil der Wartezeit eine böse Überraschung und das Fahrzeug ist in der gewünschten Ausstattung überhaupt mehr nicht lieferbar. Dann müssen sich Händler und Käufer nochmals zusammensetzen und die Ausstattung anpassen.

Neuwagen mehrere 1000 Franken teurer

Das knappe Angebot lässt auch die Preise in die Höhe schiessen. Während beim Kauf eines Neuwagens wie einem 3er BMW früher Rabatte von 20 bis 30 Prozent winkten, ist es heute gerade noch die Hälfte. Für den BMW müssen also mindestens 7500 Franken mehr hingeblättert werden – je nach Ausstattung gar deutlich mehr.

Die Lieferketten-Probleme machen der Autoindustrie seit Ausbruch der Corona-Pandemie zu schaffen. Vor der Pandemie wurden in der Schweiz in guten Verkaufsjahren über 300'000 Neuwagen in Verkehr gesetzt. 2020 und 2021 waren es dann noch knapp 240'000. In diesem Jahr sollte es wieder besser werden, doch Auto Schweiz musste die Verkaufsprognosen für 2022 kürzlich nach unten korrigiert: «Eine Beibehaltung des Niveaus der vergangenen beiden Jahre wäre wahrscheinlich bereits als Erfolg zu werten», so Sprecher Christoph Wolnik.

Preisexplosion bei Occasionen

Weil viele Käuferinnen und Käufer nicht ein halbes Jahr auf ein Auto warten wollen oder können, ist die Nachfrage bei Occasion-Fahrzeugen geradezu explodiert. Gute Occasionen sind mittlerweile Mangelware. Die Preise haben innerhalb von 12 Monaten im Schnitt um rund 10 Prozent angezogen.

Bei beliebten Modellen wie einem VW Golf oder einem Fiat 500 ging es sogar um 20 Prozent nach oben, wie Autoscout24 für Blick nachgerechnet hat. So kostete ein 5 jähriger Golf derzeit durchschnittlich 21'592 Franken gegenüber 17'900 Franken im März 2021. Der Preis eines gleich alten Fiat 500 stieg im gleichen Zeitraum von 13'771 auf 16'406 Franken an. Beim 3er BMW ging es immerhin noch um 6 Prozent von 26'192 auf 27,972 Franken hoch.


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