Sie verkuppelt Bauern mit Kunden
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Lara Steiner hilt Landwirten:Sie verkuppelt Bauern mit Kunden

Lara Steiner (26) will mit ihrer neuen Online-Plattform den Landwirten helfen
Sie verkuppelt Bauern mit Kunden

Bauerntochter Lara Steiner will mit ihrer Online-Plattform den Landwirten helfen, einen fairen Preis für ihre Produkte zu erhalten. Indem sie den Detailhandel ausschalten und direkt an die Kunden verkaufen können – auch ohne physischen Hofladen.
Publiziert: 17.11.2020 um 00:55 Uhr
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Aktualisiert: 26.12.2020 um 19:45 Uhr
Franziska Scheven

Lara Steiner (26) hörte ihren Vater oft klagen. Es lohne sich kaum noch, ein Milchbauer zu sein. «Jeder Liter Milch, den ich produziere, ist für mich ein Verlust», sagte er oft. Der Grund: Statt in der eigenen Tasche landet der Grossteil des erzielten Erlöses bei den Zwischenhändlern und Endverkäufern.

«Der Bauer verdient zu wenig», sagt die junge Bauerntochter zu BLICK. «Wenn ein Liter Milch weniger hergibt, als die Herstellung kostet, und jede Preiserhöhung fast nur an die Detailhändler geht, dann stimmt etwas mit dem System nicht.»

Steiners Vater ist nicht der einzige Bauer, der sich durch den Preisdruck in der Schweizer Landwirtschaft existenziell bedroht sieht. Viele geben auf. Laut Bundesamt für Statistik (BFS) machen jedes Jahr rund 1000 Höfe dicht.

Lara Steiner hat Mucca.ch ins Leben gerufen, um den Landwirten den direkten Zugang zum Kunden zu erleichtern.
Foto: Franziska Scheven
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Darum rief Steiner, die hauptberuflich als Kundenberaterin bei einer Bank arbeitet, vor zwei Jahren Mucca.ch ins Leben – ähnlich wie die Verkupplungs- und Dating-App Tinder vermittelt ihre Plattform Produzenten und Kunden. Auf Mucca können sich Bauern für 140 Franken im Jahr registrieren. Seit einem Monat nun können Kunden auch direkt über die Seite Gemüse, Obst und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse bestellen.

Steiner: «Die Abwicklung der Bestellung und den Versand erledigen die Bauern selbst.» Sie stelle nur die Plattform für den Verkauf bereit und kümmere sich um die laufende Administration sowie die Werbung.

Direktverkauf als Rettung vieler Höfe

Der Direktverkauf wäre für viele Landwirte wohl die Rettung. «In der Tat gelangen von den Konsumenten-Franken im Detailhandel immer weniger bis zu den Bauernfamilien», bestätigt eine Sprecherin des Bauernverbands. Es sei daher gut, wenn Bauernfamilien ihre Produkte möglichst direkt an den Kunden bringen können.

Bisher macht der Direktverkauf im Gesamtmarkt gerade mal fünf Prozent aus. Die meisten Lebensmittel werden über den Detailhandel verkauft. «Viele Landwirte haben wenig Erfahrung mit dem Internet und den Vermarktungsmöglichkeiten online», erklärt Mucca-Gründerin Steiner. «Viele haben auch nicht die Zeit, sich nebenher noch um Dinge wie Internetvertrieb zu kümmern.»

Direktvermarktung bringt dem Bauer mehr Geld

Weiter als Steiners Direktvermarktungs-Plattform ist Farmy.ch, einer der grössten Anbieter mit etwa 100 Landwirten und 900 weiteren Produzenten. Die Bauern bringen ihre Ware entweder zu einer der beiden Farmy-Lagerhallen in Lausanne VD oder Zürich-Altstetten. Oder der Onlineshop-Betreiber holt die Produkte bei ihnen ab. Von dort werden die Waren direkt an die insgesamt 100'000 Kunden ausgeliefert. Der Unterschied hier: Wie auch die Grossen streicht Farmy eine Marge ein.

Auch Buur-on-Tour ist eine Direktvermarktungsplattform, die in sechs Regionen in der Schweiz vertreten ist. Ähnlich wie bei Mucca werden Kunden mit den Bauern direkt in Verbindung gesetzt. Gegen eine Gebühr von neun Franken für die Vermittlung und den Versand bekommen die etwa 100 registrierten Kunden auf diesem Weg die Ware zugestellt.

Kunde und Bauer lernen sich kennen

Mucca-Gründerin Steiner hat seit der Eröffnung vor vier Wochen bereits erste Kunden gewinnen können. Der Imker Stefan Bernet (43) ist seit der Gründung bei Mucca registriert. Er verkauft etwa 60 Prozent seiner Ware direkt an den Kunden. «Aber es ist schwierig, genug Abnehmer zu finden», sagt er.

Ein Glas mit 500 Gramm Honig kostet bei ihm 14 Franken. Im Endverkauf im Laden zahlt der Kunde bis zu 19 Franken dafür. «Es geht beim Direktverkauf vor allem darum, den Produzenten direkt zu unterstützen», sagt Bernet. Das ist auch Steiners Anliegen. «Unser Essen ist doch das Wichtigste, aber viele wissen gar nicht mehr, wer es produziert und wie viel Arbeit dahintersteckt», sagt sie. «Die Landwirtschaft ist wichtig und soll sich wieder rentieren.»

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