Kurz vor der Entlassungswelle
Diese 7 Fragen müssen CS-Banker nun klären

Wohl Tausende CS-Angestellte verlieren ihre Stelle. Was nun? Einen Headhunter anrufen? Die wichtigsten Antworten.
Publiziert: 22.08.2023 um 21:23 Uhr
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Aktualisiert: 22.08.2023 um 22:18 Uhr
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Stefan Mair
Handelszeitung

Es sind unangenehme Zeiten für viele Bankerinnen und Banker der Credit Suisse. Hunderte, möglicherweise Tausende von ihnen werden in den nächsten Wochen und Monaten ihre Stelle verlieren. Wie umgehen mit der Unsicherheit? Welche Aktionen sind jetzt sinnvoll? Und wann lohnen sich externe Beraterinnen und Berater für die Planung der weiteren Karriere? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

1

Wie gross ist die Chance, auf meinem Level und mit meinem alten Lohn eine gleichwertige Stelle zu erhalten?

«Es gab in der Finanzbranche schon grössere Entlassungswellen von mehreren Hundert Personen, aber solch eine zu erwartende grosse Welle haben wir auch noch nicht erlebt», sagt Stefan Hernandez, Managing Partner bei der Outplacement-Firma Grass & Partner in Zürich. In Zeiten von Entlassungswellen in der Finanzbranche, wo viele Menschen ihren Job verlieren, sei eine Neuorientierung oft unumgänglich. Diese Phase erfordert oft auch eine berufliche Transformation und Neuausrichtung, da die Finanzbranche deutlich Stellen abbaut und nicht jeder und jede wieder eine Stelle in der Branche erhalten wird. Die Chance, eine gleichwertige Stelle mit gleich hohem Lohn in der Finanzbranche zu finden, sei daher eher gering. 

2

Ist es sinnvoll, bereits vor der Entlassung einen Headhunter zu beauftragen?

Headhunter in Zürich werden von Anfragen von Bankerinnen und Bankern, denen die Entlassung droht, zurzeit überflutet, wie Headhunter-Firmen bestätigen. Das bringe aber oft nichts. «Die Headhunter erleben bereits eine gewachsene Anfragemenge, doch es besteht eine spezifische Herausforderung», erklärt Klaus Uhl, Leiter des Zürich-Standorts der Personalberatungsfirma von Rundstedt: «Headhunter arbeiten im Auftrag des suchenden Unternehmens – und suchen typischerweise keine Stellen für Privatpersonen.» Sein Dossier wahllos bei Headhuntern zu verteilen, sei daher in der jetzigen Lage eher wenig sinnvoll. 

Bei der neuen UBS stehen mit der CS-Übernahme intern grosse Veränderungen an.
Foto: Keystone
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Artikel aus der «Handelszeitung»

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3

Brauche ich einen Karriereberater?

Die Monate nach der Entlassung sind herausfordernd. Anstatt diesen Prozess alleine zu durchlaufen, empfiehlt es sich, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Eine erfahrene Beraterin kann helfen, Distanz zu gewinnen und Fachwissen und Marktkenntnisse einzubringen. Aspekte wie das eigene Alter und die Lebenssituation sollten dabei berücksichtigt werden. Wichtig ist, dass der Berater die Finanzbranche kennt und selbst auf ein breites Netzwerk zurückgreifen kann. Die vielen entlassenen CS-Bankerinnen und CS-Banker sind für Laufbahn- und Karrierecoaches – auch für solche ohne jeden Bezug zur Finanzbranche – eine attraktive Zielgruppe. Daher ist hier Vorsicht geboten. 

4

Wie lange dauert der Prozess der Neuorientierung realistischerweise?

Die Dauer des Neuorientierungsprozesses variiert je nach Alter, individuellen Wünschen und der vorherigen Position. Üblicherweise erstreckt sich der Prozess über etwa sieben bis acht Monate. Während dieser Zeit durchläuft man verschiedene Etappen, beginnend mit der Standortbestimmung, gefolgt von der Positionierung auf dem Markt, dem Ich-Marketing und der Aktivierung eines persönlichen Netzwerks. Die Unterstützung durch das eigene Netzwerk oder durch einen Berater mit grossem Netzwerk ist hier von entscheidender Bedeutung. 

5

Warum sind Freunde und Partnerinnen in dieser Situation nicht unbedingt gute Ratgeber?

Freundinnen und Familie unterstützen oft mit aufmunternden Worten wie «Du schaffst das schon», doch dies ist nicht immer der beste nachhaltig professionelle Ratschlag. Eine Standortbestimmung erfordert ehrliches Feedback von Personen, die die Branche und den Arbeitsmarkt kennen. Ein Kollege oder eine externe Beratungsperson kann hier wertvolle Einsichten bieten. Bei Ratschlägen des Partners oder der Partnerin spielt zudem die Sicherheitsperspektive meist eine Rolle – der Wunsch nach Stabilität kann den Drang zur notwendigen Veränderung aber behindern.

6

Was ist die erste psychologische Reaktion nach der Entlassung?

«Die ersten Momente nach der Entlassung können eine grosse Leere auslösen – die Unsicherheit darüber, was als Nächstes zu tun ist, prägt. Inmitten dieser Unsicherheit ist es wichtig, sich zu sammeln und die eigene Situation gründlich zu analysieren», so Stefan Hernandez, der bereits sehr viele Menschen begleitet hat, die sich umorientieren mussten. Von-Rundstedt-Berater Klaus Uhl sagt: «Wir beobachten nach der Kündigung die gesamte Bandbreite der menschlichen Emotionen, angefangen von Trauer, Wut und Enttäuschung bis hin zur Erleichterung, dass nun endlich Gewissheit herrscht und die Unsicherheit ein Ende hat. Die Reaktionen bei Personen aus der Finanzbranche unterscheiden sich aber nicht von jenen aus anderen Branchen.» Das Thema Ende der Unsicherheit dürfte aufgrund der grossen Publizität der Entlassungswelle eine Rolle spielen.

7

Welche Fragen muss ich mir bei einer Neuorientierung stellen?

Eine empfehlenswerte Strategie für Banker und Bankerinnen, die in den nächsten Wochen entlassen werden, beinhaltet die regelmässige Auseinandersetzung mit den folgenden Fragen, so Experte Uhl: Wie verändert sich mein Berufsbild, meine Branche oder meine Unternehmung in den nächsten Jahren? Welche Fähigkeiten benötige ich heute und in naher Zukunft, um meine Arbeitsmarktfähigkeit zu erhalten oder allenfalls sogar zu verbessern? Was sind meine Erfolge – und kann ich diese überzeugend darlegen? Habe ich aussagekräftige Bewerbungsunterlagen? Verfüge ich über ein belastbares Netzwerk, und investiere ich Zeit und Energie, dieses aufrechtzuerhalten und zu erweitern? Unabhängig davon, ob eine Kündigung erwartet wird oder das Vertrauen darin besteht, dass die Karriere bei der UBS fortgesetzt werden kann, sei es ratsam, so Klaus Uhl, sich regelmässig mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Denn dies unterstütze eine proaktive Herangehensweise an die eigene berufliche Entwicklung und ermögliche die Anpassung an die sich wandelnden Anforderungen des Arbeitsmarktes.

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