Kein Entgegenkommen für Lockdown-Kosten
Telekom-Firmen prellen Kunden um Roaming-Guthaben

Schweizer Telecom-Kunden müssen sich Roaming-Guthaben ans Bein streichen, die sie infolge der Lockdown-Grenzschliessungen nicht nutzen konnten – mit einer Ausnahme. Das zeigt eine Comparis-Umfrage bei Swisscom, Sunrise, Salt und UPC.
Publiziert: 08.06.2020 um 14:48 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2020 um 17:55 Uhr
Simon Bühler

Viele Firmen mit Abo-Modellen wie Fitness-Studios oder Betreiber des öffentlichen Verkehrs zeigten sich im Lockdown kulant. Sie verlängern ihre Abos oder erstatten Geld zurück. Während des Lockdowns konnten die Schweizerinnen und Schweizer eine Vielzahl von Produkten nicht so nutzen wie sonst. Nicht so die Telecom-Provider: «Wegen der Grenzschliessungen nicht nutzbare Roaming-Guthaben müssen sich die Kunden ans Bein streichen. Einzig Salt erstattet den Kaufpreis für nicht verwendete Datenpakete zurück – aber nur auf Anfrage.» So lautet das Ergebnis einer Umfrage bei Swisscom, Sunrise, Salt und UPC, die heute publiziert wurde.

«Die Telekom-Anbieter veräppeln ihre Kunden», kritisiert Telecomexperte Jean-Claude Frick beim Vergleichsdienst Comparis, welche die Umfrage durchgeführt hat. Für Frick ist das Verhalten der Telecom-Provider inakzeptabel: «Natürlich mussten die Telecom-Anbieter auch während des Lockdowns ihre Infrastruktur aufrechterhalten. Dennoch ist es stossend, dass die Kosten vollumfänglich auf die Kunden abgewälzt werden», ärgert er sich.

Swisscom: Keine generelle Abo-Reduktion

Wegen Reiseeinschränkungen und Grenzschliessungen während des Lockdowns konnten Roaming-Dienstleistungen nicht genutzt werden. Doch die Telecom-Provider zeigen sich wenig kulant.
Foto: Getty Images
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Zwar habe Platzhirsch Swisscom den Personen, die unfreiwillig im Ausland feststeckten Roamingkosten in der Höhe von bis zu 200 Franken erlassen. Eine generelle Abo-Reduktion bzw. eine Verlängerung der Roaming-Tage biete Swisscom aber für Personen im Inland nicht an. «Bei den neuen Mobileabos können Kunden das Abo jederzeit anpassen und innerhalb der Angebote wechseln», heisst es dort auf Anfrage.

UPC: 30 Tage Kündigungsfrist

Bei UPC seien ebenfalls keine Rückvergütungen geplant. Auch hier beruft man sich offenbar auf die flexible Anpassungsmöglichkeit der Abos. Hier ist tatsächlich ein Wechsel auf ein Schweizer Abo ohne Einbusse möglich – allerdings nur mit einer Kündigungsfrist von 30 Tagen. Mit anderen Worten: Auch hier müssen die Kunden selbst aktiv werden. Pech haben zudem Kunden, die im Hinblick auf eine Reise separat Roaming-Optionen gekauft haben. Diese sind nur 30 Tage ab Aktivierung gültig.

Sunrise: Wechsel ohne Einbusse möglich

Bei Sunrise ist zwar dank des «Freedom-Angebots» jederzeit ein Wechsel zu den reinen Schweizer Produkten «Swiss Start», «Swiss Calls» oder «Swiss Unlimited» möglich. Dabei muss nicht auf Datenvolumen oder Datengeschwindigkeit verzichtet werden. Allerdings auch hier: Die Kunden müssen sich aktiv um eine Abo-Anpassung kümmern.

Salt: Rückerstattung auf Anfrage

Einzig Salt sagt auf Anfrage von Comparis: «Während der aussergewöhnlichen Phase, die wir gerade erlebt haben, haben wir unsere üblichen Goodwill-Richtlinien situationsgerecht und je nach Preisplan des betroffenen Kunden angepasst.» So sei den Kunden der Kaufpreis für nicht verwendete Roaming-Datenpakete zurückerstattet worden – allerdings nur auf Anfrage. Der Wechsel zu einem günstigeren Preisplan ist zudem nur ab drei Monate vor Vertragsende gebührenfrei. Bei einem früheren Wechsel fallen Gebühren an.

Experte fordert flächendeckende Rückerstattung

Dass das Roaming-Thema tatsächlich viele Leute betrifft und nicht ein paar wenige, zeige der Einbruch der Roaming-Nutzung in den letzten Monaten. Sowohl UPC als auch Sunrise sprechen von deutlichen Umsatzeinbussen. Und bei Salt rechnet man in den kommenden Monaten ebenfalls mit «einem gewissen Rückgang» aufgrund der weiter teilweise vorhandenen Reiseeinschränkungen.

Für Comparis-Telecomexperte Jean-Claude Frick ist klar: «Die Provider müssten flächendeckend den Kunden mit Roaming-Inklusive-Guthaben einen Teil zurückerstatten, bzw. einen Teil der Tage aufs neue Jahr übertragen.» Das Argument, die geplante Reisetätigkeit werde nach der Grenzöffnung nachgeholt, lässt er nicht gelten. «Die Leute haben beschränkte Urlaubstage. Es ist absehbar, dass viele ihre Ferien aufgrund der diversen Restriktionen heuer im Inland verbringen werden und somit die fürs Roaming bezahlten Leistungen gar nicht nutzen können.»

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