Kann die Parallelwährung das Schuldenproblem lösen?
Italien im Fieber der Mini-Bots

In Italien beflügeln die Mini-Bots die Phantasien. Die einen sehen in den Schuldscheinen die Rettung aus dem Verschuldungskreislauf. Andere vermuten, dass sie als Parallelwährung den Euro ersetzen sollen.
Publiziert: 12.06.2019 um 17:18 Uhr
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Aktualisiert: 13.06.2019 um 11:30 Uhr
Claudia Gnehm

Die Mini-Bots sind in Italien in aller Munde. Kein Wunder, versprechen sie doch die Schuldenprobleme in Luft aufzulösen. Doch könnte die Parallelwährung in Italien den Euro überhaupt ablösen?

Die Regierungspartei Lega präsentierte die Mini-Bots erstmals vor zwei Jahren als einen Schritt zu einer italienischen Ersatzwährung für den Tag nach dem Ausstieg Italiens aus dem Euro. «Bot» (Abkürzung von «Buono ordinario del Tesoro», übersetzt «Schatzanweisung») steht für Staatstitel mit einer Laufzeit von höchstens einem Jahr. Die Regierung soll die Mini-Bots herausgeben, um offene staatliche Rechnungen zu zahlen.

Verkappte Parallelwährung zum Euro

Richtig aufgeflammt ist das Thema der Mini-Bots letzten Monat, nachdem das Abgeordnetenhaus eine Resolution für die Mini-Bots verabschiedet hatte. Kritiker sehen sie als verkappte Parallelwährung zum Euro.

Vizepremierminister und Lega-Chef Matteo Salvini ist der grösste Verfechter der Mini-Bots.
Foto: AP
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Pikant ist die Forderung nach den Schuldscheinen, weil der Europäische-Zentralbank-Präsident Mario Draghi derzeit von Italien die Senkung der Schulden verlangt. Die Ausgabe von Mini-Bots sieht Draghi als staatliche Gutscheine, die den Schuldenberg nur vergrössern würden. Auch wenn sie als Geld genutzt würden, wäre das für die EZB problematisch. Die Ausgabe von Geld parallel zum Euro würde gegen die Geburtsurkunde des Euro verstossen, den Vertrag von Maastricht.

Design für Mini-Bots vorhanden

Ungeachtet der Kritik aus Brüssel fordert die rechtsorientierte Regierungspartei Lega unter ihrem Chef Matteo Salvini weiterhin, dass solche Titel ausgegeben werden sollten, um offene staatliche Lieferantenrechnungen zu bezahlen. Deren Volumen wird auf rund 50 Milliarden Euro oder drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts geschätzt.

Dass Italiens öffentliche Institutionen, die sich mit ihren Zahlungen oft Monate und Jahre Zeit lassen, schneller ihre Rechnungen begleichen sollten, findet grossen Anklang. Verlockend ist für viele Italiener auch die Aussicht, dass sie beim Fiskus ihre Steuerschulden mit Mini-Bots begleichen können.

Ein italienischer Designer hat bereits eine Mini-Bot-Notenserie entworfen. Dagegen, dass die Geldscheine bald zirkulieren, wehrt sich neben Brüssel auch das italienische Finanzministerium.

Vielleicht nur Scheindebatte

Die Mini-Bot beflügeln Ängste und Hoffnungen. Womöglich hat die Lega die Debatte um die Mini-Bot nur lanciert, um gegenüber Brüssel weiter Druck aufzubauen. Dies, damit sie am Schluss gar nicht die Schuldscheine, sondern mehr Budgetspielraum erhält.

Klar ist, dass das Mini-Bot-Fieber das Vertrauen in Italien untergräbt und die Schuldzinsen weiter in die Höhe treiben könnte.

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