Kampf gegen Food Waste
Lidl geht mit neuem Produkt-Hinweis in die Offensive

In der Schweiz werden jährlich 2,6 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Der Discounter Lidl will in Zukunft Konsumenten besser darauf hinweisen, dass gewisse Nahrungsmittel nach überschrittenem Haltbarkeitsdatum noch geniessbar sind.
Publiziert: 24.02.2020 um 17:37 Uhr
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Aktualisiert: 19.12.2020 um 12:34 Uhr
Jenny Wagner

Food Waste findet auf verschiedenen Ebenen statt: Bereits auf den Feldern wird nicht alles geerntet. Oder der Konsument schmeisst in Eile das angebissene Weggli weg, und im Kühlschrank gammeln zu viel eingekaufte Lebensmittel vor sich hin. Auch in der Gastronomie landen massenweise Essensreste im Kübel. Mitarbeiter sortieren nach Geschäftsschluss in den Supermärkten abgelaufene Produkte aus.

Allein in der Schweiz werden ein Drittel der Lebensmittel verschwendet. Laut dem Bundesamt für Umwelt wirft der durchschnittliche Schweizer Bürger 600 Franken im Jahr dadurch zum Fenster raus.

Lidl beschriftet neu mit «oft länger gut»

In Kooperation mit dem dänischen Unternehmen «Too Good To Go» will der Discounter Lidl künftig gezielter auf das Mindesthaltbarkeitsdatum hinweisen. Neben der Datierung steht auf ausgewählten Produkten aus der eigenen Herstellung in Zukunft «oft länger gut» drauf.

Lidl zieht mit «Too Good To Go» in den Kampf gegen Food Waste.
Foto: AFP
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Diese zusätzliche Beschriftung wird in der Schweiz allmählich bekannter. Zum Beispiel pappen den Hinweis Milchverarbeiter Emmi oder Lebensmittelhersteller Nestlé auf manche ihrer Produkte.

Lidl ist allerdings der erste Detailhändler in der Schweiz, der einen solchen Hinweis auf gewisse Eigenmarkenprodukte aufdruckt. Laut Mitteilung will der Discounter damit helfen, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden.

Das Unternehmen «Too Good To Go» ist einer der Vorreiter im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung. Neben des Labels «oft länger gut» gibt es eine App, die es Konsumenten ermöglicht, übriges Essen vor dem Mülleimer zu retten und billig zu erwerben. Einzelne Lidl-Filialen machen hier ebenfalls mit.

Verbrauchsdatum ist nicht Haltbarkeitsdatum

Ein grosses Problem ist die Verwechslung zwischen dem Verbrauchsdatum und dem Mindesthaltbarkeitsdatum. Das Verbrauchsdatum dient der Lebensmittelsicherheit und steht auf Produkten wie Hackfleisch, Fisch oder Produkten mit rohen Eiern. Solche Produkte nach Ablauf zu konsumieren gefährdet laut Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (BLV) die Gesundheit.

Anders ist es beim Haltbarkeitsdatum. Das zeigt, bis wann die Qualität der Produkte sich nicht verändert. Viele Produkte sind bei korrekter Lagerung über das angegebene Datum hinaus geniessbar. Tiefkühlkost zum Beispiel kann sogar ein halbes Jahr nach Überschreitung des Ablaufdatums verzehrt werden.

«Auch Verwechslungen der Haltbarkeitsdaten sind für Lebensmittelabfälle verantwortlich», sagt Larissa Gerhard, Managerin von «Too Good To Go» zu BLICK. Sie lobt den Schritt von Lidl, mit dem Hinweis auf Eigenmarkenprodukten mehr Klarheit beim Ablaufdatum zu schaffen.

Auf die Sinne vertrauen

Der Konsument soll selbst handeln und sich nicht auf das Datum verlassen. «Schauen, Riechen, Schmecken, Geniessen», lautet die Devise. Denn damit lässt sich Müll und Verschwendung vermeiden.

«Durch Massnahmen wie die schrittweise Vergünstigung bekämpfen wir Food Waste seit Jahren sehr erfolgreich», sagt Thomas Kaderli, Sprecher von Denner. Mit Rabattklebern sensibilisiere der Discounter gleichzeitig seine Kunden für das Thema. «Ein Grossteil des Food Waste fällt noch immer in den Privathaushalten an», so Kaderli.

Aldi Suisse, Lidl und Denner

Damit weniger Lebensmittel im Müll landen, setzen die Discounter Aldi Suisse, Denner und Lidl auf Preisnachlässe und Spenden Produkten an karitative Organisationen wie «Schweizer Tafel» oder «Tischlein deck dich».

Aldi und Denner sehen bislang davon ab, den Stempel «oft länger gut» auf ihre Produkte anzubringen. «Eine Kooperation mit ‹Good Too To Go› ist trotz unseres weitreichenden Engagements gegen Food Waste derzeit nicht angedacht», sagt Aldi Suisse auf Anfrage von BLICK.

Expertin: Tropfen auf heissen Stein

«Das Thema Food Waste darf betriebsintern nicht beim Label stehenbleiben», sagt Karin Spori vom Verein Foodwaste.ch. Manche Konsumenten fühlen sich durch das Label bei der Lagerung der Produkte sicherer, für andere mache der Hinweis keinen Unterschied.


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