Kahlschlag im Aargau
Alstom-Poker: Die Schweiz zahlt den Preis

Bei Alstom im Aargau werden 1300 Stellen gestrichen, obwohl General Electric im Juni noch versicherte, dass alle Angestellte in der Schweiz ihre Arbeit behalten können.
Publiziert: 17.01.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:35 Uhr
Moritz Kaufmann und Guido Schätti

Noch immer sitzt der Schock tief: Der US-Industriemulti General Electric (GE) gab am Mittwoch bekannt, dass im Aargau 1300 Stellen ausradiert werden. Dies, nachdem Bundesrat Johann Schneider-Ammann (63) von den Amerikanern noch im Juni Zusagen bekam, dass sämtliche 5500 ehemaligen Alstom-Angestellten in der Schweiz weiterbeschäftigt werden. Wie konnte es so weit kommen?

Rückblende: Im Frühling 2014 war bekannt geworden, dass GE die Energiesparte des französischen Konkurrenten Alstom übernehmen will, die über 70 Prozent des Alstom-Umsatzes ausmachte. Die aufgescheuchte Regierung in Paris lehnte den Verkauf ab.

Doch GE liess nicht locker. Im November 2014 stimmte Frankreich schliesslich doch zu. Aber nicht gratis: Der US-Industriemulti musste dem französischen Staat Zugeständnisse machen. «GE muss die vertraglichen Konditionen erfüllen», sagt der frühere Alstom-Schweiz-Chef Walter Gränicher zu SonntagsBlick. Die Amerikaner hatten den Franzosen 1000 neue Jobs in Frankreich versprochen. Diese entstehen nun am GE-Sitz in Belfort (F), nordöstlich der Schweizer Grenze. «Belfort wird gestärkt», so Gränicher.

Bundesrat Johann Schneider-Ammann (63) will keine Schweizer Industriepolitik.
Foto: Keystone
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Soll die Schweiz genauso offensiv vorgehen wie die Franzosen? Der zuständige Aargauer Regierungsrat Urs Hofmann (59) plädiert dafür, dass sich der Staat verstärkt einmischt, vorerst bei der Bewältigung der Krise: «Es soll mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft geprüft werden, wie die Betroffenen optimal unterstützt werden können.» Zum Beispiel durch spezielle Angebote  für Weiterbildungen und Stellenvermittlung.

Doch Hofmann denkt grösser. Er fordert ein spezielles Gremium aus Bundesrat, Gewerkschaften, Arbeitgebern und Kantonen, welches die Industrie in der Schweiz fördert. Ins gleiche Horn bläst Mathias Regotz (38), Vizepräsident der Gewerkschaft Syna: «Wir wünschen uns eine nationale Zusammenarbeit mit allen wichtigen Playern wie bei der Landwirtschaft. Dort ist das selbstverständlich.»

Dumm nur: Wirtschaftsminister Schneider-Ammann spielt da nicht mit.

An der SVP-Albisgüetli-Tagung am Freitagabend betonte der Bundespräsident, dass er eine Schweizer Industriepolitik ablehne.

Den GE-Jobabbau im Aargau hätte die Politik sowieso kaum verhindern können. So sieht es  zumindest der ehemalige Alstom-Chef Gränicher: «Im Kraftwerksbau in Europa läuft nichts mehr.» Europa verzeichnet ein Überangebot an Strom, der Bau von Kraftwerken erfolgt nur noch auf Sparflamme.

Der Industrieprofi: «Die Restrukturierung ist deshalb nachvollziehbar und logisch.»

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