Jetzt springen sogar Touristen in die Bresche
Walliser Volg-Lädeli kämpft mit massiver Personalnot

In Wintersportorten haben die Dorflädeli in der Skisaison sieben Tage die Woche geöffnet. Das braucht zusätzliches Personal – und das ist in diesem Winter kaum zu finden. Eine Filialleiterin aus dem Oberwallis greift nun zu einer ungewöhnlichen Methode.
Publiziert: 30.11.2022 um 18:52 Uhr
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Aktualisiert: 01.12.2022 um 08:40 Uhr
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Sarah FrattaroliStv. Wirtschaftschefin

«Bist du bereit für ein spannendes Abenteuer?», fragt Vera Alder in einem Facebook-Beitrag. Sie ist Filialleiterin des Dorfladens Volg in Bellwald VS. In der Wintersaison, wenn Skitouristen den kleinen Ort im Oberwallis fluten, braucht Alder zusätzliches Personal. Doch der Fachkräftemangel macht ihr einen Strich durch die Rechnung.

«Die Personalsuche war noch nie so schwierig wie dieses Jahr», erzählt Martin Jakob (55), bei Volg verantwortlich für die Regionen Oberwallis, Berner Oberland und Romandie. Nicht nur Bellwald ist betroffen. Auch andere Skidestinationen sind in diesem Winter mit einem nie dagewesenen Personalengpass konfrontiert.

Ein diese Woche erschienener Index des Personalvermittlers Adecco spricht im ganzen Land von einem «nie dagewesenen Fachkräftemangel». Im Vergleich zum Vorjahr hat der dieser demnach um 68 Prozent zugenommen. Am stärksten betroffen sind Gesundheits-, Ingenieur- und Industrieberufe. Das Verkaufspersonal liegt im Mittelfeld aller Berufsgruppen. Doch die Studie kommt zum Schluss, dass die Personalsituation in der gesamten Wirtschaft historisch schwierig geworden ist.

In Bellwald VS suchte der Volg mit diesem Schild nach Aushilfen für die Wintersaison.
Foto: Pascal Ritter
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«Branchenkenntnis nicht notwendig»

Im Bellwald nahm Filialleiterin Vera Alder das Heft irgendwann selber in die Hand: Sie stellte ein Schild vor den Volg, postete jeden Tag Beiträge bei Facebook. Darüber berichteten zuerst die Titel von «CH Media».

In Alders Aufruf heisst es: «Branchenkenntnis nicht notwendig. WG-Zimmer vorhanden.» Die Wohnsituation ist in Bergdestinationen eine zusätzliche Hürde bei der Personalsuche. Auch Hoteliers und Beizer kämpfen damit, ihrem Personal bezahlbare Wohnungen anbieten zu können, damit sie nicht in überteuerten Ferienwohnungen unterkommen müssen, für die der gesamte Lohn draufgeht.

Dorfbewohner helfen aus

Alder hat dank ihres ungewöhnlichen Aufrufs mittlerweile genug Personal rekrutiert. «Es haben sich viele Dorfbewohner gemeldet, denen der Laden am Herzen liegt», sagt Martin Jakob. «Sie kommen morgens für einige Stunden in den Laden, um beim Auffüllen der Regale zu helfen.»

Sogar Touristen springen in die Bresche! Nicht solche, die nur eine Woche für die Skiferien nach Bellwald kommen. «Dafür sind die Abläufe zu komplex», winkt Jakob ab. Aber Dauergäste, die die ganze Saison im Wallis verbringen. «In Binn haben wir eine Frau, die den ganzen Sommer auf dem Campingplatz verbringt und in dieser Zeit stundenweise im Volg aushilft.»

In Bellwald hat sich eine junge Deutschschweizerin gefunden, die für einen Saisoneinsatz ins Wallis zieht. «Vielleicht können wir sie auch nach der Wintersaison halten», hofft Jakob.

Fürs Erste jedenfalls sind die gröbsten Vakanzen gedeckt, die Dorfläden im Wallis und im Berner Oberland sind bereit für die Saison. «Jetzt fehlt nur noch der Schnee!», sagt Jakob lachend.

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