Ist Satoshi Nakamoto ein Genie? Das FBI? Oder doch Russland?
Das grosse Mysterium um den Bitcoin-Gründer

Sein Pseudonym ist Satoshi Nakamoto – seine wahre Identität bis heute unbekannt: Um den Erfinder der ersten und grössten Kryptowährung Bitcoin ranken sich zahlreiche Mythen. Eine Spurensuche.
Publiziert: 19.10.2022 um 14:46 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2022 um 10:38 Uhr
Nicola Imfeld

Es ist der 31. Oktober 2008, die globale Finanzkrise hat die Welt fest im Griff. Da veröffentlicht ein gewisser Satoshi Nakamoto sein mittlerweile legendär gewordenes Bitcoin-Whitepaper auf der Plattform «P2P Foundation». Satoshi breitetet darin auf acht Seiten seine Idee zu Bitcoin aus. Im Februar 2009 stellt Satoshi den sogenannten Open Source Code seines Bitcoin-Systems ins Forum. Eine Software, deren Quellcode frei verfügbar und von Dritten eingesehen werden kann. Die erste Kryptowährung der Welt ist geboren!

In der Folge geht der Bitcoin durch die Decke. In den Anfängen stösst die Währung vor allem im Darknet, einem versteckten Teil des Internets, auf Interesse. Kriminelle nutzen die Anonymität der Digitalwährung für Drogen-, Waffenhandel und Geldwäscherei. Das gefällt Satoshi Nakamoto überhaupt nicht. Im April 2011 steigt er aus seinem Projekt aus. «Ich mache jetzt andere Dinge», schreibt er ins Forum. Es sollte das letzte Lebenszeichen des Bitcoin-Erfinders sein.

Abenteuerliche Theorien

Was aus dem Bitcoin seither geworden ist, hätte sich wohl auch Satoshi in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Die erste Kryptowährung kommt 2022 auf eine Marktkapitalisierung von 370 Milliarden Franken. Ein Bitcoin kostet gut 19'000 Franken. Und über 19'000 weitere Digitalwährungen sind seit 2008 erschaffen worden.

Der mysteriöse Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto wurde 2021 in Budapest enthüllt.
Foto: ATTILA KISBENEDEK
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Kein Wunder, ist das Geheimnis um den verschwundenen Bitcoin-Erfinder zu einem der grössten Rätsel der Neuzeit geworden. Es ist bis heute unklar, ob hinter dem Pseudonym Satoshi ein Genie oder eine ganze Entwicklergruppe steckt. Auf sozialen Medien reichen die teils abenteuerlichen Spekulationen von Organisationen wie dem amerikanischen FBI bis hin zu ganzen Staaten wie Russland oder China.

Sie kennen Satoshi angeblich

Immer wieder melden sich Unternehmer-Persönlichkeiten zu Wort, die die Identität des Bitcoin-Erfinders kennen wollen. Der mittlerweile verstorbene Krypto-Experte und Antiviren-Pionier John McAfee (†75) beispielsweise wollte über eine Sprachanalyse mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit herausgefunden haben, wer hinter Satoshi Nakamoto steckt. Seinen Namen nennen wollte er aber nie, «um ihn nicht in Lebensgefahr zu bringen», so McAfee.

US-Multimillionär Dan Peña (77) geht gar noch einen Schritt weiter. Er kenne die Identität von Satoshi zu «100 Prozent». «Wenn Sie wüssten, wer wirklich hinter Bitcoin steckt, würden Sie so verdammt schnell laufen, wie Sie können, um Bitcoin zu verkaufen», sagte er in einem Video. «Wenn der wahre Gründer bekannt wird, stürzt Bitcoin ab auf null, und zwar im Bruchteil einer Sekunde.» Auch er gibt den Namen aber nicht preis. In einem anderen Video vermutet Peña plötzlich eine russische Verschwörung hinter Bitcoin.

Oder da wäre auch noch US-Milliardär Peter Thiel (54), der mit Satoshi an einem Strand auf der Karibikinsel Anguilla gewesen sein will. Auch er will den Bitcoin-Erfinder nicht enttarnen, weil die Regierung ihn sonst verhaften würde.

Hochstapler aus Australien

Im Jahr 2019 kam es zur angeblichen Auflösung des Rätsels. Der australische Informatiker und Geschäftsmann Craig Steven Wright (52) outete sich im Magazin «Economist» als Satoshi Nakamoto. «Ich habe die meiste Arbeit gemacht, aber andere haben mitgeholfen», sagte er. Den Decknamen Nakamoto habe er von Tominaga Nakamoto, einem japanischen Philosophen aus dem 17. Jahrhundert, übernommen. Woher der Vorname stammt, bleibt offen.

Doch der Australier bleibt die angekündigten Beweise schuldig. In der Krypto-Szene und der Öffentlichkeit werden seine Aussagen mittlerweile als falsch angesehen. Das Rätsel um den Bitcoin-Erfinder bleibt ungeklärt.

Das ist über Satoshi bekannt

Faktisch ist neben dem Pseudonym nur wenig bekannt. In seinem damaligen Profil stellte sich Satoshi als japanischer Mann dar, angeblich geboren am 5. April 1975. Im Profilbild war lediglich ein Schattenumriss zu sehen. Er schrieb in perfektem Englisch, nutzte dabei die britische Rechtschreibung. Satoshi war nicht nur ein begnadeter Programmierer, er kannte sich auch bestens mit dem existierenden Geldsystem aus.

Dieses lehnte er aus tiefer Überzeugung ab – Satoshi positionierte sich immer wieder klar gegen das Bankwesen, Zentralbanken und Regierungen. In Zeiten der globalen Finanzkrise fand er damit viel Gehör. Sein dezentrales Bitcoin-System sollte Unabhängigkeit garantieren, indem Menschen den althergebrachten Institutionen nicht mehr blind vertrauen müssten.

Sein Vermögen: 19 Milliarden Franken

Einer Hacker-Gruppe ist es zwar mal gelungen, Satoshis E-Mail-Konto zu knacken, nicht aber seine Identität. Und so bleibt Satoshi Nakamoto bis heute ein Mysterium. Er besitzt nach wie vor die erste Million geschürfter Bitcoins, hat als einziger Zugang zum sogenannten Satoshi-Wallet. Auf 19 Milliarden Franken beläuft sich sein Bitcoin-Vermögen heute. Zu Geld gemacht hat er diese nie.

Hat Satoshi Nakamoto den digitalen Schlüssel verloren? Ist er tot? Oder glaubt er, dereinst noch mehr Geld mit Bitcoins machen zu können? Es sind Fragen, die nur der Bitcoin-Erfinder selbst beantworten könnte.

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