«Ich bin alleine in der Küche, das geht an die Substanz»
Walliser Spitzenkoch schmeisst hin – wegen Personalmangel!

Mario Inderschmitten hat 15 Gault-Millau-Punkte und war Mitglied der Koch-Nati. Nun hört der Top-Gastronom auf. Der Fachkäftemangel und ständig steigende Preise machen ihm zu schaffen.
Publiziert: 13.07.2022 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 13.07.2022 um 22:40 Uhr
Patrik Berger

Die Worte auf der Website des Hotels Albrun in Binn VS sind deutlich. «Schweren Herzens haben wir uns entschieden, das Hotel auf Ende Winter 2023 zu schliessen», schreibt Besitzer Mario Inderschmitten (36). «Der konstante Mitarbeitermangel sowie die sich verschärfende Preissituation in der Gastrobranche verunmöglichen uns eine Zukunft im Binntal.»

In der Hochsaison im Juli und August arbeiten normalerweise acht Angestellte im Betrieb. Für den Sommer sieht es aber nicht gut aus. Noch immer sind sechs Stellen nicht besetzt. «Seit einem halben Jahr suchen wir Servicepersonal. Zudem brauchen wir Zimmerhilfen und eine Küchenhilfe», sagt Inderschmitten.

Er selbst steht in der Küche. Der gelernte Koch und Patissier war Mitglied der Schweizer Koch-Nationalmannschaft und hat 15 Gault-Millau-Punkte. «Ich bin alleine in der Küche, das geht an die Substanz», sagt er. Seine Frau Laetitia (42) bedient die Gäste im Restaurant und kümmert sich um das Hotel mit elf Zimmern.

Hotel Albrun in Binn: Auf Ende Winter 2023 ist Schluss.
Foto: PD
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«Binn ist sehr abgelegen»

Doch wieso findet Inderschmitten kein Personal? «Binn liegt sehr abgelegen, das ist sicher ein Faktor», sagt er. Die ganze Corona-Geschichte trage das Ihrige dazu bei. «Viele haben wahrscheinlich während des Lockdowns gemerkt, wie angenehm es ist, am Abend und am Wochenende frei zu haben. Die kommen nicht mehr zurück.»

Zudem bereiten Inderschmitten die steigenden Preise grosse Sorgen. «Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs wird alles teurer», sagt er. Er könne nicht alle Preiserhöhungen auf die Kunden abwälzen. Sonst würden diese ausbleiben.

So sei er mit seiner Frau nach langen Gesprächen zum Schluss gekommen, das traditionsreiche Haus zu schliessen. «Irgendwann muss man einfach eine Entscheidung treffen», sagt Inderschmitten. «Aber es ist alles andere als einfach, einen Familienbetrieb aufzugeben. Wir haben ihn vor bald neun Jahren von meinem Vater übernommen. Noch schlimmer macht es die Tatsache, dass der Betrieb sehr gut läuft», sagt er.

«Haben das Angebot stark reduziert»

Schweren Herzens hat er sich dazu durchgerungen, das Angebot anzupassen. «Wir haben das A-la-carte-Angebot stark reduziert», sagt Inderschmitten. Statt wie bis anhin 15 bis 20 Gerichte stehen noch deren fünf bis sechs auf der Karte. Und ein Menü für Gäste, die Halbpension gebucht haben.

Der Koch bietet regionale Spezialitäten wie Käseschnitten oder Walliser Plättli an. Aber auch moderne Gerichte, die er selbst kreiert hat. «Ich verbinde zum Beispiel Fleisch mit Dessert-Speisen», erklärt er. Etwa einen Rindsrücken mit süssen Elementen einer Schwarzwäldertorte. «Den hab ich aber leider von der Karte streichen müssen. Das macht mich traurig.» «Eine Zeit lang kann man das machen mit einem reduzierten Betrieb. Aber irgendwann verliert man die Freude.»

«Wir wollen im Wallis bleiben»

Deshalb soll nach der Wintersaison Schluss sein mit dem Hotel Albrun in Binn. Und dann? «Das ist noch offen», sagt Inderschmitten. Eine Möglichkeit sei es, das familieneigene Hotel zu verkaufen. Was klar ist: «Wir wollen im Wallis bleiben. Und weiter talabwärts etwas Neues anfangen. Lieber jetzt als in zehn Jahren.»

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