Jetzt setzen Traditionshersteller auf kleine Knaller
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Grossfeuerwerke abgesagt
Jetzt setzen Traditionshersteller auf kleine Knaller

Ein 1.-August-Feuerwerk nach dem anderen wird abgesagt. Das löscht den Feuerwerksherstellern zwar vorderhand ab. Für den wichtigsten Verkaufsevent des Jahres bauen sie nun auf Hobbyfeuerwerker.
Publiziert: 30.07.2020 um 17:20 Uhr
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Aktualisiert: 01.08.2020 um 22:15 Uhr
Levin Stamm und Pascal Scheiber

Den Schweizer Feuerwerksherstellern klebt das Pech an den Füssen. Seit Jahren vermiesen ihnen wiederkehrende Hitzesommer und Trockenperioden das Geschäft. Doch die Corona-Krise bedeutet für die krisenerprobten Pyrotechniker einen neuen Tiefpunkt.

Eine Bundesfeier nach der anderen wurde in den letzten Wochen abgesagt. Alle grossen Städte verzichten auf die Durchführung von Feuerwerken. Sie hoffen, damit grosse Menschenansammlungen und neue Ansteckungswellen zu verhindern. Einzig einige kleine Gemeinden wollen an der Durchführung des alljährlichen Feuerwerks festhalten.

Hochsaison fällt ins Wasser

«Eine Tragödie für die Branche», sagt Urs Corradini (61), Präsident der Schweizerischen Koordinationsstelle Feuerwerk (SKF). «Die Pyrotechniker bereiten sich oft Monate auf die Grossfeuerwerke vor. All die Arbeit war nun umsonst.» Auch finanziell sei es für die Feuerwerker ein harter Schlag gewesen.

Grossfeuerwerk zum Bundesfeiertag 2015 in Bern: Solche Bilder wird es dieses Jahr nicht geben. Damit sollen Menschenansammlungen verhindert werden.
Foto: Keystone
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Toni Bussmann (73) gibt sich kämpferisch. «Keiner meiner Angestellten ist auf Kurzarbeit», sagt der Chef von Bugano, dem grössten Feuerwerkshersteller der Schweiz. Er hat bislang vollständig auf staatliche Unterstützung verzichtet. Dennoch ist die Situation am Firmensitz in Neudorf LU seit Ausbruch der Corona-Krise extrem angespannt. «Seit März hatten wir praktisch keine Einnahmen», sagt Bussmann.

Normalerweise sind die Sommermonate für Bugano Hochsaison. Jetzt wird ein Anlass nach dem anderen abgesagt. Zuletzt das Musikfestival Paléo, das Mitte Juli in Nyon VD hätte stattfinden sollen. Noch mehr trifft Unternehmer Bussmann aber der Wegfall der grossen Feuerwerke zum Nationalfeiertag: «Basel, Biel, Rheinfall, Leukerbad – alles gestrichen.» Normalerweise machen solche Events knapp die Hälfte der 1.-August-Einnahmen aus.

Hoffen auf Privatböller

Trotzdem könnte die diesjährige Bundesfeier ein lohnendes Geschäft werden. Denn ganz auf Feuerwerk verzichten wollen Herr und Frau Schweizer nicht – und zünden darum ihre eigenen Böller. Bussmann: «Mit dem Verkauf an Private können wir die Corona-Ausfälle zumindest kompensieren.» Um das zu bewerkstelligen, hat er innert kürzester Zeit einen Online-Shop auf die Beine gestellt. Dieser laufe bis jetzt «sehr gut».

Auf Privatkunden zählt auch Feuerwerkshändler Weco in Walterswil SO. Chef Franklin Herz (47) ist optimistisch: «Manche der Fachgeschäfte, die wir beliefern, haben bis zu 50 Prozent mehr Feuerwerk verkauft und bereits Nachschub bestellt.» Weco erzielt 70 Prozent des Jahresumsatzes um den Bundesfeiertag. Für den diesjährigen Anlass rechnet Herz gar mit einem knappen Drittel mehr gegenüber dem Vorjahr.

Rund 20 Millionen Franken werden auf den 1. August hin hierzulande im Detailhandel für Knallkörper ausgegeben.

Inlandferien sorgen für mehr Nachfrage

Für Renate Keller (60), Chefin eines Feuerwerksladens in Rikon ZH, ein Hoffnungsschimmer: «Viele Leute bleiben dieses Jahr in der Schweiz. Das könnte uns zusätzlichen Schub beim Verkauf geben.» Generell spürt sie eine erhöhte Nachfrage gegenüber den Vorjahren. «Der grosse Ansturm ist aber bisher ausgeblieben.» Und auch sie schmerzt, dass die grossen Gemeindefeuerwerke abgesagt sind. Damit fällt der Verkauf von kurs- und bewilligungspflichtigen Batterien der Kategorie 4 fast vollständig weg – den grössten und einträglichsten Knallern.

Aufs Jahr gesehen wird es vor allem für die Traditionshersteller trotzdem schwierig. Herz, der mit Weco nur den Detailhandel beliefert, erwartet, das Jahr mit einem Gewinn abzuschliessen. Hersteller Bugano rechnet dagegen mit einem Verlust von bis zu 40 Prozent. Das Unternehmen steht aber – dank Reserven aus besseren Zeiten – auf sicherem Boden. Bussmann: «Selbst wenn das Silvestergeschäft ins Wasser fällt, entlasse ich niemanden.»

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