Gopfried Stutz
Das heisst «Ehe für alle» für die Sozialwerke

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Mit der Ehe für alle wird der Leistungskatalog der AHV ausgebaut. Das kann man gut finden oder schlecht.
Publiziert: 14.08.2021 um 13:03 Uhr
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Aktualisiert: 14.08.2021 um 20:01 Uhr
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

Am 26. September stimmen wir über die «Ehe für alle» ab. Ich widme mich nur deshalb diesem Thema, weil das für unsere Sozialwerke Konsequenzen hat und weil das, was ich gerade erzähle, gerne totgeschwiegen wird.

Man muss wissen: Bei einem Ja zu «Ehe für alle» haben verheiratete Frauen beim Tod der Ehepartnerin Anspruch auf eine Witwenrente, falls die Ehe fünf Jahre gedauert und die überlebende Partnerin mindestens 45-jährig ist. Das kann man gut finden oder schlecht. Es ist bloss ein Fakt.

Zudem muss man wissen, dass gleichgeschlechtliche Männer dieses Privileg nicht haben. Es wird hier also eine Diskriminierung von homosexuellen Männern geschaffen. Auch das kann man gut finden oder schlecht.

Legt man diese Fakten auf den Tisch, ist man bereits ein Gegner der Vorlage. Das habe ich selber erfahren. «So werden Schwule benachteiligt», lautete der Titel meiner Kolumne vom 6. Dezember 2020.

Nach der Publikation der Kolumne äusserte Roman Heggli, Geschäftsführer von Pink Cross, sein Befremden, dass nun so häufig diese vermeintliche Diskriminierung der Schwulen vorgebracht werde. «Vielfach wird damit eine grundsätzliche Ablehnung der Ehe für alle verschleiert, indem man sich vermeintlich für die Rechte von Schwulen einsetzt.»

Hier schreibe ich über Sozialversicherungen und nenne Fakten. Ein Faktum lautet, dass die «Ehe für alle» eine Ungleichbehandlung des Geschlechts impliziert. Ein anderes Faktum lautet, dass damit die Anspruchsvoraussetzungen der Sozialversicherungen ausgeweitet werden. Es werden Personengruppen Anspruch auf Hinterlassenenleistungen bekommen, eben verheiratete, gleichgeschlechtliche Frauen, die heute keinen Anspruch haben.

Weiter schreibt mir Roman Heggli: Es sei unbestritten, dass die heutige Rentenregelung dringend einer Anpassung bedürfe. Noch immer werde von einer antiquierten Rollenverteilung ausgegangen, bei der die Ehefrau (mehrheitlich) zu Hause bleibe und der Ehemann das Geld verdiene, obwohl das bei vielen Familien und Paaren längst nicht mehr der Fall sei.

Unbestritten? Schon 2004 hätten Witwer und Witwen gleichgestellt werden sollen. Doch das Volk lehnte einen Leistungsabbau für Witwen ab. Im Juni 2013 präsentierte Bundesrat Alain Berset seine Altersvorsorge 2020. Wieder war vorgesehen, die Witwen- der Witwerrenten anzugleichen. Diesmal wollte schon das Parlament nichts davon wissen. Das Reformpaket wurde vor vier Jahren an der Urne abgelehnt, sodass nun eine neue Reform unterwegs ist. Wieder steht nichts von einer Anpassung der Witwenrenten.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Mit der Ehe für alle wird der Leistungskatalog der AHV ausgebaut. Das kann man gut finden oder schlecht. Man sollte das doch sagen dürfen.

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