«Wieso gleich fünf Franken? Das ist zu teuer!»
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Drehkreuz irritiert Touristen:«Wieso gleich fünf Franken? Das ist zu teuer!»

Fünf Franken für Selfie auf Steg – Tourismus-Experte ordnet ein
«Idealerweise kommen jetzt weniger Touristen»

Die Gemeinde Iseltwald im Berner Oberland verlangt Geld für das perfekte Selfie auf dem Steg. Dieser ist wegen einer TV-Serie zum Touristen-Hotspot geworden. Ob das die Gäste abschreckt, bleibt offen.
Publiziert: 28.04.2023 um 20:37 Uhr
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Aktualisiert: 28.04.2023 um 20:49 Uhr
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Milena KälinRedaktorin Wirtschaft

Würdest du für ein Foto fünf Franken zahlen? Vor dem Steg in Iseltwald BE am Brienzersee steht seit Donnerstag nämlich ein Drehkreuz. Wer das perfekte Selfie will, muss sein Geld hergeben. Auch der Gang zur Toilette ist nicht mehr gratis, sondern kostet einen Franken.

Wegen der koreanischen Netflix-Serie «Crash Landing on You» strömen seit letztem Jahr unzählige Touristinnen und Touristen, vor allem aus Korea, in das 420-Seelen-Dorf. Nun ist die Gemeinde Iseltwald aktiv geworden – und verlangt Geld für das perfekte Foto.

Kleine Gemeinde, viele Touristinnen

«Das ist eine völlig gängige Massnahme», sagt Jürg Stettler (58), Leiter des Instituts für Tourismus und Mobilität an der Hochschule Luzern. In den USA sei dies völlig normal.

Hände hoch für das perfekte Selfie am Brienzersee.
Foto: Zamir Loshi
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Iseltwald habe mit einem ganz grundsätzlichen Problem zu kämpfen: Die Gemeinde war vorher im Ausland kaum bekannt. Mit der Netflix-Serie ist bei Koreanerinnen und Koreanern ein Hype entbrannt, wohl ausgelöst durch Social Media. «Touristen besuchen immer mehr Orte, die kapazitätsmässig gar nicht darauf ausgelegt sind», erklärt Stettler.

Die Gemeinde spült mit den Drehkreuzen nicht nur Geld in die Kassen. Es handelt sich dabei auch um eine Lenkungsmassnahme. «Idealerweise kommen jetzt weniger Touristen», sagt Stettler. Es stellt sich die Frage, ob sich diese durch die Massnahme abschrecken lassen. Nicht alle Touristengruppen sind gleich preissensibel. Im Video zeigen die Touristen kaum Verständnis für die 5-Franken-Schranke.

Stettler sieht die Drehkreuze auch kritisch. Wer Geld verlangt, soll auch einen Mehrwert bieten. «Die Drehkreuze bieten keinen Mehrwert», so Stettler.

Image leidet nicht

Das sieht Schweiz Tourismus anders. Gemäss der Organisation, welche die Schweiz als Tourismusdestination im Ausland vermarktet, gewährt das Drehkreuz ein möglichst gutes Foto. Und auch das Image der Schweiz sei nicht gefährdet: «Mit einer Reihe von Gästelenkungsmassnahmen stellen die Region und die Gemeinde sicher, dass die Gäste ein möglichst einzigartiges Erlebnis haben werden», sagt eine Sprecherin auf Anfrage. Neben den Drehkreuzen gehören auch mehr Postautokurse sowie organisierte Busparkplätze zu den Massnahmen von Iseltwald. Zudem seien internationale Gäste bereits daran gewöhnt, dass an touristischen Orten Eintrittsgelder verlangt werden.

Nun stellt sich die Frage, wie lange Iseltwald ein Hotspot der Koreanerinnen und Koreaner bleibt. Stettler vermutet, dass der Trend eher weniger nachhaltig ist. «Letztlich ist es Spekulation. Am Schluss entscheiden Angebot und Nachfrage.»

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