«Finde das völlig daneben!»
Fabian Misteli bestellte online – und wartet seit Monaten

Der Online-Shop E-commerce-welt.ch verkauft Kosmetika, Elektronik-Artikel oder Schmuck. Die Kunden bezahlen per Vorkasse – und warten danach monatelang vergeblich auf ihre Ware. Die Betreiber des Shops liefern sich einen öffentlichen Schlagabtausch mit den Kunden.
Publiziert: 15.05.2023 um 19:12 Uhr
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Sarah FrattaroliStv. Wirtschaftschefin

Fabian Misteli (38) fährt nächste Woche mit seiner Partnerin in die Ferien. Mit Auto und dem Schlafzelt im Gepäck gehts für das Paar aus dem Kanton Solothurn nach Italien. Der Platz im Auto ist beschränkt. «Ich habe nach einem Regal gesucht, das auf dem Camping-Platz viel Stauraum bietet, im Auto aber Platz spart», erzählt Misteli.

Im Online-Shop E-commerce-welt.ch wird Misteli fündig. «Ich habe dort Klappregale bestellt, die sich wie eine Handorgel zusammenfalten lassen.» Im Februar gibt Misteli seine Bestellung in Auftrag – er ist früh dran, um sicherzustellen, dass die Regale pünktlich bis zu den Ferien Ende Mai ankommen.

Kundendienst auf Tauchstation

«Nach der Bestellung habe ich erst mal nichts gehört», erinnert sich Misteli. Als er nach dem Liefertermin fragt, heisst es, er müsse zuerst bezahlen. «Ich wusste gar nicht, dass ich auf Vorkasse bestellt hatte», sagt er. Am 1. März überweist er dem Online-Shop 85 Franken.

Blick-Leser Fabian Misteli het bei E-commerce-welt.ch bestellt – und wartet seit Monaten vergeblich auf seine Bestellung.
Foto: Zvg
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10 Tage später wird Misteli zum ersten Mal vertröstet: «Leider gibt es eine Verzögerung bei unserem Vorlieferanten», heisst es in einem E-Mail, das Blick vorliegt. Als weitere zwei Wochen lang nichts passiert, fragt er schriftlich nach. Wieder spricht der Online-Shop von Lieferengpässen. «Laut unserer Information sollte Ihr Artikel aber demnächst bei uns eintreffen.»

Das war Ende März. Bis heute hat Misteli seine Regale nicht erhalten. «Irgendwann haben sie meine E-Mails nicht mehr beantwortet, meine Anrufe nicht mehr entgegengenommen», erzählt er. «Ich finde das völlig daneben!»

Schuld auf Lieferanten geschoben

Mitte Mai, fast drei Monate nach der Bestellung, gibt Misteli die Hoffnung auf, dass seine Regale je geliefert werden. Stattdessen stellt er einen schriftlichen Antrag auf Rückerstattung. Eine Antwort erhält er nicht.

Erst als Blick sich einschaltet, kommt Bewegung in die Sache: «Die Regale kommen aus einem Aussenlager und waren vergriffen», schreiben die Betreiber auf Anfrage. «Der Kunde wurde von uns informiert, dass der Artikel bis Ende dieser Woche bei ihm sein wird. Er hat es nun vorgezogen, zu stornieren und der Kaufbetrag wird ihm erstattet.»

«Unseriöser gehts kaum»

Ob tatsächlich nur Lieferverzögerungen hinter dem Ärger stecken, scheint fraglich. Es ist nicht das erste Mal, dass der Online-Shop E-commerce-welt.ch Negativschlagzeilen macht.

Auf dem Bewertungsportal Trustpilot erhält die Seite gerade einmal 2,1 von 5 möglichen Sternen. Dutzende Kunden erzählen dort von ähnlichen Erfahrungen, wie sie Fabian Misteli erlebte. «Nie wieder, unseriöser gehts wohl kaum mehr», schreibt eine Userin. «Warte schon drei Monate auf meine Bestellung, werde laufend vertröstet, telefonisch ist niemand erreichbar.»

Öffentlicher Schlagabtausch

Die Betreiber des Online-Shops ziehen auf der Bewertungsseite gegen die eigene Kundschaft ins Feld. «Dürfen wir noch auf Ihre Fairness hoffen?», heisst es etwa in Reaktionen auf die Negativ-Bewertungen. Anderswo gar: «Bewertungen sind nicht dafür da, irgendwelche Rachefeldzüge zu führen.» Oder: «Ihre bösen Worte weisen wir in aller Entschiedenheit zurück.» Man habe innert zwei Jahren 10'000 zufriedene Kunden beliefert, behauptet das Unternehmen – komme aufgrund des Wachstums aber an die Grenzen.

Auch der «Kassensturz» berichtete schon über den Shop. Die E-commerce-welt.ch GmbH ist laut Handelsregister in Zürich eingetragen. Neben Online-Handel bezweckt die Firma gemäss Handelsregister-Eintrag auch Software- und IT-Geschäfte, sowie den Betrieb einer Werbeagentur. Der Handelsregister-Eintrag alleine macht stutzig, hinzu kommen häufige Änderungen der zeichnungsberechtigten Personen hinter der Firma.

Das nährt den Verdacht, dass Konkursreiter hinter der Firma stecken. Weil aktuell eine Pleitewelle durch die Schweizer Wirtschaft rollt, sind Konkursreiter auf dem Vormarsch. Sie übernehmen Firmen, die am Rande des Abgrunds stehen, und pressen sie bis zum bitteren Ende aus: Häufen Schulden an, verhökern das Firmen-Inventar, reiten die Firmen absichtlich in den Konkurs.

Happy End für die Camping-Ferien

Auf die Vorwürfe angesprochen, heisst es bei E-commerce-welt.ch, der im «Kassensturz» erwähnte Mitarbeiter sei in der Zwischenzeit aus der Firma ausgeschieden. Ersetzt wurde er, wie ein Blick ins Handelsregister zeigt, durch jemanden, der schon früher in der Firma involviert war. Die Kundschaft ist unter diesen Voraussetzungen besser beraten, auf andere Anbieter auszuweichen.

So schützt man sich vor betrügerischen Online-Shops
  • Die URL des Online-Shops immer genau überprüfen. Manchmal werden Online-Shops 1 zu 1 kopiert, mit einer leicht abgeänderten Internetadresse.
  • Das Impressum der Internetseite überprüfen. Ist keines aufgeführt oder erscheint im Impressum kein Name, ist Vorsicht geboten.
  • Wenn ein Shop nur Bestellungen gegen Vorkasse akzeptiert, kann das ebenfalls ein Anhaltspunkt für einen problematischen Anbieter sein.
  • Vor der ersten Bestellung lohnt es sich, den Online-Shop zu googeln und auf die Bewertungen anderer User zurückzugreifen.
  • Auch ein Anruf beim Kundendienst des Online-Shops vor der Bestellung kann Hinweise liefern. Wenn niemand rangeht, dürfte man auch bei allfälligen Problemen mit der Bestellung, Lieferverzögerungen oder Rückerstattungsanträgen Mühe haben, mit den Betreibern in Verbindung zu treten.
  • Schreibfehler sowie extrem tiefe Preise sind ebenfalls Hinweise auf möglicherweise suspekte Online-Shops.
  • Die URL des Online-Shops immer genau überprüfen. Manchmal werden Online-Shops 1 zu 1 kopiert, mit einer leicht abgeänderten Internetadresse.
  • Das Impressum der Internetseite überprüfen. Ist keines aufgeführt oder erscheint im Impressum kein Name, ist Vorsicht geboten.
  • Wenn ein Shop nur Bestellungen gegen Vorkasse akzeptiert, kann das ebenfalls ein Anhaltspunkt für einen problematischen Anbieter sein.
  • Vor der ersten Bestellung lohnt es sich, den Online-Shop zu googeln und auf die Bewertungen anderer User zurückzugreifen.
  • Auch ein Anruf beim Kundendienst des Online-Shops vor der Bestellung kann Hinweise liefern. Wenn niemand rangeht, dürfte man auch bei allfälligen Problemen mit der Bestellung, Lieferverzögerungen oder Rückerstattungsanträgen Mühe haben, mit den Betreibern in Verbindung zu treten.
  • Schreibfehler sowie extrem tiefe Preise sind ebenfalls Hinweise auf möglicherweise suspekte Online-Shops.
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Das musste nach monatelanger Verzögerung zwangsläufig auch Fabian Misteli: «Ich habe im Bauhaus eine Alternative gefunden.» Den Camping-Ferien in Italien steht damit nichts mehr im Weg.

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