Ferien auf Zeltplätzen boomen
Fehlende Infrastruktur bremst Schweizer Camper aus

Camping in der Schweiz ist beliebt wie nie zuvor. Aber die Infrastruktur kommt da nicht hinterher. Experten sehen im Vergleich zu anderen Ländern wie Deutschland und Frankreich Nachholbedarf.
Publiziert: 29.06.2020 um 15:55 Uhr
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Aktualisiert: 29.06.2020 um 18:29 Uhr

Wegen Corona entscheiden sich immer mehr Schweizer für Ferien mit dem Camper. Das freut die Camping-Branche. Über einen guten Geschäftsgang berichtet etwa das auf die Vermietung und den Verkauf von Wohnmobilen spezialisierte Unternehmen Bantam.

«Wir haben unsere Mietflotte aufgrund des starken Anstiegs der Buchungen um 20 Prozent erhöht», sagt Bantam-Geschäftsführer Dan Wankmüller (36) im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.

Unabhängigkeit und Flexibilität

Das Reisen mit dem Wohnmobil komme nicht nur dem Wunsch nach Unabhängigkeit und dem Erleben der Natur entgegen. Auch unter dem Aspekt der Ansteckungsrisiken zeige sich ein weiteres deutliches Plus für diese Reiseart, sagt Wankmüller. Zudem seien Reisende im Camper sehr flexibel bei der Wahl der Reiseroute, präsentiere sich doch die Pandemiesituation in Europa sehr ungewiss. «Der Trend geht ohnehin zu Ferien in der Schweiz.»

Camping entwickelt sich wegen Corona immer mehr zum Trend.
Foto: Keystone
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Die Kundschaft für diese Art von Ferien sei bereits in den letzten Jahren deutlich diverser geworden, stellt der Chef des Unternehmens fest. Natürlich gehörten weiterhin Familien wie auch Rentner zu seinen Kunden, es gebe aber auch viele junge Leute. Gerade bei diesen steige das Bewusstsein über die ökologischen Auswirkungen von Kurzferien mit dem Flugzeug. «Am Ende übernehmen wir noch den Kundenkreis von Easyjet», zeigt sich Wankmüller überzeugt.

Hoffnung auf neues Rekordjahr

Auch der Branchenverband Caravaningsuisse beobachtet wieder anziehende Verkäufe von Wohnmobilen – nach einem guten Jahresstart hatten diese im März und April zwischenzeitlich noch nachgegeben. «Wir hoffen auf Ergebnisse wie schon 2019, als wir beim Reisemobilabsatz in der Schweiz ein Rekordjahr erlebten», sagte Verbandspräsident Christoph Hostettler.

Er verweist dabei auf Meldungen in den vergangenen Monaten über Quarantänen auf Kreuzfahrtschiffen, Annullierungen von Flügen sowie von Schliessungen touristischer Infrastrukturen. Diese liessen das Wohnmobil noch viel attraktiver erscheinen, könne man sich damit doch auf eine sichere Art bewegen und auch an touristisch weniger erschlossene Orte gelangen.

Fehlende Infrastruktur in der Schweiz

Gebremst werde diese Reiseart allerdings von einer fehlenden Infrastruktur, gibt der Präsident des Branchenverbands zu bedenken. «Im Vergleich zu anderen Ländern wie Deutschland und Frankreich hinkt die Schweiz hinterher.» Es brauche nun Investitionen, um die wachsende Nachfrage zu befriedigen, fordert er.

Auch die Campingplätze sehen ihre Attraktivität im Zusammenhang mit der Pandemie erhöht. «Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum haben wir 70 Prozent mehr Buchungen verzeichnet», sagte Valérie Durussel, Sprecherin des Touringclubs TCS, der schweizweit fast 30 Campingplätze unterhält.

Mehr als eine Million Schweizer nutzen Camper

«Die Campingplätze am Wasser wie in Sempach, Flaach und Thun sind bereits über mehrere Wochen ausgebucht», sagte die Sprecherin. Die Zusatznachfrage stammt offenbar vor allem aus dem Inland: Normalerweise handle es sich bereits bei rund 70 Prozent der TCS-Kunden um Schweizer, aber in diesem Jahr werde der Anteil noch deutlich höher sein.

Schweizweit sind rund 100'000 Wohnmobile und Wohnwagen registriert, etwa 500 stehen laut den Zahlen von Caravaningsuisse zur Vermietung zur Verfügung. Einschliesslich der Schweizerinnen und Schweizer, die mit dem Wohnmobil ins Ausland reisen, nutzen mehr als eine Million Menschen im Land dieses Verkehrsmittel, schätzt der Verband. (SDA/vnf)

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