Felssturz aufs Haus, Zwangsevakuierung, neue Wohnung
Was zahlt die Versicherung eigentlich?

Die Bewohner in Brienz müssen ihre Wohnungen bis Freitagabend verlassen. Es droht ein Bergsturz. Wer bezahlt, wenn Mieter ihre Wohnungen verlassen müssen? Wenn die Natur verrückt spielt? Blick hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 10.05.2023 um 16:12 Uhr
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Aktualisiert: 11.05.2023 um 07:37 Uhr

Was bedeutet die Evakuierung in Brienz GR für die Bevölkerung? Steht ihr finanzielle Hilfe zu? Und müssen Bewohnerinnen und Bewohner ihre Miete weiterhin bezahlen? Blick gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Müssen die Brienzer ihre Mietwohnungen weiterhin bezahlen?

Nein. Fabian Gloor (37), Jurist beim Mieterinnen- und Mieterverband Deutschschweiz ist der Ansicht, dass der Mietzins nicht geschuldet ist. «Da die Wohnung nicht mehr bewohnbar ist, liegt juristisch ein mietrechtlicher Mangel vor», sagt der Experte. Fazit: Die Miete ist für den Zeitraum, in dem die Wohnung nicht genutzt werden kann, nicht geschuldet.

Wie unterstützt die Gemeinde die Bevölkerung?

Christian Gartmann, Mitglied des Gemeindeführungsstabs und Mediensprecher von Albula GR sagt: «Die Gemeinde unterstützt Betroffene finanziell, wenn sie durch die Evakuierung in eine schwierige finanzielle Lage geraten, mit finanzieller Soforthilfe.» Sie habe dafür 200’000 Franken gesprochen. Der Kanton Graubünden habe zudem einen Kredit von 500’000 Franken beschlossen. Mehrere Bündner Gemeinden hätten bereits grössere Spenden zugesagt. Auch Private und Unternehmen könnten spenden – die Gemeinde hat ein Spendenkonto eingerichtet.

Sie muss ihr Zuhause ganz schnell verlassen. Ruth Tarnutzer sagt zur anstehenden Evakuierung: «Jetzt spüre ich die Anspannung wirklic.h
Foto: Nicolas Lurati
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Betroffene, die Hilfe bei der Wohnungssuche benötigen, können sich bei der Hotline der Gemeinde Albula GR, zu der Brienz GR gehört, melden. Ihre Umzüge müssen die Mieter jedoch selbst organisieren. Die Gemeinde stellt Lagerraum für Hauseinrichtungen kostenlos zur Verfügung.

Wer bezahlt den Schaden, wenn Gebäude zerstört werden?

In diesem Fall kommt die Gebäudeversicherung zum Zug. Sie zahlt in der Regel den Neuwert des Gebäudes, wenn dieses zerstört oder beschädigt wurde. Die Gebäudeversicherung deckt bei Naturkatastrophen Schäden am Gebäude und an mit ihm fest verbundenen Anlagen wie etwa Heizung oder Solarpanels. In den meisten Kantonen sind Liegenschaften obligatorisch bei der kantonalen Gebäudeversicherung versichert. Ausnahmen sind: Genf, Uri, Schwyz, Tessin, Appenzell-Innerrhoden, Wallis und Obwalden.

Was zählt überhaupt zu Naturkatastrophen?

Versicherungen reden bei Schäden, welche die Natur verursacht, von «Elementarschäden». Konkret sind dies: Hochwasser, Überschwemmung, Sturm, Hagel, Lawine, Schneedruck, Felssturz und eben Steinschlag und Erdrutsch.

Wer zahlt, wenn Möbel kaputtgehen?

Die Hausratversicherung. Sie deckt Schäden durch Feuer, Wasser oder Naturereignisse an allen beweglichen Gegenständen im Haushalt. Generell ist eine Hausratversicherung in der Schweiz freiwillig. In einigen Ausnahmekantonen ist sie jedoch Pflicht: Nidwalden, Waadt, Freiburg und Jura.

In welchem Umfang die Bewohner von Brienz gegen Schäden an der Einrichtung versichert sind, ist von den einzelnen Policen der Bevölkerung abhängig.

Können die Evakuierten vom Vermieter eine Ersatzwohnung verlangen?

Nein. Den Vermieter trifft bei einer Naturkatastrophe keine Schuld. Er haftet deshalb auch nicht für entstandene Schäden. Gloor vom Mieterverband sagt: «Wenn der Berg kommt, erlöscht der Vertrag.»

Wie soll sich der Mieter jetzt verhalten?

Gloor empfiehlt, den Anweisungen der Behörden Folge zu leisten. Zuerst müsse die Situation unter Kontrolle kommen. Danach könne man mit dem Vermieter Kontakt aufnehmen und gemeinsam eine Lösung suchen.

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