Ex-Raiffeisen-Boss kommt vor Gericht
Staatsanwalt fordert sechs Jahre Gefängnis für Vincenz

Pierin Vincenz soll sechs Jahre in Gefängnis und neun Millionen Franken bezahlen: Für unredlich erwirtschafteten Mehrwert, wie das in der Juristensprache heisst. Auch für die anderen Angeklagten geht es um Jahre und Millionen.
Publiziert: 03.11.2020 um 15:57 Uhr
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Aktualisiert: 27.11.2020 um 10:03 Uhr
Christian Kolbe

Nun liegt sie also endlich beim Bezirksgericht Zürich: Die Anklageschrift im Fall Vincenz, einem der grössten Wirtschaftskriminalfälle der jüngeren Geschichte. Das heisst, die auf Wirtschaftsdelikte spezialisierte Staatsanwaltschaft Zürich hat am Dienstag Anklage gegen den ehemaligen Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz (64) erhoben. Der andere Hauptangeklagte ist Beat Stocker (60), ehemaliger Chef der Kreditkartenfirma Aduno.

Die beiden haben einige Deals miteinander durchgezogen, nicht immer mit lauteren Mitteln, wie die Staatsanwaltschaft glaubt. Gewerbsmässiger Betrug, Veruntreuung, Urkundenfälschung und passive Bestechung wird den beiden Hauptangeklagten vorgeworfen.

Hohe Gefängnisstrafen und Millionenrückforderungen

Das sind die happige Anschuldigungen. BLICK weiss exklusiv, nicht nur die Anschuldigungen sind happig, sondern auch das geforderte Strafmass. BLICK konnte mit Leuten sprechen, die Einblick in die Anklageschrift hatten.

Soll für sechs Jahre ins Gefängnis: Pierin Vincenz, ...
Foto: keystone-sda.ch
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Und dort steht: Pierin Vincenz soll für sechs Jahre ins Gefängnis. Zudem verlangt der Staatsanwalt die Rückzahlung von 9 Millionen Franken am sogenannten unredlich erwirtschafteten Mehrwert. Sprich: an den unlauter erzielten Gewinnen.

Auch Beat Stocker möchte der Staatsanwaltschaft für sechs Jahre ins Gefängnis stecken, fordert sogar 16 Millionen Franken an Rückzahlung ein.

Auch andere sollen zahlen

Doch die beiden Hauptangeklagten sind nicht alleine, die Staatsanwaltschaft skizziert ein System, das auch bei anderen Angeklagten die Selbstbedienungsmentalität einiger Manager durchschimmern lässt.

So droht gemäss der Anklageschrift den Gründern von Investnet, eine zweijährige, bedingte Gefängnisstrafe. Beide sollen zudem je 12,5 Millionen Franken zurückzahlen. Für den Verkauf des KMU-Finanzierers Investnet hatten die beiden Firmengründer 2011 von Raiffeisen je 20 Millionen Franken erhalten.

Doch auch bei anderen Geschäften wurde offenbar getrickst, so auch beim Verkauf der Firmen Eurocaution und Genève Credit & Leasing (GCL) Aduno. An Eurocaution war Stocker beteiligt, an GCL angeblich sowohl Stocker als auch Vincenz. Die beiden sollen bei den Verkäufen abkassiert haben, glaubt die Staatsanwaltschaft.

Zu viel abkassiert

Doch auch ihre Geschäftspartner haben gemäss Anklage von den Verkäufen profitiert. Deshalb soll der ehemalige Hauptaktionär von Eurokaution mit 2,5 Jahren Gefängnis teilbedingt bestraft werden. Zudem soll der Unternehmer 1,8 Millionen Franken zurückzahlen.

Und auch der Präsident von CGL soll beim Verkauf der Firma zu viel kassiert haben. Deshalb ist für den Staatsanwalt klar: Der Genfer Immobilien-Unternehmer soll mit 2 Jahren bedingt bestraft und zur Rückzahlung von 16 Millionen Franken verurteilt werden.

Auch wenn Anschuldigungen und Strafmass happig sind, gilt bis zu einem rechtskräftigen Urteil für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung.

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