Eurobus, Möbel Pfister, Bergbahnen
Ösi-Firmen übernehmen Schweizer Unternehmen

In jüngster Zeit haben einige österreichische Firmen prominente Schweizer Unternehmen aufgekauft, XXXLutz und Möbel Pfister ist nur eines von vielen Beispielen. Die Umarmung durch die österreichische Wirtschaft ist kein Zufall.
Publiziert: 01.11.2019 um 20:46 Uhr
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Aktualisiert: 24.11.2019 um 22:35 Uhr
Christian Kolbe

Die Ösis kommen! XXXLutz schluckt das Schweizer Traditionshaus Möbel Pfister, Dr. Richard will die Schweizer Fernbuslinien von Eurobus übernehmen, die österreichischen Skikönige der Familie Schröcksnadel haben in den Skigebieten Savognin und Saas-Fee das Sagen. Und die Signa Holding von René Benko (42) mit Sitz an feinster Adresse in der Wiener Innenstadt interessiert sich für die Übernahme des Migros-Traditionshauses Globus.

Das überrascht in der Schweiz viele. Die meisten denken beim Nachbarland an Sisi, Mozartkugeln, Festspiel oder Skifahren und nicht an eine Wirtschaftsmacht.

Unterschätzter Exportweltmeister

Falsch gedacht! Doch die Schweizer sind bei weitem nicht die Einzigen, die Österreich nicht für voll nehmen. «Viele unterschätzen die Wirtschaftskraft Österreichs, nehmen das Land nur als Tourismusnation wahr. Dabei ist der Industrieanteil grösser als in Deutschland», erklärt Manfred Schmid (50), der österreichische Wirtschaftsdelegierte in der Schweiz. Um auch noch anzufügen, dass die österreichische Pro-Kopf-Leistung höher sei als in Deutschland.

Das österreichische Busunternehmen Dr. Richard wird in der Schweiz bald Fernbusse betreiben.
Foto: zvg
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Österreich ist aber auch eine Art Exportweltmeister. Mit 60’000 exportorientierten Unternehmen hat Österreich wesentlich mehr Exporteure als die Schweiz. «Viele Kleinstunternehmen sehen ihren Heimmarkt auch in den benachbarten EU-Ländern. Und der Wettbewerb aus Österreich hinaus ist wie ein Fitnessprogramm. Für Österreich war der EU-Beitritt zweifelsfrei ein Segen!» Auch wenn das die notorisch über Europa raunzenden Österreicher nicht immer wahrhaben wollen.

Gestählt im Heimmarkt

Der Wettbewerb im Heimmarkt hat den Fuhrbetrieb Dr. Richard gestählt. Seit Jahrzehnten führt das Unternehmen sowohl im Nah- wie auch im Fernverkehr erfolgreich Buslinien, oft auch in Konkurrenz zu staatlichen Betrieben. Nun greift Dr. Richard nach dem Fernbusgeschäft in der Schweiz, hofft auf mehr Erfolg als die Schweizer Firma Eurobus, die soeben ihre Schweizer Strecken eingestellt hat. «In einem fremden Markt sieht man die Dinge oft anders als ein lokaler Bewerber, erkennt mit dem Blick von aussen neue Chancen», sagt Werner Gumprecht (47), Leiter Fernbus Österreich bei Dr. Richard. So wollen die Österreicher ihre Chance packen. «Unser Rezept bei Fernbussen: relativ kurze Strecken und ein dichter Takt.»

Nicht nur der eigene EU-Beitritt 1995 hat die österreichische Wirtschaft gestärkt, die geografische und kulturelle Nähe zum Osten Europas ist ein Vorteil: «Wir haben die Expansionsmöglichkeiten nach dem Mauerfall schneller genutzt als andere. Die Industrie hat neue Absatzmärkte erschlossen», sagt der Wirtschaftsdelegierte Schmid.

Exportschlager Konzernchefs

So haben die Österreicher das Geld verdient, um nicht nur nach Osten, sondern auch nach Westen zu expandieren. Im Falle des Kaufs von Möbel Pfister spielt noch eine weitere Besonderheit eine Rolle, wie Schmid erläutert. «Österreich hat keine Grosskonzerne, dafür viele erfolgreiche mittelständische Familienunternehmen mit kurzen Entscheidungswegen.» So überrascht es nicht, dass der Möbel-Pfister-Deal schnell und ohne Nebengeräusche über die Bühne ging. Die Öffentlichkeit erfuhr nur vom Ergebnis, nicht von den Verhandlungen.

Der Mangel an Grosskonzernen hat einen weiteren österreichischen Exportschlager hervorgebracht: Konzernchefs! Wer als Österreicher an die globale Wirtschaftsspitze will, der muss das Land verlassen, seine Sporen bei ausländischen Firmen abverdienen.

Hier kommt die Schweiz ist Spiel. Bei uns gross raus kamen etwa Peter Brabeck (74), der von 1997 bis 2017 an der Spitze des Nahrungsmittelmultis Nestlé stand – erst als Konzernchef, dann als Präsident des Verwaltungsrats. Oder der Tiroler Severin Schwan (51), der seit 2008 den Pharmariesen Roche führt.

«Der Ausverkauf der Schweiz geht weiter»
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