EU-Botschafter in Bern zum Rahmenabkommen
«Die Schweiz hat übrigens supergut verhandelt»

Der EU-Botschafter in Bern äussert sich zum Knatsch um das institutionelle Rahmenabkommen. Ohne ein solches werde es keinen Status quo geben bei den Beziehungen der Schweiz mit der EU. Die EU könne nicht alle Sonderwünsche erfüllen.
Publiziert: 08.05.2021 um 12:36 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2021 um 21:48 Uhr

Zur Beziehung der Schweiz mit der EU hat Petros Mavromichalis eine klar Meinung: Keinen Status quo ohne institutionelles Rahmenabkommen. Laut dem EU-Botschafter in Bern werde es ohne Einigung auch kein neues Marktzugangsabkommen geben.

Abkommen, die ausliefen, würden zudem nicht erneuert, sagt Mavromichalis im am Samstag veröffentlichten Interview mit der Zeitung «Le Temps». Die EU tue alles, um bei den umstrittenen Punkten im Rahmenabkommen zu einer Lösung zu kommen, sagt er in einem weiteren Interview mit der «Schweiz am Wochenende».

«Der bilaterale Weg erodiert»

Ohne das Rahmenabkommen verlören die aktuellen Marktzugangsabkommen an Wert, stellt Mavromichalis klar. «Der bilaterale Weg erodiert.» Die Bilateralen seien eine Übergangslösung gewesen nach dem EWR-Nein der Schweiz. «Die Schweiz war damals EU-Beitrittskandidatin.» Dass der EU-Beitritt mittlerweile kein Thema mehr sei, respektiere die EU.

Verhärtete Fronten zwischen der Schweiz und der EU: Petros Mavromichalis, der EU-Botschafter in Bern.
Foto: KEYSTONE
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«Aber wir brauchen für die Teilnahme an unserem Binnenmarkt ein institutionelles Fundament», sagt er. Das müsse die Schweiz wiederum respektieren. Das Diskussionsklima «sicher verbessern» würde in den Worten von Mavromichalis, dass die Schweiz «den überfälligen Kohäsionsbeitrag auszahlen würde».

Ebenso wie die Schweiz das Rahmenabkommen ablehnen könne, könne die EU Nein sagen zur Weiterverfolgung des bilateralen Weges. Die künftige Beziehung der Schweiz mit der EU ist derzeit in der Schwebe.

In den Augen des Bundesrates gibt es nach wie vor «substanzielle Differenzen» beim Rahmenabkommen. Die Landesregierung geht davon aus, dass ohne zufriedenstellende Lösungen beim Lohnschutz, bei der Unionsbürgerrichtlinie und bei den staatlichen Beihilfen kein Abkommen zustande kommt.

Mavromichalis hält gegenüber der «Schweiz am Wochenende» fest: «Die Schweiz hat übrigens supergut verhandelt. Es ist beachtlich, was sie alles herausgeholt hat. Und trotzdem will die Schweizer Seite noch mehr. 90 Prozent hat man erreicht, nun will man noch die restlichen 10 Prozent.» Und weiter: «Wir können aber nicht auf alle Sonderwünsche eingehen!»

SBB drohen Opfer zu werden

Die blockierten Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel haben bereits mehrere Opfer gefordert: Der Schweizer Börse wurde die Gleichwertigkeitsanerkennung durch die EU-Kommission wegen mangelnden Fortschritts beim Rahmenabkommen verweigert.

Die SBB drohen zu einem weiteren Opfer der fehlenden Einigung zu werden: Die EU-Kommission legte die Teilnahme des Bahnunternehmens am EU-Innovationsprogramm «Europe's Rail Joint Undertaking» auf Eis, wie die «Neue Zürcher Zeitung» am Dienstag meldete.

Ausstehend ist ausserdem auch noch die Aktualisierung des Abkommens über technische Handelshemmnisse (MRA) im Bereich Medizintechnik-Bereich bis Ende Mai. (SDA/uro)

Petros Mavromichalis

Petros Mavromichalis (56) amtet seit September 2020 als EU-Botschafter in Bern. Der griechisch-belgische Doppelbürger hat seine Karriere in den EU-Institutionen gemacht, zuletzt war er Abteilungsleiter beim EU-Nachrichtendienst in Brüssel. Mavromichalis ist verheiratet, hat zwei Töchter und lebt in Bern.

Petros Mavromichalis (56) amtet seit September 2020 als EU-Botschafter in Bern. Der griechisch-belgische Doppelbürger hat seine Karriere in den EU-Institutionen gemacht, zuletzt war er Abteilungsleiter beim EU-Nachrichtendienst in Brüssel. Mavromichalis ist verheiratet, hat zwei Töchter und lebt in Bern.

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