Erotik-Markt-Personal in Angst
Erst die Hiobsbotschaft, dann kam der Komiker

Magic X übernimmt 2023 die Filialen von Erotik Markt. Wie ursprünglich berichtet, können doch nicht alle Mitarbeiter ihre Jobs behalten. Eine Mitarbeiterin erzählt von der skurrilen Bekanntgabe der Übernahme und was nun mit den Mitarbeitern geschieht.
Publiziert: 12.01.2023 um 18:47 Uhr
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Aktualisiert: 13.01.2023 um 11:12 Uhr

Die Öffentlichkeit erfuhr erst jetzt von den nackten Tatsachen. Ab Mai 2023 sind die Erotik Märkte von Inhaber Patrik Stöckli (65) Geschichte. Stöckli geht in Rente, die acht Filialen und der Online-Shop gehen an Magic X. Das nach eigenen Angaben mit seinen 26 Läden führende Retail-Unternehmen für «Sexual Wellness» in der Schweiz will die Märkte schrittweise in Magic-X-Shops umbauen. «Allen Erotik-Markt-Fillialmitarbeiterinnen bieten wir eine Stelle an», heisst es im Schreiben, das Blick vorliegt.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit, die der künftig grösste Erotik-Retailer in der Schweiz verbreitet. Das sagen Erotik-Markt-Mitarbeiterinnen gegenüber Blick, die aufgrund der Firmenübernahme um ihren Job bangen und anonym bleiben wollen.

Dämpfer auf dem Partyschiff

Offenbar werden nicht alle Angestellten übernommen, andere müssen erst noch bei Magic X zum Vorstellungsgespräch antanzen. Skurril zu und her ging es an der Weihnachtsfeier von Erotik Markt. Diese fand letztes Wochenende statt, dort erfuhren die Mitarbeitenden von der Magic-X-Übernahme.

Bei der Übernahme von Erotik Markt durch Magic X ist offensichtlich doch nicht alles so reibungslos verlaufen.
Foto: Blick
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Die langjährige Erotik-Markt-Angestellte Beatrice K.* aus der Ostschweiz: «Wir wurden zu einem Weihnachtsessen eingeladen, ein grosses Fest und gleichzeitig Herr Stöcklis Geburtstag.» Der Anlass fand auf einem Partyschiff auf dem Vierwaldstättersee statt. «Nach dem Essen haben wir Mitarbeiterinnen die Hiobsbotschaft erfahren», erzählt K. «Ohne irgendeine Ankündigung, einfach so, danach trat ein Komiker auf.»

Die Stimmung sei natürlich dahin gewesen. K. spricht von geschockten und ungläubigen Gesichtern unter der Mitarbeiterschaft. «Was erwartet er? Dass alle sich freuen nach so einer Bekanntgabe?», so die Verkäuferin.

Firmenpatron Stöckli informierte seine Leute auch über seine nahende Pensionierung. «Die Stimmung war im Keller. Ich hatte etwas unterschätzt, wie sehr meine Person mit der Marke Erotik Markt und auch mit meinen Angestellten verbunden ist», sagt Stöckli gegenüber Blick.

Die Hälfte des Personals muss wohl gehen

K. und andere Verkäuferinnen fürchten nun um ihre Zukunft. Da es keinen Sinn macht, nach der Übernahme durch Magic X zwei Onlineshops zu betreiben, kommt es im Büro von Erotik Markt wohl zu Entlassungen. «In der Zentrale verlieren sicher zehn Mitarbeiterinnen ihren Job», sagt Beatrice K.

Ausserdem besetzt Magic X im Gegensatz zu den Erotik Märkten seine Läden nur mit jeweils einer Angestellten pro Schicht. Das heisst, dass tendenziell die Hälfte der Angestellten in den Filialen von Erotik Markt ihre Stellen verlieren werden. Beatrice K. macht sich aber auch Sorgen um ihre Sicherheit: «Bei Erotik Markt durften wir zu zweit arbeiten, auch aus Sicherheitsgründen. Das ist schon eine krasse Umstellung.»

Weiter müssten die Angestellten der Erotik Märkte ein Einstellungsverfahren bei Magic X durchlaufen. Magic X würde ausgewählte ehemalige Mitarbeiter der Erotik Märkte kontaktieren. Diese müssen dann zum Bewerbungsgespräch antraben, sofern sie ihren Job behalten wollen.

Magic X versucht, zu beschwichtigen

Jan Brönnimann (52), Mitglied der Geschäftsleitung von Magic X, sagt: «Wir würden es begrüssen, wenn so viele Angestellte wie möglich bei uns bleiben würden. Es macht Sinn, dass dieses Know-how in den einzelnen Filialen nicht verloren geht.»

Ausserdem sei gutes Personal heute Mangelware. Dennoch könne es natürlich wie bei fast allen Firmenübernahmen zum Stellenabbau kommen. «Vielleicht wird es in Einzelfällen so sein, dass es an gewissen Standorten etwas weniger Personal hat. Aber der Erotik Markt hatte ja auch nicht einfach übermässig viel Personal», sagt Brönnimann.

Angesprochen auf die Sicherheitsbedenken von Beatrice K. sagt Brönnimann: «Die Angst ist schlichtweg unbegründet. Wir haben 26 Filialen, die wir teils seit fast 30 Jahren betreiben. Wir wissen also, wie wir die Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen gewährleisten können.»

Diese Aussagen können Beatrice K. aktuell nur bedingt beruhigen. Sie werde sich das Angebot von Magic X nun einmal anhören und danach entscheiden, ob sie bleiben will.

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