Ernteausfall, AKW-Drosselung, Leistungsabfall
So setzt die Hitze der Wirtschaft zu

Die Hitze trocknet nicht nur die Felder aus sondern lähmt auch die Wirtschaft. Je länger die Hitzeperiode andauert, desto stärker fallen negative Effekte ins Gewicht.
Publiziert: 15.07.2015 um 19:01 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 21:53 Uhr
Von Moritz Kaufmann, Philipp Albrecht und Ulrich Rotzinger

Die zweite Hitzewelle in diesem Sommer rollt auf uns zu. Am Freitag sind wieder 37 Grad angesagt. Die Hitze lähmt die Wirtschaft. Im Jahrhundertsommer 2003 wurde der ökonomische Schaden auf 500 Millionen Franken geschätzt.

Hält die Hitze an, könnte es diesmal sogar zehnmal teurer werden, wie Benno Bühlmann vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz letzte Woche im BLICK-Interview vorrechnete.

Noch sind die Experten vorsichtig. «Die Hitze würgt die Konjunktur jetzt nicht plötzlich ab», erklärt Jan-Egbert Sturm, Konjunkturforscher der ETH Zürich. «Je länger die Hitzeperiode aber andauert, umso stärker fallen die negativen Effekte ins Gewicht.» Das heisst: Die Landwirtschaft produziert weniger, Strassen und Schienen brauchen mehr Pflege und Angestellte fallen aus. Bei Innentemperaturen um 30 Grad sinkt laut Seco die Arbeitsleistung um mindestens zehn Prozent.

Knappes Tierfutter: Trockenheit beeinträchtigt die Grasernte.
Foto: Keystone/Arno Balzarini
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Je heisser, desto weniger Strom

Die Atommeiler in Mühleberg und Beznau mussten ihre Leistung bereits drosseln, weil das Kühlwasser zu heiss wurde. Das Wasser, das die AKW-Betreiber zurück in die Aare leiten, darf nicht über 32 Grad warm sein. Der sonst schon knappe Gewinn schwindet noch mehr.

Weniger Gewinn droht auch bei den Wasserkraftwerken, die jetzt noch vom Schmelzwasser zehren. Bleibt es noch länger trocken, geht dort die Produk­tion ebenso zurück.

Industrie braucht kühles Flusswasser

Auch Firmen wie die Pharma­giganten Roche und Novartis in Basel kühlen mit Flusswasser. Roche hat bereits reagiert. Und lässt die Mitarbeiter schwitzen. Um das Rheinwasser nicht weiter zu erwärmen, wird die Bürotemperatur erhöht. Novartis beobachtet die Situation. «Bei einer Rheintemperatur von über 25 Grad ergreifen wir Massnahmen», sagt Sprecher Patrick Barth. Wo mit Flusswasser gekühlt wird, wird die Produktion gedrosselt und die Klimatisierung der Büros abgestellt.

Kein gutes Jahr für Mais und Kartoffeln

«Langsam wird es trocken», sagt Bauernverbands-Sprecherin Sandra Helfenstein. Das Gras trocknet aus. «Die Futterernte wird nicht toll», meint sie. Immerhin: Weil der Mai nass war, habe man diese Saison schon eine gute Grasernte gehabt.

Kritisch wird es für die Kartoffeln und den Mais. Diese müssen jetzt bewässert werden, was unüblich ist. Und weil die Kühe keine Hitze vertragen, bleiben sie im Stall.

Auch die SBB kämpfen mit den hohen Temperaturen. Ihre Schienen können sich bis zu drei Zentimeter verformen. Pro Sommer müssen die Gleisbauer deswegen ein halbes Dutzend Mal eingreifen. Überstunden in der Bruthitze sind programmiert.

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